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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Seite - 68 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I

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68 Agoritschach/Zagoriče Dolenjska (Unterkrain), wo heute in der elterlichen Mühle ein kleines Museum eingerichtet ist. Er wird mit Recht der »Luther der Slowenen« genannt, weniger wegen seiner theologischen Ableitung vom Witten- berger Zweig der Reformation, denn auf ihn wirkten anfänglich mehr noch die Schweizer Reformatoren in Basel und Zürich, sondern vor allem weil er die bibli- sche Botschaft seinem »Krainerischen Volk« nahebrin- gen wollte (→  Protestantismus). Deshalb begann er mit der Übersetzung der Evangelien in die Sprache seiner Heimat. Den Anfang markierte freilich die Überset- zung eines Katechismus von Martin Luther, mit dem er überhaupt erst die slowenische Schriftsprache be- gründete (→  Standardsprache). Sein »Catechismus in der Windischenn Sprach (…)« von 1550 war das erste in Druck gelegte slowenische Buch, von dem nur mehr ein einziges Exemplar vorhanden ist und in der Ös- terreichischen Nationalbibliothek verwahrt wird. Als Domherr in Ljubljana schloss er sich der Reformation an, in der Folge wurde er im Zuge der →  Gegenrefor- mation vertrieben, musste zweimal fliehen (1548, 1565) und fand in Württemberg Zuflucht. Im Amandenhof in Urach hatte Hans →  Ungnad von Sonnegg 1561 eine Druckerei für den südslawischen Bibeldruck (die »Windische, Chrabatische und Cirulische Truckhe- rey«) eingerichtet, um Slowenen, Kroaten, ja selbst die Türken für die Reformation zu gewinnen. Zum Leiter dieses Unternehmens mit ausgesprochen missionari- schen Zielsetzungen bestimmte er Primus Trubar, der als Pfarrer in Derendingen bei Tübingen eine Anstel- lung fand. In dieser enormen Kulturleistung, die zu seiner re- formatorischen Sendung hinzutrat, liegt auch begrün- det, warum Trubar in Slowenien so hoch geschätzt wird und sein Antlitz nicht nur auf den seinerzeitigen Tolarnoten abgebildet war, sondern nunmehr auch auf der slowenischen Euro-Münze. Ihm zur Seite stand Jurij →  Dalmatin (1550–1589), sein Schüler, der die Bibelübersetzung 1579 vollendete (→  Dalmatinbibel). In A./Z. konnte die frühe slowenische Buchkultur überleben, während sie anderwärts im Zuge der Ge- genreformation untergegangen ist. Aus der (Bleiberger) Kirchenchronik wissen wir, dass in A./Z. im Jahre 1790 mehr als zwanzig verschiedene slowenische Reforma- tionsdrucke vorhanden und in Gebrauch waren (dazu kommt noch die aus dem 18. Jh. stammende sloweni- sche →  Liederhandschrift →  Sadnikerjev rokopis). Da- runter befand sich die slowenische Bibelübersetzung von Jurij →  Dalmatin, gedruckt 1584 in Wittenberg, und die Übersetzung des Kleinen Katechismus von Martin Luther von 1580, Letztere ist nur mehr in einem Exemplar vorhanden. Es handelt sich also um ausgesprochene Raritäten und Unikate der Reforma- tionsgeschichte, die jedenfalls die These erlauben – sie wurde vom maßgeblichen Truber-/Trubar-Forscher Oskar →  Sakrausky (1914–2006), dem späteren Bi- schof der Evangelischen Kirche, entfaltet –, dass sich in dem einschichtigen A./Z. in den Jahren der Ge- genreformation ein slowenischsprachiger Kryptopro- testantismus halten konnte. Gespeist wurde er durch das erwähnte reformatorische Schrifttum in sloweni- scher Sprache, das über geheime Wege (»der Weg des Buches«) in Fässern verpackt, zumeist ungebunden als Konterbande durch zuverlässige Speditionen nach Kärnten/Koroška gelangte ; →  Villach/Beljak war ein ausgesprochener Umschlagplatz für die südslawische reformatorische Literatur. Als 1781 das josefinische Toleranzpatent den Aka- tholiken ein Privatexerzitium ihres Glaubens ermög- lichte, da meldeten sich auch in den beiden Ortschaf- ten A./Z. und Seltschach/Sovče bis Juni 1782 120 Personen zum »tolerierten Glauben« (→  Josephinis- mus). Es handelte sich um ehemalige Untertanen des Benediktinerstifts Arnoldstein/Podklošter, das kurze Zeit später im Zuge der josephinischen Klosterreform aufgehoben wurde (→  Arnoldstein/Podklošter, Klos- ter). Es wurden Glaubensverhöre durchgeführt, um die Rechtmäßigkeit des Konversionswunsches zu überprü- fen. Nach Ablauf der Übertrittsfrist im Dezember 1783 musste sogar ein katholischer Religionsunterricht ab- solviert werden, bevor der Übertritt genehmigt wurde. Die römisch-katholische Kirche war nicht gewillt, die Übertritte einfach hinzunehmen, sondern unternahm alles, um diese einzuschränken und die Akatholiken abzuschrecken. Trotzdem konnte die erforderliche Seelenzahl erreicht und ein Toleranzbethaus »auf dem Wurianischen Grunde« errichtet werden. Im Stadel des Georg Wurian war schon am 21. Dezember 1783 der erste Gottesdienst gefeiert worden. A./Z. wurde als Tochtergemeinde an die Toleranzgemeinde von Bleiberg angeschlossen, seit 1969 gehört es zur Pfarr- gemeinde von Arnoldstein/Podklošter. Das Bethaus wurde am 18. Sonntag nach Trinitatis 1785 eingeweiht, der aus Württemberg stammende Pastor von Bleiberg hielt seine Einweihungsrede sogar in »wendischer«, d. h. slowenischer Sprache (→  windisch). Infolge der räum- lichen Entfernung von der Muttergemeinde Bleiberg konnte in A./Z. nur jeweils am ersten Sonntag des Mo-
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Untertitel
Von den Anfängen bis 1942
Band
1: A – I
Autoren
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
542
Kategorien
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
  2. Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
  3. Geleitwort von Johannes Koder 9
  4. Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
  5. Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
  6. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
  7. Verzeichnis der Siglen 40
  8. Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
  9. Editoriale Hinweise 51
  10. Lemmata Band 1 A – I 55
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