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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Seite - 426 -
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Seite - 426 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus

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Siegfried Mattl zum Zionismus und zum Judentum zunehmend eine private Angelegenheit. Auch sein Palästina-Buch endet mitten in den heftigsten Auseinandersetzungen zwischen Zionisten und Liberalen nicht mit einer deklarierten Position, sondern mit einem persönlichen Resümee, wonach ihm die Geschichte, präziser gesagt die Narrationen der Bibel, vollauf genügten. Es gibt viele Gründe für diesen Rückzug Saltens, für seine Vermeidungsstrategie, die aktuellen Entwicklungen im Zionismus zu kommentieren. Ich möchte, nochmals mit Bezug auf die Artikelserie „Das Theater und die Juden“ nur einen, profunden und kohärenten, nennen. Saltens Denken orientierte sich voll- ständig am Prinzip der Mannigfaltigkeit und der Singularitäten, ein Prinzip, dem eine modernistische jüdische Kultur seiner Hoffnung nach den entscheidenden Impuls geben sollte. Gleichzeitig war er sich, wie seine Stellungnahmen zum Faschismus und zum Bolschewismus bekunden, bewusst, dass die Zeittendenzen gerade diesem Prinzip entgegenarbeiteten und alle kulturellen Projekte affizieren. In seinem unver- öffentlichten Roman Ein Gott erwacht, den er 1940 vollendet hat, kommt die tiefe Resignation angesichts dieser Tatsachen zum Ausdruck. Als Fluchtpunkt bleibt nur mehr die Renaissance und darin der autonome Künstler, der ein Gegengewicht zur Macht der Politik bildet. Diesem Künstler aber, dem wiedererwachten Apoll, stellt Salten in losen Montagen Ahasver zur Seite, den Juden, der auf die Rolle des Welt- gedächtnisses zurückgeworfen ist. auch missinterpretiert. Er habe die Überzeugung ausgedrückt, das Proletariat werde in Zukunft ver- bürgerlichen. Überaus gereizt forderte er die NFP auf, ihn doch zu kündigen. Im Übrigen war Salten zwar von einzelnen Politikerpersönlichkeiten der Sozialdemokratie und deren moralischer Integrität be- eindruckt und empfand sogar gegenüber dem Attentat Friedrich Adlers auf den Ministerpräsidenten Graf Stürgkh Respekt, vgl. Neue Freie Presse, 15.2.1931, zeigte sich aber dem „Roten Wien“ gegenüber signifikant gleichgültig. Selbst in seinem Zeitroman Martin Overbeck. Der Roman eines reichen jungen Mannes (1927) lässt Salten, obgleich der Roman vorwiegend im proletarischen Milieu spielt, weder die Sozialdemokratie noch das kommunale Wohnbau- und Gesundheitsprogramm vorkommen. Statt der bereits international beachteten kommunalen Fürsorgepolitik rückt er die karitative Tätigkeit einer jungen Frau, die eine private Rettungsstation betreibt, ins Zentrum des Romans. Dies bestätigt sich auch in den Kritiken, die Salten anlässlich verschiedener Aufführungen osteuropäi- scher jüdischer Theater in Wien verfasste, vgl. Dickel, „Ein Dilletant des Lebens will ich nicht sein“, insb. S. 391ff. Felix Salten, Ein Gott erwacht, unveröffentlichtes Typoskript, Zürich 1940, Nachlass Felix Salten, Archiv Lea Wyler, Zürich.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Untertitel
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Autor
Frank Stern
Herausgeber
Barabara Eichinger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
558
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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