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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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Vom Schielen der Sinne 1 zu Aquarellen ihrer Freundin Mariette Lydis. Im Oktober schreibt Balázs sechzehn Märchen, „leicht wie im Flug. In einer Vorahnung von Meisterschaft, im glücklichen reichen Herbst. Es war ein vergnügliches Spiel. Schöne Frauen haben mir dabei ge- holfen und auch der Kaffee und der Schnaps, mit dem ich mich (wegen der Eile) ausnahmsweise stimulierte.“ Zu dieser Zeit hat Balázs schon begonnen, sich an Film-Szenarien zu versuchen. So wie er zuvor mit unterschiedlichem Erfolg Opern-Libretti, Pantomimen, Tanz-Dra- men und Schattenspiele geschrieben hat, sucht er im Film zunächst nur eine neue, volkstümliche dramatische Form. Doch schließlich entdeckte er darin mehr : ein Me- dium, das seiner Sehnsucht nach einer pansymbolischen visuellen Ästhetik alle Mög- lichkeiten auf einmal bot, praktisch und theoretisch, ästhetisch und ideologisch. Ende 1921, nach der rauschhaften Arbeit an den chinesischen Märchen und ein paar Tagen der Erholung in Reichenau, tritt der Film durch einen Zufall erneut an Balázs heran, und er wird ihn nun nicht mehr loslassen. Karl Polányi vermittelt ein Filmprojekt an ihn. Balázs soll ein Drehbuch überarbeiten, zu einem Film über den kläglich gescheiterten Putsch des Karl von Habsburg, der 1921 versucht hatte, auf den ungarischen Thron zurückzukehren. Er betrachtet das Schreiben für den Film zunächst vor allem als Broterwerb, sucht Kontakte in der Filmbranche, hält sich im Café Filmhof auf, wo Regisseure, Autoren und Produzenten sich treffen, und hat endlich das Geld, sich eine Schreibmaschine zu kaufen. Er ist überrascht, wie leicht, wie mühelos die „Nebenbegabung“ sich realisiert : „erstaunlich, wie gut ich solch Ein- fältiges erzählen und in Bildern denken kann“. Eine hohe Meinung vom Film und seiner eigenen Gelegenheitsarbeit hat Balázs noch keineswegs. Die Auftragsarbeit der chinesischen Märchen aber stand so unmittelbar an der Schwelle von Balázs’ fast beiläufigem Schritt zum Filmautor. Und jenes Märchen, das dem Band, der 1922 erschien, den Titel gab, liest sich wie der poetische Entwurf zu Balázs’ Ästhetik des Kinos : „Der Mantel der Träume“. Wie der Zufall es will, Balázs’ Schreiben über den Film führt ihn schließlich auch in den Feuilleton. 1921, im selben Jahr, in dem Balázs den „Mantel der Träume“ ausbreitete, schrieb Hugo von Hofmannsthal über das Kino, es sei „der Ersatz für die Träume“. Der Film reiße das Publikum mit sich in die dunklen Räume der Kindheit, in jene „dunkle Region, in die kein geschriebenes und gesprochenes Wort hinabdringt – auf dem Film Balázs, Napló 1914–1922, S. 494. Ebd., S. 503. Béla Balázs, Der Mantel der Träume. Chinesische Novellen, München 1922. Hugo von Hofmannsthal, „Der Ersatz für die Träume“, in : ders., Die Berührung der Sphären, Berlin 1931, S. 263–268, zuerst in : Neue Freie Presse, 27.3.1921.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Untertitel
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Autor
Frank Stern
Herausgeber
Barabara Eichinger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
558
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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