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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Seite - 353 -
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Die Zukunft und das Ende einer Illusion Die Psychoanalyse wurde von den Nationalsozialisten vor allem als „jüdische Wis- senschaft“ verfolgt. Die Frage nach den jüdischen Wurzeln der Psychoanalyse gehört unseres Erachtens in den Bereich der Wissenschaftsgeschichte. Zum Verständnis des wissenschaftlichen Gehalts der Psychoanalyse kann sie ebenso wenig beitragen, wie die Frage nach den jüdischen Wurzeln der Relativitätstheorie etwas über den wissenschaftlichen Gehalt dieser Theorie aussagt. Auch wenn viele der ersten und auch nächsten Analytikerge- neration Juden waren, kann man die Psychoanalyse nicht als „jüdische“ Wissenschaft begreifen. Sie entstand und gedieh in einem Klima des Aufbruchs, ihre Träger waren Juden, die sich dem Kulturkreis zugehörig fühlten, in dem sie wirkten, der ihnen die Möglichkeit bot, ein gesellschaftliches Leben zu führen, das sie weit weniger ein- schränkte, als es in den Jahrhunderten zuvor möglich war. Gerade die Wissenschaft bot ihnen die Hoffnung und Möglichkeit, über den Horizont ihrer Herkunft hinaus- zuwachsen. Es ist gerade ihre Universalität, die eine Wissenschaft auszeichnet. Freud war ge- meinsam mit Einstein einer der ersten „Trustees“ der hebräischen Universität in Jeru- salem 1925. Freud bezeichnete sie zwar als „unsere Universität in Jerusalem“, aber von der Psychoanalyse spricht er in einem Brief nicht als „unsere jüdische Wissenschaft“, sondern als „unsere junge Wissenschaft“ . Die Hoffnungen, die mit ihr verknüpft waren, wurden durch die Nazis gründlich zertrümmert. 1938 antwortete Otto Feni- chel auf die Frage, welches zurzeit das wichtigste Forschungsgebiet der Psychoanalyse sei : „[…] Die Frage, ob in Wien die Nazis zur Regierung kommen werden.“ 9 Nach dem „Anschluss“ Österreichs erfolgte die Flucht fast aller Psychoanalytiker aus dem „geliebten Gefängnis“ Wien. Es blieb nur eine kleine Gruppe zurück. Geflüchtete Analytiker kehrten nach dem Krieg nicht zurück, sie wurden weder von der österrei- chischen Regierung noch von den Universitäten dazu eingeladen. Psychoanalytisches Denken hat heute zwar in der Alltagssprache Eingang gefunden, den Kampf um aka- demische Anerkennung hat die Psychoanalyse immer noch nicht gewonnen. Freud stirbt am 23. September 1939 in London. M. Wangh, Luzifer – Amor, X, 19, Tübingen 1997, S. 154. Otto Fenichel, 119 Rundbriefe (1934–1945), hg. von Elke Mühlleitner und Johannes Reichmayr, Frank- furt am Main, Basel 1998, RB 48.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Untertitel
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Autor
Frank Stern
Herausgeber
Barabara Eichinger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
558
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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