Seite - 450 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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0 Birgit Peter
Hilde Spiel beschreibt Gustav Pick als Beispiel vollkommener Integration, „[…] ein
vollendetes Beispiel jener Integration, die es Menschen jüdischer Herkunft, sobald sie
bereit waren, die Lebensweise, Empfindungsart und Umgangsformen ihrer Mitbürger
anzunehmen, möglich machte, sich als ‚echtes Wienerkind‘ zu fühlen, ja wahrhaftig
zu einem solchen zu werden.“ Das Fiakerlied, das sich gegenwärtig als „Klassiker des
Wiener Lieds“ auf CDs findet, vom Genre als Flugblattlied bezeichnet wird – wurde
anlässlich des hundertjährigen Jubiläums der Wiener Fiaker beim Wohltätigkeitsfest der
Wiener Freiwilligen Feuerwehr in der Rotunde im Prater am 24. Mai 1885 vom popu-
lären Schauspieler Alexander Girardi (1840 Graz–1918 Wien) vorgetragen. Gründer
der Wiener Freiwilligen Feuerwehr Gesellschaft war – wie Schnitzler berichtet – Graf
Wilczek, der Pick beauftragte, ein Lied für die Feierlichkeiten zu schreiben. Gustav
Pick griff ein altes Genre der Wiener Volkssänger auf : Fiakerlieder dienten dazu, „die
große Unzufriedenheit mit der Gegenwart“ zu besingen und eine romantische bessere
Vergangenheit zu konstruieren, der Fiaker galt als „Reinkultur des Wieners“.
„I führ’ zwa harbe Rappen
Mei Zeug, dös steht am Grab’n,
A so wia dö zwa trappen
Wer’n S’ net viel g’seg’n hab’n.
Ka Peitschn – na, dös gibt’s net,
Uj Jessas, nur net schlag’n,
Das allermeiste war ksch, ksch,
Sunst zerreißen’s mir den Wag’n.
Vom Lamm zum Lusthaus fahr’ i’s
In zwölf Minuten hin.
Da springt kan’s drein net in Galopp,
Da geht’s, nur allweil trapp, trapp, trapp.
Und wia’s nachher so schieß’n,
Da spür’ i’s in mir drin,
Daß i die rechte Pratzn hab’,
Dass i Fiaker bin.
A Kutscher kan a jeda wer’n,
Aber fahr’n, dös können’s nur in Wean.
Hilde Spiel, Glanz und Untergang. Wien 1866–1938, Wien 1987, S. 175. Vgl.: Lichtenberger, Es war
meine Heimat, das Burgenland, S. 186–187.
Philip V. Bohlmann, „Dramatis Personae. Jüdische Popularmusik in der Öffentlichkeit der Habsburger
Metropole“, in : Quasi una fanatsia, S. 93–105.
Alfred Pick, „,Wann i mi so derinner…‘“, in : Illustriertes Wiener Extrablatt , 24. Mai 1925, S. 18.
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Buch Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus"
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Titel
- Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
- Untertitel
- Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Autor
- Frank Stern
- Herausgeber
- Barabara Eichinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2009
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78317-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 558
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort XI
- Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
- Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
- Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
- Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
- „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
- Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
- Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
- Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
- Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
- Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
- Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
- Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
- „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
- Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
- Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
- „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
- „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
- Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
- From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
- Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
- Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
- David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
- Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
- Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
- Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
- Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
- „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
- Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
- Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
- Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
- Personenregister 491
- Sachregister 503
- Biografien 519