Seite - 115 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Assimilation
Arnuš, Janko (Pfarrer, Kulturaktivist), → Gorjanci.
Slovensko izobraževalno društvo Gorjanci, Kotmara vas
[Slowenischer Bildungsverein Gorjanci, Köttmanns-
dorf] (stellvertretender Obmann) ; → Sodaliteta (Er-
bauer eines der ersten Arbeiterheime in Unterloibl/
Podljubelj 1908) ; → Šentjanž. Katoliško slovensko
izobraževalno društvo za Št. Janž in okolico [Katho-
lischer slowenischer Bildungsverein für St. Johann
und Umgebung] (Mitinitiator der Vereinsgründung) ;
→ Smodej, Franz.
»Artemis«, Jagdverein in Ferlach/Borovlje, → Mišič,
Dr. Franc.
Artikel VII Kulturverein, → Steirische Slowenen.
Artikel 19 Grundrechtskatalog, → Dezemberverfas-
sung 1867.
Assimilant(en), assimilant(i), in Kärnten/Koroška Be-
zeichnung von Slowenen, die sich ihrer slowenischen
ethnischen und sprachlichen Identität bzw. der → Mut-
tersprache entsagen, diese in einem weiteren Schritt
bewusst verneinen und verschweigen und schließlich in
Überspielung dieses (unbewusst) höchst traumatischen
Aktes der Selbstaufgabe im öffentlichen und familiä-
ren Bereich aus kompensatorischen Gründen die neue
(vermeintlich deutsche) territoriale → Identität hyper-
manifestieren (sei es im politischen Bereich, sei es in
einem neu erfundenen Pseudo-Brauchtum), während
sie ein aggressives Verhalten gegenüber den Slowenen,
der slowenischen Sprache, deren Organisationen und
historischen Identitätsmerkmalen zeigen. Synonym :
Ethnokonvertit. Nicht zu verwechseln mit den Folgen
eines weitgehend nicht von Zwang gekennzeichneten
und deshalb integrierten Prozesses der → Akkultu-
ration. Von den → Kryptoslowenen unterscheidet sie
insbesondere die autoaggressive Selbstverneinung, die
→
Deutschtümler hingegen haben den Schritt hin zur
Assimilation bzw. zum → Sprachwechsel noch nicht
vollzogen (→ Windische).
Da jede externe Manifestation des Slowenischen die
Erinnerung an das eigene menschliche Scheitern und
an die eigene selbstverneinende Haltung gleichsam
ein schlechtes Gewissen erweckt, wird vor menschen-
rechtsverneinenden Akten nicht zurückgescheut. In der
Historiografie begegnet man so neben der ideologi-
schen Begründung/Rechtfertigung durch die → Win-
dischentheorie dem Phänomen der →
»Entethnisie- rung« (etwas darf im gegebenen Kontext alles andere
sein, nur nicht slowenisch).
Gesellschaftspolitische Gründe für die →
Assi-
milation sind einerseits wirtschaftliche Zwänge der
Existenzgefährdung (Verlust des Arbeitsplatzes, sub-
jektive Existenzängste), politische Ängste (Angst vor
Verfolgungen : → Internierungen 1919, →
Vertreibung
1920, Deportationen 1942) sowie die lange Tradition
des Ausschlusses jedweden gesellschaftlichen Aufstiegs
(eines zutiefst menschlichen Bedürfnisses) bei Beibe-
haltung der originären slowenischen Identität als Aus-
druck des gesellschaftlichen → Assimilationszwangs.
Durch die solchermaßen geschaffene psychologische
Zwangssituation entsteht eine gesellschaftliche Dy-
namik, die umso stärker wird, je mehr Menschen sich
assimilieren bzw. zur Assimilation gezwungen werden.
Da Traumata generationenübergreifende Wirkungen
zeigen, hat der individuelle Akt der Assimilation auf-
grund der Tabuisierung des Slowenischen auch trans-
generationelle Folgen, derer sich jedoch die nachfol-
genden Generationen bei Weitem nicht bewusst sind
(→ Assimilation und PTBS). Und gerade weil sie nicht
bewusst sind, werden die kompensatorischen antislo-
wenischen Verhaltens- und Denkmuster so lange umso
stärker transportiert, bis es zu einer Integration neuer
kultureller Muster (die nicht eine Negation per se dar-
stellen) kommt (→ Akkulturation ; → Inkulturation).
A. sind (auf Kärnten/Koroška bezogen) ein Phäno-
men der slowenischen → Kulturgeschichte und eine
vielfach auftretende menschlich-zivilisatorische Tra-
gödie. Angesichts der zahlreichen politischen Akteure
mit Assimilationshintergrund handelt es sich auch in
→ deutschnationalen Vereinen um ein Problem der
österreichischen politischen Integration und Kultur
sowie der Verfassungs- und Menschenrechtssituation
(vgl. etwa V. → Schumy).
Lit.: vgl. Lemma →
Assimilation sowie : V. Melik : Nemci in Slovenci
(1815–1941). In : ZČ 46/2 (1992) 171–174 ; B.-I. Schnabl : Celovško
polje, neznani zakladi osrednje slovenske kulturne pokraijne. In : KK
2013, Celovec 2012, 107–122.
Bojan-Ilija Schnabl
Assimilation, eines der zentralen Phänomene eines kol-
lektiven → Sprachwechsels der Slowenen in Kärnten/
Koroška. Sie geht mit den Industrialisierungsprozessen
ab der Mitte des 19. Jh.s einher, wobei sich die zugrunde
liegende politische Intentionalität zur strukturellen Her-
beiführung des Sprachwechsels durch A. in den aufei-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55