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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Seite - 423 -
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Felix Salten fahrung der Exklusion habe die Juden wie keine andere Gruppe auf die exakte Be- obachtung und Analyse der Sprachspiele verwiesen, die einer hegemonialen Kultur als sich selbst verstehende Praktiken eingeschrieben sind. Die historische Konstellation, die die jüdische Erfahrung gegen die stummen Traditionen der dominanten Kulturen isoliert habe, stimuliere aber auch die Aufgeschlossenheit gegenüber zeitgenössischen Themen und Formen oder Interpretationen. Die kritisch-übersetzende Orientierung, die aus der Position der Juden als (sinngemäß) „marginal men“ herkomme, begüns- tige die performativen Künste und privilegiere darunter die Methode der Parodie. Jüdische Schauspieler, so kann man Salten zusammenfassen, stünden tatsächlich für Traditionsbruch und Innovation, für ein analytisches Rollenverständnis und reflexi- ves Bewusstsein. Damit verlagerte er die diskursiven Stränge, die Antisemiten und Akkulturisten verbanden, von der Frage der Repräsentation und der Authentizität der legitimen Kultur auf den Konflikt innerhalb der hegemonialen Kultur zwischen Traditionalisten und Modernisten. Für die Kohärenz seiner Argumentation musste Salten aber nicht alle gängigen Paradigmen abstreifen. Er konnte beispielsweise die Vorstellung einer Nationalkul- tur beibehalten, was hinsichtlich einer virtuellen modernen jüdischen Kultur von Bedeutung sein sollte. Die historische Kontingenz, die in seiner Sicht die Juden auf die Spur der reflexiven Moderne setzte, schwächte aber die essenzialistischen Impli- kationen des Begriffs der Nationalkultur. In diesem Sinne konnte sich Salten nun der Perspektive eines jüdischen Dramas zuwenden. Er setzte voraus, dass der Kampf um die Emanzipation auch zur Entdeckung genuin jüdischer Themen am Theater führen werde, die zunächst die Formen des nationalen Mythos nachbilden würden. Nach dieser ihm lächerlich erscheinenden chauvinistischen Übergangsphase würde aber ein Theater kommen, das nicht auf Differenz, sondern auf Diversität beruhe. Salten schrieb : „Jenseits dieser [pathetisch-chauvinistischen] Phasen liegt dann die Zeit, in welcher die Unbefangenheit langsam sich festigt. Für den jüdischen Künstler ist dann das jüdische Wesen eine Art unter den anderen Arten ; nur ihm persönlich näher, weil es zufällig die seine ist. Das jüdische Volk ist für ihn ein Objekt, das er unter anderen Objekten findet.“ In diesem Argument sind meines Erachtens die Lebensthemen Saltens bereits voll entfaltet. Zuallererst handelt es sich um die Bestimmung des Verhältnisses von Welt und moderner Literatur beziehungsweise Dichtung. Salten zweifelt nie daran, dass die Literatur die höchste sinnbildende Kraft unter den Künsten (und im Leben) ist. Gleichzeitig ist sie an Autorenschaft und Subjektivität gebunden und deshalb nicht Die Welt, Heft 29/21.7.1899, S.16 ; die Artikelserie erschien in den Nummern 7/17.2.1899, 9/3.3.1899, 15/14.4.1899,
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Untertitel
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Autor
Frank Stern
Herausgeber
Barabara Eichinger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
558
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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