Seite - 167 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Bleiburg/Pliberk
Kulturni dom, Foto Milan
Piko, Detail
Kulturni dom, Bleiburg/
Pliberk unabhängigen Sprachenzählung von 1910. Nach diesen
Angaben lebten in B./P. 788 oder 76,64 % Slowenen.
Zur Abwehr einer rascheren →
Germanisierung,
die wegen der Diskriminierung des Slowenischen im
öffentlichen Bereich drohte, begannen die Slowenen,
sich zu Beginn des 20. Jh.s im kulturellen und wirt-
schaftlichen Bereich zusammenzuschließen. Wegen der
Diskriminierungen im wirtschaftlichen Bereich kam zu
Beginn des Jahres 1908 die Idee auf, eine Darlehens-
kasse zu gründen (→ Genossenschaftswesen). Die
Gründungsversammlung der Hranilnica in posojilnica v
Pliberku [Spar- und Darlehenskasse in Bleiburg] wurde
am 2. April 1908 beim Glink am Hauptplatz einbe-
rufen. Erster Vorsitzender wurde der Realitätenbesitzer
und → Bürgermeister von Feistritz ob Bleiburg/Bis-
trica pri Pliberku Jurij Rudolf. Mit der neu gegrün-
deten Sparkasse konnten sich die Slowenen leichter
gegen die Wucherer wehren, die den Menschen in Not
Geld zu hohen Zinsen verliehen. Gleichzeitig ermög-
lichte sie ein gleichberechtigtes und selbstständiges
Entscheiden im wirtschaftlichen Bereich.
Am 20. Mai 1909 wurde der Bildungs- und → Kul-
turverein Katoliško slovensko izobraževalno društvo
→
Edinost v Pliberku [Katholischer slowenischer Bil-
dungsverein Edinost in Bleiburg] gegründet, da den
Bleiburger Proponenten wie den übrigen Slowenen be-
wusst war, dass die Pflege der Kultur ein Gegengewicht
zur Germanisierung darstellt. Die Mitglieder des neuen
Vereins organisierten Fortbildungs- und Bildungsmaß-
nahmen, um den Mangel an muttersprachlicher Schul-
bildung zu überwinden, die das damalige utraquistische
→
Schulwesen kaum bot. Das Slowenische diente le-
diglich als »Mittel« zum Spracherwerb des Deutschen (→ Immersion). Der Verein organisierte so bereits vor
dem Ersten Weltkrieg neben drei oder vier Theater-
aufführungen jährlich auch mehrere Bildungsvorträge
und solche informativ-politischer Natur (→ Laienspiel,
→ Theater). Im Rahmen des Vereins wurde auch eine
Bibliothek eingerichtet. Der Erste Weltkrieg brachte
das → Vereinswesen der Slowenen im Bereich der Kul-
tur und der Wirtschaft fast gänzlich zum Stillstand.
Am 13. November 1918 besetzten die Einheiten
des Generals → Maister und der Freiwilligen unter
→ Malgaj B./P. und Umgebung. Obwohl das Ge-
biet bis zur → Volksabstimmung 1920 unter jugos-
lawischer Kontrolle blieb, fand im Ort eine intensive
→ Volksabstimmungspropaganda für den Anschluss an
Österreich bzw. an das neu gegründete Königreich der
Serben, Kroaten und Slowenen statt (→ Jugoslawien).
Dabei gab es einige gewalttätige Ausschreitungen. So
demolierten die Angehörigen der Volkswehr 1919 die
Geschäftsräumlichkeiten der Hranilnica und posojil-
nica v Pliberku, deren Tätigkeit bereits davor stark vom
Krieg betroffen war.
Bei der Volksabstimmung stimmten in B./P. 75,27 %
für Österreich. Die Ereignisse nach der Volksabstim-
mung behinderten die Tätigkeit der slowenischen
Vereine stark, da die österreichischen Behörden alle
identitätsbewussten slowenischen Kulturaktivisten und
die slowenische Bildungsschicht verfolgten und die
deutschnationalen Kräfte das Slowenische aus dem
öffentlichen Leben, einschließlich aus der Kirche, ver-
drängten. Der starke Assimilationsdruck war während
der ganzen Zwischenkriegszeit gegen die Slowenen
gerichtet (→ Assimilation, → Assimilationszwang). So
riet bei einer → Volksabstimmungsfeier am 12. Okto-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55