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II. Zeitliche und geografische Eckpunkte
Landesgesetzblatt 1859
Titelblatt II Teil/razdel b
Slovenci« [meine lieben Slowenen]. Damit fixierte er
endgültig das → Ethnonym Slovenci im Slowenischen.
Im Deutschen verwendete er den damals üblichen Be-
griff →
windisch, den man heute mit slowenisch über-
setzt (das → Ethnonym Slowene im Deutschen kam
aufgrund der Sprachentwicklung im Deutschen später
auf). Ähnliches gilt für den barocken Eruditen → Po-
powitsch/Popovič (siehe oben).
Formal haben die Slowenen in den innerösterreichi-
schen Ländern als konstitutive Völker eine neuzeitliche
moderne Verfassungsgeschichte. Diese verläuft par-
allel zur österreichischen bzw. kann als Teil dieser gese-
hen werden. Die frühkonstitutionelle Periode beginnt
mit der Pillersdorf’schen Verfassung von 1848 und dem
darauf folgenden Kremsierer Entwurf (Entwurf von
Kroměříž), zumal diese zum Kanon der österreichischen
Verfassungsgeschichte zählen. Insbesondere umfasst sie
die in der Folge erlassene → Oktroyierte Märzverfas-
sung von 1849 mit ihren grundlegenden und vielfach
bis heute relevanten Innovationen zur Modernisierung
des Staatswesen (die auch strukturelle, nachhaltige
ethnopolitische Auswirkungen zeitigte) sowie die auf
dieser beruhenden und in der slowenischsprachigen
wie auch deutschsprachigen Literatur nicht bis kaum diskutierten und terminologisch wie auch konzeptuell
bis dato wenig rezipierten → Landesverfassungen von
1849/50 – den einzigen habsburgisch-österreichischen
Landesverfassungen, die den Slowenen (bzw. den je-
weils beiden im Lande lebenden Völkern) den Status
als konstitutive Völker (→ »Volksstamm«) explizit im
Grundsatzartikel 3 eine Gleichberechtigung zuerkann-
ten. Die frühkonstitutionelle Periode wird mit dem
Inkrafttreten des Silvesterpatents vom 31. Dezember
1851 beendet.
Die einschlägige literaturübliche, slowenischspra-
chige/slowenische historische Terminologie, die von
der »Verfassungsperiode« (→ ustavna doba) ab 1860/61
(Oktoberdiplom 1860 und Februarpatent 1861) spricht
und davor den Bach’schen Absolutismus und das Re-
volutionsjahr 1848 setzt, ist terminologisch im inter-
kulturellen Wissenschaftsdialog problematisch, bzw.
unbrauchbar, weil die ihr zugrunde liegende Periodi-
sierung konzeptuell irreführend ist, zumal sie die Zeit
von 1849 bis einschließlich 1851, der formellen Gel-
tungsdauer der → Oktroyierten Märzverfassung, außer
Acht lässt. Mit dieser zentralstaatlich ausgerichteten
Verfassung erhalten die → Kronländer eine den moder-
nen österreichischen »Bundesländern« eher vergleich-
bare staatsrechtliche Stellung ohne völkerrechtlich re-
levante Souveränitätsrechte. Die Bestrebungen für ein
»Vereintes Slowenien« (→ Zedinjena Slovenija) werden
damit materiell und verfassungsrechtlich untergraben
und präjudizieren langfristig die weitere staatliche Zu-
gehörigkeit Kärntens. Das ist gleichzeitig auch ein Er-
klärungsansatz für die unterschiedliche Periodisierung
der politischen und staatsrechtlichen Geschichte, wie
sie in der unterschiedlichen Terminologie zum Aus-
druck kommt.
Diese moderne Verfassungsgeschichte ist in der Folge
von der Tatsache gekennzeichnet, dass die → Dezem-
berverfassung von 1867 vielfach systematisch unter-
laufen wurde und Grundrechte, auch die auf → Amts-
sprache, gezielt nicht gewährt wurden – was nicht nur
die Slowenen betraf und schließlich zum Untergang
der Monarchie wesentlich beitrug. Das gesetzlich ge-
regelte → Schulwesen untergrub rechtlich legitimiert
die verfassungsmäßig gewährleisteten Grund- und
Menschenrechte, da die gesetzlichen Bestimmungen
zum sog. utraquistischen Schulwesen die Germanisie-
rung als materielles Unterrichtsziel festschrieben, da
das Slowenische nur so weit unterrichtet werden sollte,
bis die Schüler ausreichend Deutsch konnten, um dem
Unterricht in Deutsch zu folgen.
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55