Seite - 156 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Bildstock
Bildstock in Goritschach/
Goriče (Schiefling am See/
Škofiče), SEM
und der Burg Landskron/Vajškra stand, gilt das Weiße
Kreuz/Beli križ (1399 urk. erwähnt) beim Zehenthof
in Villach/Beljak. Als Grenzkreuz wurde auch das Ar-
mesünderkreuz/Križ ubogih grešnikov in St. Stefan im
Gailtal/Štefan na Zilji errichtet (1499), da bis zu die-
ser Stelle die Gerichtsbarkeit der Herrschaft Aichel-
burg reichte. Es ist mit Fresken aus der Schule Urban
Görtschachers ausgestattet und zählt zu den vier in
Kärnten/Koroška denkmalgeschützten gotischen Bild-
stöcken. Breda Vilhar vertritt die Ansicht, Gört-
schacher sei »vermutlich der verdeutschte sloweni-
sche Name goričan nach dem Ort Goriče/Görtschach
im Unteren Gailtal«. Vilhar führt weiter aus : »Auch
bei [Margareta] Witternigg wird erwähnt, dass sein
Name ein heimischer Kärntner Name sei, aus ›Win-
disch Görtschach‹ abgeleitet.«
Denkmalgeschützt sind noch : das Hauser- und
das Gangl-Stöckel in Reisach (Rajže) im → Gailtal/
Zilja (1499), das Kernmaier-Kreuz in St. Walburgen
(Sv. Valpurga) im Gebiet des Görtschitztals/dolina
Krčice (Fresken um 1425/30) und das Tschahonig-
Kreuz/Čahovnikov križ in St. Martin am Techelsberg/
Šmartin na Teholici. Laut www.kleindenkmäler.at ist
Letzterer »der gewaltigste spätgotische Nischenbild-
stock Kärntens mit einer Höhe von 8 Metern und einer
Tabernakelbreite von 2 Metern. Ein riesiges Kegeldach
ruht auf einem massiven Vierkanter auf. Der Nischen-
körper hebt sich deutlich vom verjüngten Schaft ab.
Das Kegeldach ist mit Fichtenschindeln gedeckt und
wird gekrönt von einem vergoldeten Christusmono-
gramm : IHS. Die kostbaren gotischen Fresken (15.
Jh. ?) sind leider zum Großteil verblasst.« Aufgrund
des Entstehungsortes zwischen → Ossiacher Tauern/
Osojske Ture und Moosburger Hügelland/Možberško
gričevje sowie aufgrund der Entstehungszeit ist auch
bei diesem von einem Prozess der → Inkulturation aus-
zugehen und ist dieser u. a. in die slowenische → Kul-
turgeschichte einzureihen.
Obwohl viele Bildstöcke nicht erhalten geblieben
sind oder ihren ursprünglichen Entstehungszweck ver-
loren haben, erzählen sie Geschichte, berichten von Sa-
gen und Legenden und erinnern an besonders schwere
Zeiten, wie Pestepidemien. Sie spiegeln lokales Brauch-
tum wider und sind eingebunden in die religiösen
Vollzüge (z. B. Flurprozessionen) der meist ländlichen
Bevölkerung (→ Brauch). Sie begleiten als Wegweiser
alte Verkehrs- und Pilgerwege (z. B. Olip [Vilip] Kreuz/
Olipov [Vilipov] križ in → Bleiburg/Pliberk oder die
spätbarocke Wegkapelle, genannt »Windische Kapelle« in Pörtschach a. Wörthersee/Poreče). Als persönliche
Gedächtnisstätten erinnern sie an tragische Unfälle
oder drücken den Dank für eine erhörte Bitte in Not
aus (z. B. das Truppe- oder Truppi-Bildkreuz/tablici
pri Trupiju in Finkenstein am Faaker See/Bekštanj ob
Baškem jezeru ; das Baštej-Kreuz/Baštejev križ in Lud-
mannsdorf/Bilčovs aus 1893).
Kulturgeschichtlich interessant sind jene, die auf-
grund eines Gelöbnisses errichtet wurden oder aus
Dank für die glückliche Rückkehr aus dem Zweiten
Weltkrieg bzw. aus der Lagerhaft nach den → Depor-
tationen 1942, weil sie eine konzeptuell andere Vision
jener Zeit offenbaren, als sie die heroisierenden Krieger-
und Gefallenendenkmäler ausdrücken. Diese slowe-
nischen Kapellen sind in ihrer Botschaft vergleichbar
mit zahlreichen slowenischen → Grabinschriften in
Kärnten/Koroška : Beispielhaft seien genannt das Ge-
denkkreuz der Familie Kumer-Črčej bei Moos/Blato
als Ausdruck des Danks dafür, dass der Familie die
→ Deportation 1942 erspart blieb, das Žlajhar Kreuz/
Žlajharjev križ in Zedras/Sodraževa bei Ludmanns-
dorf/Bilčovs, die Svec-Kapelle/Svečeva kapelica in Aich/
Dob bei Bleiburg/Pliberk, das Peter-Kreuz/Petrov križ
in Grablach/Grablje, das Wrulich-Kreuz der Familie
Wrulich, vlg. Selanovi, slow. Selanov križ, in Tuzach/
Tuce am Radsberg/Radiše. Die Lajmiš-Gedenkkapelle/
Lajmiševa spominska kapelica erinnert ihrerseits an
eine tragische Explosion von Kriegsmaterial kurz vor
Kriegsende, die fünf Burschen in den Tod riss.
Die Bildmotive in den Nischen (Christus- und Ma-
rienbilder, Heilige, Dreifaltigkeitsdarstellungen) sind
meist nach bestimmten Regeln angebracht. Häufig ist
auf der der nächsten Kirche zugewandten Seite der
Kirchenpatron dargestellt, weshalb Bildstöcke in der
Vergangenheit auch eine wichtige Wegweiserfunktion
hatten. Dem entspricht die Darstellung des hl. Lauren-
tius bei einem der seltenen Beispiele barocker Herr-
schaftsarchitektur (im Gegensatz zur sonst üblichen
→ Volksarchitektur), dem dreiseitigen Toman-Kreuz/
Tomanov križ in Zinsdorf/Svinča vas in der Gemeinde
Magdalensberg/Štalenska gora. Bei Deuer heißt es zu
diesem Kreuz : Ȇber dreieckigem Grundriss errichtet,
schwingen seine Seiten zwischen den abgeschrägten
Ecken (mit profiliertem Sockel- und Kämpfergesims)
konkav ein, während das Abschlussgebälk in der Mitte
jeder Seite nach vorn gewölbt ist. Die Bilder in den
rechteckigen Nischen (Maria mit Kind, Andreas und
Laurentius sowie eine Kreuzigung mit Assistenzfigu-
ren) wurden im 19. Jh. erneuert« (Deuer : 285).
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55