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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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66 Adelssprache in der Goldenen Bulle nicht berücksichtigt waren, re- klamiert sich Rudolf IV. mit einer Fälschungsurkunde, dem Privilegium Maius 1358/59, hinein, das Kaiser Friedrich III. 1453 reichsrechtlich anerkannte. Die Goldene Bulle behielt ihre formale Gültigkeit bis 1806. Mit dem Tod von Ulrich II. 1456, dem letzten →  Grafen von Cilli, verlieren die Slowenen das größte und international ausstrahlende einheimische Adels- und Fürstengeschlecht mit Stammsitz im slowenischen Sprachraum, was durchaus auch als relevant für die slo- wenische soziale Sprachgeschichte angesehen wird. Mal führt den Bericht des Kanzlers des Patriar- chen von →  Aquileia an, wonach Omelia, die Gattin des Burgherrn Hartmann Hollenegger auf dem Monsberg, ebenso gut deutsch wie slowenisch sprach (dabei handelt es sich wohl um den Reisebericht des Paolo →  Santonino aus 1487 und dessen Besuch bei Hartmann Holleneck [Holleneg] und dessen Frau Amalia auf Schloss Majšperk [dt. historisch Monsberg] in der heute slowenischen Štajerska [im Dravinjatal]). Für Kaiser Maximilian I. (1459–1519), der seine Kindheit teilweise in Finkenstein/Bekštanj verbrachte, führt Domej, Simoniti folgend, Hinweise an, dass auch er des Slowenischen mächtig war. In seinem Gefolge gab es am Hof einige bedeutende sloweni- sche Humanisten. Dessen kaiserlicher Sekretär Paulus Oberstein (ca. 1480–1522) sprach vom Slawischen/ Slowenischen als einer Sprache, die mehr als alle an- deren verbreitet sei (lingua Sclavonica omnium aliarum latissima), und Simoniti weist weiters darauf hin, dass Kaiser Maximilian I. »von seinem Höfling Ober- stein die Erstellung eines Wörterbuchs verlangte, da- mit er Slowenisch vollständig erlerne« (→  Immersion). Zu diesem Kreis der Humanisten zählt auch Georg (Ju- rij) →  Slatkonja (1456–1522), zwischen 1513 und 1522 erster residierender Bischof von Wien, der 1498 die Hofkapelle gründete. Sigismund von →  Herber- stein (1486–1566) ist einer der zahlreichen Leiter diplomatischer Missionen an den russischen Zarenhof, die aus dem slowenischen Sprachraum stammten, de- nen gerade die Kenntnis des Slowenischen zum Vorteil gereichte. Ebenso war Johann Cobenzl (Janez Ko- bencl) 1575–1576 wegen seiner Slowenischkennt- nisse (so Košir) Gesandter von Kaiser Maximilian II. (1527–1576) am Hofe von Ivan dem Schreckli- chen. Die durchaus politisch motivierte Ideologie des →  ›windischen‹/slowenischen Herzogtums Kärnten/ Koroška (→  Windische Ideologie), die von den Kärnt- ner Landständen im 16. Jh. kultiviert wurde, bestätigt die selbstverständliche gesellschaftliche Stellung des Slowenischen im Land. Diese war die Grundlage dafür, dass die Landstände von Kärnten/Koroška, →  Krain/ Kranjska und Steiermark/Štajerska 1584 den Druck der →  Dalmatin-Bibel mit beträchtlichen Mitteln finanzierten. Für den niederen Adel, der ständig im geschlossenen slowenischsprachigen Umfeld, etwa in Kärnten/Koroška lebte, ist Slowenisch ebenso selbst- verständlich eine Alltagssprache, weil er sonst nicht mit der Umgebung kommunizieren konnte. Zudem deuten der slowenische Lehenseid Juramentum Slavonicum aus der Zeit Kaiser Ferdinands III. (1608–1657), der nach Domej für alle innerösterreichischen Länder galt (→  Innerösterreich), ebenso wie der Gurker Lehenseid aus dem Jahr 1653 darauf hin, dass das Slowenische auch noch zu jener Zeit eine relevante Sprache im Adel war bzw. »dass nicht der gesamte Adel der slowenischen Länder deutsch sprechen konnte« (→  Eidesformeln). Die →  Übersetzungen von Patenten und Kurrenden aus josephinischer Zeit oder die →  Klagenfurter Markt- ordnung in Deutsch und Slowenisch aus dem Jahr 1793 bestätigen nur, dass die Umgebung eben noch nicht das Deutsche als →  Lingua franca angenommen hatte. Gleiches bestätigen die überlieferten slowenischen →  Eidesformeln. Und das deutet auf die Relevanz des Slowenischen auch in allen Kontaktsituationen zwi- schen den verschiedenen Gesellschaftsschichten hin. Insgesamt bestätigt Domej jedoch die Tendenz zum Aufkommen einer »sozialen« →  Sprachgrenze. Das Interesse für das Slowenische und seine Spre- cher stieg im Adel bewusst erneut im 18. Jh. So ist die Korrespondenz von Esther Maximiliana →  Cora- duzzi, geborene Prückenthal, bestehend aus 31 Briefen und Blättern, in slowenischer Sprache aus den Jahren zwischen 1685 und 1700 erhalten. Wahrschein- lich wurde sie in Neuhaus/Suha geboren und lebte dort bis zu ihrer Verehelichung 1662. Sie korrespondierte mit ihrer in →  Trieste/Trst/Triest lebenden Tochter Baronin Maria Isabella Marenzi über private Ange- legenheiten. Teilweise kann man dies dem Geist der europäischen Romantik zuschreiben, teilweise auch als Reaktion auf die politische und verwaltungsmäßig ver- stärkte Zentralisierung im Staat sowie der damit ein- hergehenden Einschränkung der Vorrechte des Adels und der Landesautonomien sehen. Der Adel zählte zu den bedeutenden Trägern des Landesbewusstseins und unterstützte deshalb auch die slowenische Landeskul- tur, doch tat er nicht den Schritt von der Landes- zur slowenischen nationalen Politik und entfernte sich zu-
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Untertitel
Von den Anfängen bis 1942
Band
1: A – I
Autoren
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
542
Kategorien
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
  2. Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
  3. Geleitwort von Johannes Koder 9
  4. Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
  5. Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
  6. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
  7. Verzeichnis der Siglen 40
  8. Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
  9. Editoriale Hinweise 51
  10. Lemmata Band 1 A – I 55
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