Seite - 166 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Bleiburg/Pliberk
Buchcover,
MohorjevaPfarren
in Kärnten/Koroška, da ihr auch die Filialkir-
chen in Mežica und in Šentanel der → Mežiška dolina
(Mießtal) unterstellt waren. Die Zahl der Pfarrmit-
glieder bewegte sich zwischen 4.000 und 5.000. Auch
nachdem die genannten Filialkirchen in der zweiten
Hälfte des 18. Jh.s eigenständige Pfarren geworden
waren, hatte die Pfarre B./P. noch immer zwischen
3.200 und 3.500 Pfarrmitglieder. Die Messen wurden
in der Bleiburger Pfarrkirche bis 1641 in Slowenisch
abgehalten (→ Liturgiesprache). Erst damals hatten
deutschsprachige Pfarrmitglieder den Bischof um die
Erlaubnis gebeten, einmal wöchentlich eine Messe in
deutscher Sprache abzuhalten.
In den Jahren 1473, 1476 und 1478 fielen in B./P. die
Türken/Osmanen ein, die die umgebenden Dörfer und
Kirchen am stärksten verwüsteten. Damals versuchte
man, die Stadt mit einem Stadtgraben zu schützen, der
1479 erneuert wurde, sowie mit einer Stadtmauer, die
bis heute sichtbar ist. 1715 wurde die Stadt von einer
Pestepidemie heimgesucht, der ca. ein Drittel der Be-
völkerung zum Opfer fiel. In der Stadt wüteten mehr-
mals auch Feuersbrünste. 1640 wurde so die Hälfte der
Häuser zerstört, 1666 dann fast alle Häuser. Stark in
Mitleidenschaft gezogen wurde auch der Stadtpfarr-
turm, der danach gänzlich abgerissen werden musste
und erst nach über einem halben Jh. wiedererrichtet
wurde.
Vom Beginn des 17. Jh.s an waren es die Thurn-Val-
sassina, die das Leben in B./P., dem weiteren Umland
im Jauntal/Podjuna und in der benachbarten Mežiška
dolina entscheidend prägten. In ihren Hammerwerken
in Kärnten/Koroška wurden zu Beginn des 17. Jh.s ver-
schiedene Eisenprodukte erzeugt. Besondere Aufmerk-
samkeit schenkten sie der Suche nach Bleierzvorkom-
men im Petzengebirge, die erst zu Beginn des 19. Jh.s
zu erliegen kam.
Bis zum Beginn des 19. Jh.s kann B./P. als »slowe-
nische« Stadt betrachtet werden, da nur wenige Bür-
ger deutscher Herkunft waren. Und auch diese waren
Zuwanderer aus anderen Kronländern, während die
autochthone Stadtbevölkerung slowenisch war. Auch
Graf Hans-Ambros (Ivan Ambrož) Thurn, der
1601 die Herrschaft B./P. erwarb, sprach slowenisch
und deutsch (→ Adelssprache). Die Bürger waren nur
dem Stadtrichter verpflichtet, den sie selbst aus ihren
eigenen Reihen wählten. Mittelbar war B./P. nur dem
Landesfürsten untergeordnet und so war B./P. eine der
vier landesfürstlichen Städte des Herzogtums Kärnten/
Koroška, die einen Vertreter in den Kärntner Landtag entsenden durften. Die Bürger gingen verschiedenen
Gewerben nach, betrieben aber für den eigenen Bedarf
auch Landwirtschaft. Nach Angaben des Vikars von
B./P. hatte 1754 die Stadt 711 Einwohner.
Wegen seiner Lage mitten im wenig entwickelten
ländlichen Raum entwickelte sich auch B./P. nur lang-
sam, da die wenigen gewerblichen Betriebe nur wenig
neue Einwohner anzogen (→ Binnenwanderung). Die
Zahl der Einwohner stieg bis 1846 auf 781. B./P. be-
gann sich erst mit den Verwaltungsreformen im Zuge
der Umsetzung der → Oktroyierten Märzverfassung
von 1849 unter Franz Josef I. schneller zu entwickeln,
als es Sitz des Bezirksgerichtes und der Stadtgemeinde
wurde (erster Bürgermeister wurde Josef Messiner)
und als die Eisenbahnverbindung 1863 → Maribor –
Guštanj (→ Ravne na Koroškem) – B./P. – Klagenfurt/
Celovec errichtet worden war. So hatte B./P. nach der
Volkszählung von 1880 bereits 1.121. Einwohner. Bis
1910 ging die Einwohnerzahl erneut leicht auf 1.070
zurück – ähnlich wie auch in dessen gesamtem Umland.
In jener Zeit war die statistische → Germanisierung der
slowenischen Bevölkerung fast abgeschlossen und nach
den Angaben der Volks- bzw. → Sprachenzählung war
B./P. eine fast völlig deutschsprachige Stadt. So lebten
laut den angeführten Daten 1880 in B./P. nur noch
171 (15,25 %) Einwohner mit Slowenisch als → Um-
gangssprache, 1910 waren es nur noch 124 oder 11,59
%. Dass diese Angaben über den Anteil der Einwoh-
ner mit Slowenisch als Umgangssprache nicht den tat-
sächlichen Verhältnissen entsprachen, zeigten auch die
Ergebnisse der von slowenischer Seite durchgeführten
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55