Seite - 476 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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Werner Hanak
Aber auch Maurice fürchtet sich. In der Art und Weise, wie er der honorigen Ge-
sellschaft seine Schwester vorstellt, können wir seine Angst spüren, von der lästigen
Provinzlerin bis auf die Knochen blamiert zu werden.
„Kron : ,Meine Herrschaften – meine Schwester – sie ist nicht von hier.‘
Sali : ,Gott sei Dank – ich bin aus Gaya.‘
Minister : ,Tschechoslovakin ? Da muss ich mich gut stellen zu ihr. (schüttelt ihr derb die
Hand) Ich bin der Minister für Verkehrswesen.‘
Sali : ,Fürs verkehrte Wesen ? Da müssen Sie in Wien sehr viel zu tun haben … Herr Mi-
nistrant.‘“
Der Minister, von dem Yvonne herablassend behauptet hat, er wäre früher Stellfuhr-
Inhaber in Schwechat gewesen, kommt im Gegensatz zu den anwesenden Aristokra-
ten aber noch relativ ungeschoren davon. Am schlimmsten erwischt es den Bankier
Kron-Korn im Anschluss an den Empfang selbst :
„Sali : ,Gesagt hat dirs noch keiner – wegen dein Geld – aber was die andern hinter deinem
Buckel sagen, das sag ich dir, deine liebe Schwester, mitten ins Gesicht herein. Du glaubst,
weil du heute der Bankier Kron-Korn bist, haben die andern alle schon vergessen, dass du
einmal Mottche Kohn aus Gaya warst ! Alle lachen sie über dich. Der Minister, der Gouver-
neur und deine Frau und deine Tochter, die lachen mit.‘“
Um Davids Unschuld zu beweisen, kann nur noch der geständige Cousin Heinz hel-
fen, den David gemeinsam mit seiner Mutter in einem weiteren Filmausschnitt im
Prater stellen wird. Alles neigt sich einem Happy End zu : Noch während des Ge-
richtsverfahrens nähern sich David und seine urban-verdorbene, nun aber geläuterte
Stief-Cousine Meta an, wodurch die von der Mutter geplante Heirat zu Hause in
Gaya mit der Schönheit aus Ungarisch-Hradisch hinfällig wird.
„Jüdische Erfahrungen“ in Wien und Manhattan
Was erzählt nun die Geschichte der Frau Breier aus Gaya im Gegensatz zum Film the
JaZZ singer ? Lassen sich generelle Unterschiede zwischen den jüdischen Dramen
der Praterstraße und jenen der Warner Brothers und anderer Studios, also zwischen
Wien und New York respektive Hollywood, ausmachen ?
Ebd., S. 63.
Ebd., S. 72.
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Buch Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus"
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Titel
- Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
- Untertitel
- Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Autor
- Frank Stern
- Herausgeber
- Barabara Eichinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2009
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78317-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 558
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort XI
- Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
- Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
- Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
- Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
- „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
- Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
- Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
- Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
- Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
- Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
- Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
- Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
- „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
- Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
- Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
- „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
- „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
- Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
- From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
- Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
- Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
- David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
- Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
- Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
- Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
- Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
- „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
- Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
- Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
- Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
- Personenregister 491
- Sachregister 503
- Biografien 519