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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Seite - 349 -
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Die Zukunft und das Ende einer Illusion tischen Vereinigung geworden war, wurde nach dem Kurpfuscherei-Gesetz angeklagt. Die Behandlung war damals eine ärztliche Domäne und ein guter Vorwand, gegen die Psychoanalyse vorzugehen. Auch dazu kam Freud selbst zu Wort. Er verfasste seine grundlegende Schrift „Die Frage der Laienanalyse“ . Diese Anklage spricht übrigens dafür, dass die Psychoanalyse ein so wichtiger Faktor in Wien geworden war, dass man sie nicht mehr negieren konnte. Der berühmte „Fall Halsmann“, 1929, in dem Philipp Halsmann beschuldigt wurde, seinen Vater ermordet zu haben, erfuhr eine entscheidende Wendung durch das Gutachten von Freud. Philipp Halsmann wurde freigelassen. Antisemitische Be- weggründe haben bei diesem Prozess eine Rolle gespielt, wie Martin Pollack in seinem Buch Anklage Vatermord 9 schreibt. Bereits im August 1927 war Freud eine Person medialer Aufmerksamkeit. In der Neuen Freien Presse wird über Freuds Ankunft in seinem Urlaubsdomizil am Semme- ring berichtet und ein Interview mit ihm abgedruckt, in dem er sich zur sogenannten „Rassenfrage“ äußert : „[…] ,Ich spreche die deutsche Sprache‘, sagte Freud, ‚und ich lebe im deutschen Kulturkreis. Ich habe mich so lange in geistiger Beziehung als Deutscher gefühlt, bis ich das Wachstum des Antisemitismus in Deutschland und Österreich beobachten konnte. Seither ziehe ich es vor, mich als Jude zu fühlen.‘“ 0 Freuds 70., 75. und 80. Geburtstag fanden Erwähnung, wobei jeweils Würdigungen von angesehenen Psychoanalytikern erschienen. In dieser Atmosphäre gesellschaftli- cher, wenn auch nicht akademischer Anerkennung entfaltete sich die psychoanalyti- sche Theorie, und Freud schrieb seine großen kulturanthropologischen Werke. Die Verarbeitung der Erfahrungen des Ersten Weltkriegs, des massenhaften Tötens und Sterbens, brachte schließlich wesentliche Veränderungen in der psychoanalyti- schen Theorie, die sich in den Werken der ersten Nachkriegsjahre niederschlugen : Freud entwickelte die Strukturtheorie, in der die Persönlichkeitsinstanzen Ich, Es und Über-Ich beschrieben wurden, er führte den Todestrieb in die Metapsychologie ein, was von Beginn an zu Kontroversen innerhalb der psychoanalytischen Bewegung führte, und seine kulturanthropologischen Schriften sind ohne die Erfahrung des Ersten Weltkriegs nicht zu verstehen. 1920 war „Jenseits des Lustprinzips“ erschie- nen. Freuds „Massenpsychologie und Ich Analyse“ von 1921 ist ebenso ein Ergeb- nis der Kriegserfahrungen. 1923 folgte „Das Ich und das Es“ . Diese drei Schriften Sigmund Freud, „Die Frage der Laienanalyse“ (1926e), in : GW XVI. Martin Pollack, Anklage Vatermord, Wien 2002. 0 Marina Tichy, Sylvia Zwettler-Otte, Freud in der Presse, Wien 1999, S. 126. Sigmund Freud, „Jenseits des Lustprinzips“ (1920g), in : GW XIII. Sigmund Freud, „Massenpsychologie und Ich Analyse“ (1921c), in : GW XIII. Sigmund Freud, „Das Ich und das Es“ (1923b), in : GW XIII.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Untertitel
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Autor
Frank Stern
Herausgeber
Barabara Eichinger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
558
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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