Seite - 327 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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Vom Schielen der Sinne
sophisches Genie wird unterdrückt wie
ein unterirdischer Strom, der den Boden
aufwühlt, aufweicht und zerstört. […]
Denn der aktive Politiker und Revolutio-
när Lukács ist eine Maske, eine Lüge. Das
ist nicht seine metaphysisch verwurzelte
Mission. Er ist zum stillen Gelehrten ge-
boren, zum Visionär ewiger Dinge, und
nicht dazu, in Eckcafés Leuten nach-
zuforschen, die gestohlene Parteigelder
unterschlagen haben, nicht einmal dazu,
die Strömungen der ephemeren Tages-
politik zu beobachten und auf die Mas-
sen wirken zu wollen – einer wie er, der
nicht mehr seine Sprache spricht, wenn
er von mehr als zehn Menschen verstan-
den wird.“
Balázs klärt sein Verhältnis zum Kom-
munismus auf seine Weise. Der Kommu-
nismus bleibt für ihn eine metaphysische
Mission, ein Glaube, der zunächst sein
künstlerisches Schaffen selbst und das Verhältnis zwischen der profanen Welt und
ihren symbolischen, „sakralen“ Formen verändern soll. „Es ist wahr, daß ich mich
niemals wieder an Politik beteiligen will, wie ich es auch bisher nicht tat, weil sie nicht
meine Sache ist. Für mich ist auch der Kommunismus Glaube und nicht Politik.“
Auch ein Jahr später sieht Balázs sich eher als Religionsgründer denn als politisch be-
wusster Schriftsteller. Er sei nicht dazu da, schöne Bücher zu schreiben, „sondern um
den neuen Menschen herzuzeigen und zu verkünden“.
„Auf der Straße der Seelenwanderung bin ich an ihnen vorbeigegangen“
Balázs versucht in Wien Fuß zu fassen und in Budapest Begonnenes zu Ende zu füh-
ren. Er arbeitet weiter an seinem Roman über den Weg einer haltlosen Generation
Balázs, Napló 1914–1922, S. 353f. Eintrag vom 4.12.1919.
Ebd., S. 354. Eintrag vom 4.12.1919.
Ebd., S. 431. Eintrag vom 26.10.1920. Abb. 1: Béla Balázs (Quelle : http ://mek.oszk.
hu/02100/02185/html/img/5_046a.jpg)
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Buch Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus"
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Titel
- Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
- Untertitel
- Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Autor
- Frank Stern
- Herausgeber
- Barabara Eichinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2009
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78317-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 558
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort XI
- Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
- Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
- Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
- Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
- „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
- Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
- Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
- Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
- Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
- Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
- Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
- Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
- „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
- Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
- Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
- „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
- „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
- Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
- From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
- Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
- Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
- David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
- Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
- Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
- Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
- Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
- „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
- Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
- Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
- Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
- Personenregister 491
- Sachregister 503
- Biografien 519