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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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116 Assimilation Kärnten Dokumentation, Bd. 22 nanderfolgenden Verfassungen ab 1860/61 und deren Ausführungsbestimmungen ausmachen lässt (→  De- zemberverfassung 1867, →  Wahlordnungen, →  Wahl- kreiseinteilungen). Sie wird am 25. Oktober, wenige Tage nach der →  Volksabstimmung 1920, trotz der Schutzbestimmungen des →  Vertrages von Saint-Ger- main von 1919 vom Landesverweser Arthur Lemisch gleichsam zur Landesideologie erklärt, die pseudowis- senschaftlich in der →  Windischentheorie legitimiert wird und schließlich in der Umsetzung der Ideologie der Vernichtungsmaschinerie Nazi-Deutschlands gipfelt (→  »Generalplan Ost«, →  Deportationen 1942). Oswald →  Gutsmann und Urban →  Jarnik zäh- len zu den ersten slowenischen Autoren, die sich 1777 respektive 1832 mit dem Phänomen der →  Germani- sierung auseinandersetzen. Der Assimilationsprozess nimmt im gesamten 20. Jh., insbesondere aber ab der Mitte des 20. Jh.s drastische Ausmaße an. Es bedarf im Kärntner Kontext einer besonderen Beleuchtung aus der Perspektive der posttraumatischen Belastungs- störungen (PTBS), die wesentliche zusätzliche Erklä- rungsansätze für den gesellschaftlichen Umfang der A. beisteuern. A. ist nicht zu verwechseln mit dem Begriff der →  Akkulturation. Der Prozess der A., insbesondere im Kärntner Kon- text, ist im Gegensatz zur Akkulturation seit dem 19. Jh. weitgehend von äußeren wirtschaftspolitischen und psychosozialen Zwängen durch eine dominante Sprach- und Wirtschafts-»Elite« gekennzeichnet (→  Assi- milationszwang). Dabei umfasst deren Wesensinhalt durchaus auch Mechanismen der Selbstverneinung zur Gewährleistung einer gewissen Form der persönlichen Integrität der einzelnen →  Assimilanten, ohne die ein so massiver Sprach- und Kulturwandel in derart kurzer Zeit nicht möglich gewesen wäre. Assimilation als vielfach auftretendes individu- elles Phänomen. Die Einführung des Deutschen als →  Amtssprache 1784 stellt einen ersten großen struk- turellen Meilenstein im Assimilationsprozess dar, da damit rechtlich die gesellschaftliche Stratifizierung der Sprache verstärkt wird und der gesellschaftliche Aufstieg mit der Sprache verbunden wurde. Einschränkend dazu ist festzustellen, dass die rationalistische Sprachauffas- sung des aufgeklärten Absolutismus durchaus zu einer pragmatischen Berücksichtigung des Slowenischen als äußere Amtssprache führte, so etwa zu →  Übersetzungen von Kurrenden und Patenten und zur Veröffentlichung der zweisprachigen →  Klagenfurter Marktordnung 1793. Zudem können die Ernennungen von slowenischen bzw. slowenophilen Bischöfen 1824 (→  Luschin/Lušin, →  Paulitsch/Paulič, →  Zimmermann sowie →  Kuttnar/kutnar 1843) als Indikatoren für die soziolinguistische Stellung des Slowenischen aufgrund der materiellen vorherrschenden Sprachverhältnisse gesehen werden. In der Folge des →  Revolutionsjahres 1848 kommt es zudem noch zu einer formalen, verfas- sungsrechtlichen Gleichstellung der Sprachen (→  Ok- troyierte Märzverfassung, →  Landesverfassung 1849) und in der Zeit von 1849–1859 (–1872) zur →  Kund- machung von Gesetzen im →  Reichsgesetzblatt und in den →  Landesgesetzblättern in slowenischer Sprache (→  Kundmachung [1, 2, 3]). Einen weiteren rechtlich- institutionellen Meilenstein stellt der in Bezug auf das Slowenische äußerst restriktive Ansatz und die restrik- tive Umsetzung der →  Dezemberverfassung von 1867 dar, weil insbesondere in Kärnten/Koroška und in der Steiermark/Štajerska bzw. in den jeweiligen geschlosse- nen slowenischen Siedlungsgebieten die auf die Sprache bezogenen Grundrechte der Slowenen nicht oder nur teilweise anerkannt und umgesetzt wurden. Nicht zuletzt trug dies schließlich zum Untergang der Monarchie bei (→  Maideklaration 1917). A. in dieser Phase kann also insbesondere als ein vielfach auftretendes individuelles Phänomen gewertet werden. Wandel von der individuellen zur kollektiven Assimilation. Die nationalideologisch begründeten politischen Verfolgungen vor der →  Volksabstimmung 1920, die zur →  Vertreibung praktisch der gesamten slowenischen Elite aus dem Land führten (Internierun- gen 1919, →  Windischentheorie), die institutionellen Diskriminierungen sowie die strategisch-systematische wirtschaftliche Existenzbedrohung der slowenischen Gemeinschaft als solche in Kärnten/Koroška in der Zwischenkriegszeit, und die gezielte Ansiedlungs- bzw. Kolonisierungspolitik seitens →  deutschnationaler Vereine waren weitere zentrale Gründe für die A. bzw. →  Germanisierung weiter Teile der slowenischen Be- völkerung und Regionen und zwar ausgehend von den regionalen Wirtschaftszentren und den ethnischen Randgebieten, wie sie sich bis zum Ende des 18. Jh.s ge- festigt hatten (→  Sprachgrenze im 18 Jh., →  Ortsver- zeichnisse 1860/1880/1883/1918, →  Pfarrkarte 1924). Die faktische Junktimierung von gesellschaftlichem Aufstieg und Assimilation bzw. im Gegensatz dazu slowenischer Identität und gesellschaftlicher Exklusion führten zu einem gesellschaftlichen →  Assimilations- zwang, der nationalideologisch bereits am 25. Oktober 1920 vom Landesverweser Arthur Lemisch formuliert
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Untertitel
Von den Anfängen bis 1942
Band
1: A – I
Autoren
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
542
Kategorien
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
  2. Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
  3. Geleitwort von Johannes Koder 9
  4. Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
  5. Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
  6. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
  7. Verzeichnis der Siglen 40
  8. Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
  9. Editoriale Hinweise 51
  10. Lemmata Band 1 A – I 55
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