Seite - 80 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Alpenslawisch
Alpenslawisch, slow. alpskoslovansko, ist wie Balkan-
slawisch, Balkanromanisch oder Alpenromanisch eine
sprachgeografische Bezeichnung im Hinblick auf sla-
wische → Orts- und →
Personennamen in Österreich,
Italien und Slowenien. Gelegentlich wird von öster-
reichischen Historikern, Germanisten und Slawisten
slawisch in dieser Kombination statt slowenisch auch
ideologisch verwendet (→ »Entethnisierung«). In der
slowenischsprachigen Literatur wurde alpskoslovansko
sprachgeografisch seit 1936 von → Ramovš, in der
deutschsprachigen Literatur seit 1964 von Kronst-
einer verwendet, ethnonymisch (die Alpenslawen)
seit 1909 von A. Dopsch. Seither sind korrektere
Varianten für A. üblich : → Karantanisch/karantansko
im Hinblick auf die slawischen Dialekte des sloweni-
schen Staatswesens → Karantanien, präziser → Karan-
tanerslowenisch im Hinblick auf die Dialekte und die
Literatursprache mit Betonung des nicht krainischen
Gebiets (Carniola). Im archäologischen Kontext wird
auch die karantanerslowenische →
Köttlacher Kul-
tur als A. bezeichnet. Als slawisch bezeichnet man 18
geografisch weit voneinander entfernte Schriftspra-
chen. Es gibt keine Sprache namens Slawisch oder
Südslawisch/Westslawisch. Die für eine Zuordnung in-
frage kommenden Schriftsprachen sind erst, wie auch
Deutsch, Jahrhunderte nach den → Ortsnamen (in-
klusive → Berg-, → Gewässer-, → Flurnamen) ent-
standen : Slowenisch (historisch → Windisch) im 16. Jh.,
Tschechisch (historisch Böhmisch) im 15. Jh., Slowakisch
(ungarisch historisch tót < taut/teut) im 19. Jh. Ältere
Namen und Texte sind Altdialekte, partielle Vorgänger
heutiger Schriftsprachen. Ausgenommen ist davon das
Karantanerslowenisch : Die karantanerslowenische Lite-
ratursprache (→ Freisinger Denkmäler) scheint litera-
turüblich damnativ als Schriftsprache in der Slawistik
nicht auf. A. ist linguistisch slowenisch bzw. → altslowe-
nisch/staroslovensko als eigener Sprachraum und eigene
Literatursprache vor dem heutigen (seit dem 16. Jh.
verwendeten) Krainerslowenisch (in der Terminologie
→ Miklosichs »neuslovenisch«). In Übersetzungen
aus dem Lateinischen werden Glottonyme, → Eth-
nonyme und Choronyme literaturüblich unkorrekt
wiedergegeben. Die →
Carantani der → Conversio als
Kärntner, die Sclavi (ohne Rücksicht auf die Region)
als →
Slawen, die Baivarii (→ Bagoaria) als Bayern
(wie die fränkischen und alemannisch-schwäbischen
Bewohner des heutigen Freistaats). Sinngemäß und
korrekt wäre : Karantaner, Slowenen (im Fall Österreichs,
Italiens und Sloweniens), Baivaren (oder etymologisch »Salzachgauer« im Gegensatz zu den heutigen Staats-
Bayern mit »y«). Zu beachten ist, dass mit Karantanern
gelegentlich auch Ladiner oder Baivaren gemeint sein
können.
Die slawischen Ortsnamen Österreichs im Mittel-
alter sind südlich der Donau alpenslawisch, präziser ka-
rantanerslowenisch oder slowenisch (→ altslowenisch).
Genaue Grenzangaben historischer Sprachgebiete
sind nicht möglich (→ Sprachgrenzen ; → Toponyme,
karantanisch-slowenische in der Steiermark ; → Topo-
nyme slawischer bzw. slowenischer Herkunft in Ost-
tirol und in Salzburg). Die ältere bairische und »deut-
sche« Bezeichnung für Slowenisch ist → Windisch, wie
in den Namen Windischgarsten (Oberösterreich), Win-
disch Matrei (Osttirol) oder Windischendorf (Nieder-
österreich), wobei der Begriff Windisch eingedenk des
ideologischen Missbrauchs (→ Windischentheorie) im
heutigen Deutsch amtlich nicht mehr verwendet wird.
Die → Freisinger Denkmäler, die ältesten slawischen,
dem Slowenischen zuzuordnenden Sprachdenkmäler
sind sprachgeografisch alpenslawisch, glottonymisch
→ altslowenisch oder karantanerslowenisch, und etatis-
tisch → karantanisch (= nicht krainisch). Die → Slove-
nia submersa umfasst die in der → Conversio genann-
ten Regionen : Sclavinia, Confines, Pannonia und den
Großteil der regio Carantanorum. Die slawischen Orts-
und → Personennamen im Alpenraum, wo heute nicht
mehr slowenisch gesprochen wird, sind sprachgeogra-
fisch alpenslawisch, glottonymisch altslowenisch, präziser
karantanerslowenisch oder einfach slowenisch.
Lit.: A. Dopsch : Die ältere Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Alpen-
slawen. Weimar 1909 ; F. Ramovš : Kratka zgodovina slovenskega jezika.
Ljubljana 1936 ; F. Bezlaj : Eseji o slovenskem jeziku. Ljubljana 1967 ; O.
Kronsteiner : Die alpenslawischen Personennamen. Wien 1975, ²1981
(Österr. Namenforschung, Sonderreihe, 2) ; O. Kronsteiner : Sind die
slawischen Ortsnamen Österreichs slawisch, alpenslawisch oder slowe-
nisch ? In : Die Slawischen Sprachen 58 (1998) 81–99 ; O. Kronsteiner :
»Voreinzelsprachlich«. Romanisch oder Ladinisch, Slawisch oder Slowe-
nisch, Germanisch oder Bairisch oder Deutsch ? In : Nichts als Namen.
Ljubljana 2003 : 48–59.
Otto Kronsteiner
Alphabet, →
Glagolica ; → Schrift.
Altbairisch. Literaturüblich wird nicht lateinisches
Schrifttum im südlichen Deutschland, in Österreich
und der Schweiz in der Zeit von 780 bis 1050 als »alt-
hochdeutsch« bezeichnet. Korrekter und differenzierter
ist altbairisch, altalemannisch und altfränkisch. Schrift-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55