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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Einleitung 20 wenn auch weniger rezipierte, bedeutende gesellschaft- liche Strömung und Bewegung, die als solche eine be- sondere Beachtung verdient, zumal sie einen genuinen Kärntner Beitrag zum immateriellen (Welt-)Kultur- erbe darstellt. Die Wurzeln des Bukovništvo reichen in die Zeit des →  Protestantismus zurück und weisen Beziehungen zum →  Kryptoprotestantismus auf. Diese Strömung hatte eine außerordentlich nachhaltige konzeptuelle Ausstrahlung und es zeichnet sie trotz oder gerade we- gen des fehlenden →  Schulwesens und sonstiger staat- licher fördernder Einrichtungen ein bemerkenswertes Streben nach Höherem und höchster kultureller und kreativer Qualität aus. Als volksliterarisches Phänomen erfasste das Bukovništvo ganze →  Kulturlandschaften, so dass etwa das →  Rosental/Rož als →  slowenisches Athen bezeichnet wurde, das zahlreiche Literaten, Kul- turschaffende und →  Kulturaktivisten hervorbrachte : Andrej →  Einspieler gründete 1865 die Zeitung →  Slovenec (→  Publizistik) und Franc →  Treiber 1872 in St.  Jakob i. R./Šentjakob v R. die erste bäuerliche Darlehenskasse auf dem Gebiet des heutigen Öster- reich (→  Genossenschaftswesen). Matija →  Ahacel war Herausgeber des ersten slowenischen →  Lieder- buches mit Noten. Der Volkspoet Miha →  Andreaš aus Feistritz/Bistrica bei St.  Jakob/Šentjakob unterhielt sich angeblich mit dem bedeutendsten bukovnik Andrej →  Schuster – Drabosnjak in gereimter Sprache. Hinzu kommen die Volkspoeten Janez Kajžnik, Ver- fasser mehrerer Hirten-, Liebes- und Scherzlieder, Janez Dobernik aus Srajach/Sreje und der Bauerndichter Primož Koschat aus Dieschitz/Deščice. Im 20. Jh. zäh- len hierzu noch der Musiker Franc →  Rauter, seine dichtende Frau Flora →  Rauter und der Komponist Anton →  Nagele hinzu. Ebenso ist der 1903 gegrün- dete Bildungs- und Kulturverein Izobraževalno društvo →  Kot [Bildungsverein Winkl] zu nennen. Mit diesem Kulturverein ist wiederum die Verbreitung des gleich- sam mythologischen Theaterstückes Miklova Zala [Die Zala vom Mikl-Hof] von Jakob →  Sket als Parabel für den kulturellen Widerstand gegen Unterdrückung im gesamten slowenischen Sprachraum verbunden, das dem slowenischen →  Theater, dem →  Laienspiel auf höchstem Niveau und der Sprachkultur einen entschei- denden nachhaltigen Impetus lieferte. Das Laienspiel und die →  Lesekultur wurden zu Säulen der Kulturbe- wegung, die zur Gründung von unzähligen slowenischen Bildungs- und →  Kulturvereinen in Kärnten/Koroška führte. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang auch das traditionsreiche und viefältige →  Chorwesen, das ebenso mit einer gesellschaftlichen Mission beseelt war Diese kurze Charakteristik des Bukovništvo zeigt seine die Literatur oder Volkskultur weit überragende, gesellschaftliche Dimension und Bedeutung, die Vor- bildcharakter in Europa hat. Die Idee, hohe kulturelle Werte mit höchsten kulturellen Ansprüchen als Aus- druck eines positiven →  Identitätsbewusstseins in einer breiten Bevölkerung zu verankern, stellt einen qualita- tiven Sprung im gesamteuropäischen Kontext dar, wie wir ihn in der Regel in betont sozial differenzierten und elitären Nationalkulturen nicht oder nicht in die- sem Maße finden. Diese Hochkultur im Volk, wie sie die Gründerväter der →  Mohorjeva anstrebten, und die Tatsache, dass diese so stark in die slowenische Gesell- schaft integriert wurde, ist eben mehr als »nur« eine li- terarische Strömung. Das Bukovništvo ist eine im Volk verankerte Kulturströmung, ein »Kulturphänomen« europäischen Ranges. In der Tat kann das Bukovništvo nur aufgrund der Besonderheiten der slowenischen So- zial- und Kulturgeschichte verstanden werden. Gerade das Bukovništvo als gesellschaftspolitisch relevante Kulturbewegung, die ein breit organisiertes Kulturle- ben hervorgebracht hatte, vermag erst zu erklären, wa- rum die Slowenen trotz mehrfacher tief greifender zi- vilisatorischer Katastrophen, die mit dem modernen Begriff der systematischen im historischen Kontinuum verankerten →  »ethnischen Säuberungen« umschrie- ben werden können (→  Militärgerichte, →  Internie- rungen 1919, →  Vertreibung 1920, →  »Generalplan Ost«, →  Verfolgung slowenischer Priester ab 1938 in Kärnten/Koroška, →  Deportationen 1942), und der tiefen kollektiven Traumatisierungen, die diese verur- sachten (→  Assimilation, dort PTBS), sowie der nach- haltigen institutionellen, politischen und wirtschaft- lichen Diskriminierungen (→  Assimilationszwang) als Kollektiv nicht nur überlebten, sondern weiterhin individuell und organisiert schöpferisch tätig waren (und sind) und mit ihrem Wirken weit über die Lan- desgrenzen hinaus ausstrahl(t)en. Das slowenische Bukovništvo in Kärnten/Koroška brachte nicht nur einzelne (Volks-)Literaten hervor (Miha →  Andreaš, Milka →  Hartman, Andrej →  Schuster – Dra- bosnjak, Thomas/Tomaž →  Ulbing, Blaž →  Mav- rel) sondern ist darüber hinaus eine Kulturbewegung, wie sie sich in der Gründung und im oben genannten Wirken zahlreicher lokal und überregional tätiger Kul- turvereine und Chöre sowie im Wirken von unzähligen →  Kulturaktivisten manifestiert(e). Insgesamt trugen
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Untertitel
Von den Anfängen bis 1942
Band
1: A – I
Autoren
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
542
Kategorien
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
  2. Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
  3. Geleitwort von Johannes Koder 9
  4. Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
  5. Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
  6. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
  7. Verzeichnis der Siglen 40
  8. Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
  9. Editoriale Hinweise 51
  10. Lemmata Band 1 A – I 55
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