Seite - 109 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Archivwesen
rerseits hatten die maßgeblichen Behörden, die inne-
rösterreichische Staatsgüterverwaltung (→ Inneröster-
reich) und das Gubernium, über den Verbleib mancher
Archive nach der Aufhebung keine Kenntnis.
Viele Archivbestände in Kärnten/Koroška waren
durch Feindeinwirkung oder Feuer bereits vor der
Klosteraufhebung stark dezimiert worden. So wurden
im Prämonstratenserkloster Griffen/Grebinj durch
einen Brand im Jahre 1751 viele Dokumente zerstört,
auch das Benediktinerstift → Arnoldstein/Podklošter
war 1789 sehr arm an Archivgut und besaß keine
Handschriften und Stiftungsurkunden mehr.
Das Archiv von →
Ossiach/Osoje befand sich im
Jahre 1780 in größter Unordnung, war aber 1790 noch
zur Gänze vorhanden. Im Ossiacher Archiv wurde ur-
sprünglich auch die Urkunde von König Karlmann
vom 9. September 878 verwahrt, die 1813 von Dr. Jo-
hann Jenull, der bei der Aufhebung von Ossiach zuge-
gen war, dem Joanneum in Graz geschenkt wurde ; das
Dokument stellt heute das älteste Stück in der Urkun-
densammlung des Kärntner Landesarchivs in Klagen-
furt/Celovec dar.
Das Archiv des Klosters → Viktring/Vetrinj befand
sich 1773 im Zimmer neben der Wohnung des Prä-
laten. Die Urkunden waren auf drei Kästen verteilt in
Schubladen aufbewahrt, daneben gab es mehrere Stel-
lagen und Kästen für die Akten. Das Archiv blieb nach
dem Verkauf der Herrschaft vor Ort, 1859 schenkte
der damalige Besitzer Fürst Friedrich von Liech-
tenstein das gesamte Archiv von Viktring/Vetrinj
dem → Geschichtsverein für Kärnten, wie überhaupt
dieser Verein um die Mitte des 19. Jh.s bemüht war, die
Archive der aufgehobenen Klöster in Kärnten/Koroška,
die unter Staatsverwaltung standen, zu erwerben
(→ Slovenica-Carinthiaca in Kärntner Bibliotheken in
vorjosefinischer Zeit).
Nach dem Zusammenbruch der österreichisch-un-
garischen Monarchie schloss die Republik Österreich
mit dem Königreich der Serben, Kroaten und Slowe-
nen im Jahre 1923 einen Vertrag (Artikel 93, 191 bis
196 des → Vertrages von St-Germain, 1919) über die
Verteilung des Archivgutes. Allerdings wurde in der
Zwischenkriegszeit das Abkommen nicht in allen bei-
derseitigen Belangen umgesetzt, weil es grundsätzliche
Auffassungsunterschiede gab (keine einheitliche Um-
setzung von Provenienz- und Pertinenzprinzip). Wenig
Erfolg war auch der im Jahre 1958 eingesetzten Ös-
terreichisch-Jugoslawischen Gemischten Kommission
beschieden. Ab 1975 wurden die Verhandlungen zur Umsetzung des Archivabkommens wieder aufgenom-
men. So wurde beispielsweise 1975 der Verbleib des
Bestandes der Illyrischen Baudirektion in Ljubljana/
Laibacher Gubernium, 1788–1849, im Kärntner Lan-
desarchiv weder von Jugoslawien noch von Slowenien
infrage gestellt, zumal auch Österreich bereits weit
mehr Dokumente abgegeben hatte, als der Vertrag von
1923 festgeschrieben hatte. Slowenien und Kärnten/
Koroška erreichten schließlich am 10./11. September
2001 ein »endgültiges Ergebnis«. In einem umfang-
reichen Archivaustausch auf der Basis des Provenienz-
prinzips wurden von Kärnten/Koroška Akten an Slo-
wenien abgegeben, die sich ausschließlich auf heutiges
slowenisches Staatsgebiet beziehen bzw. umgekehrt
alle von Slowenien abgetretenen Archivalien Kärntner
Gebiet betreffen.
Ein Landesarchiv im Sinne einer Sammelstelle von
Archivalien gab es in Kärnten/Koroška bis 1904 nicht.
Die Anfänge des landständischen Archivs reichen je-
doch bis in das letzte Drittel des 16. Jh.s zurück. In den
Jahren 1815/1820 schlugen erste Versuche in Kärnten/
Koroška, das A. neu zu ordnen, fehl. Erst mit der Be-
gründung des Geschichtsvereines im Jahre 1844 etab-
lierte Gottlieb Freiherr von Ankershofen auch ein
Archiv, in dem alle → Quellen zur Landesgeschichte
gesammelt werden sollten. Erst 1904 mit der Über-
nahme des Archivars des Kärntner Geschichtsverei-
nes August von Jaksch, der sich um die Edition der
Kärntner Geschichtsquellen große Verdienste erwor-
ben hatte, in den Landesdienst kann man vom Beginn
eines Landesarchivs in Kärnten/Koroška sprechen, das
anfangs allerdings nur die landschaftliche Registratur
umfasste. Um diesen Kern herum gelang es Jaksch,
neben den Ordnungs- und Erschließungsarbeiten auch
die Bestände des Archivs kontinuierlich zu vermehren.
Mit der Verwaltungsreform vom Jahre 1925, als die
Staats- und Landesbehörden zusammengeschlossen
worden waren, wurden auch das Landesregierungs-
archiv und das Landesarchiv vereinigt. Die Aufgaben
dieses Archivs lagen in erster Linie in der Aufbewah-
rung der geschichtlich wertvollen Archivalien, der
Akten und Behelfe der politischen Verwaltungs- und
Landesbehörden sowie der Stadt- und Marktverwal-
tungen im Land Kärnten/Koroška, aber auch in der
Öffentlichkeitsarbeit und in den wissenschaftlichen
Leistungen der Archivare. Die Bestände gliedern sich
in Urkunden, Akten, Handschriften und Sondersamm-
lungen. Den Großteil liefert dabei das landständische
Archiv, das reichlich Material zur Landesgeschichte
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55