Seite - 174 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Bild der Seite - 174 -
Text der Seite - 174 -
174
Borštner, Vincenc
Um die kulturelle Tätigkeit der Slowenen in Ferlach/
Borovlje und Umgebung zu beleben, wurde im Okto-
ber 1912 in Ferlach/Borovlje das Katoliško slovensko
izobraževalno društvo v Borovljah za Borovlje in okolico
[Katholischer slowenischer Bildungsverein in Ferlach
für Ferlach und Umgebung] als Nachfolger des Arbei-
tervereins in Unterloibl/Podljubelj gegründet, der auf-
grund interner Querelen seine Tätigkeit ruhend gestellt
hatte. Zum Obmann wurde Radoslav Bizer (Jakob
Wieser) gewählt, seine Stellvertreterin wurde Terezija
Polič, Schriftführer wurde Kaplan Janez → Starc.
Der Verein wurde Mitglied der Slovenska krščansko-
socialna zveza za Koroško [Slowenischer christlichsozi-
aler Verband für Kärnten], die damalige Dachorganisa-
tion der Slowenen in Kärnten/Koroška.
Anno 1909 spaltete sich nämlich der Verein in Un-
terloibl/Podljubelj aus weltanschaulichen Gründen in
zwei Vereine. Es entstanden das Kmečko društvo za Pod-
ljubelj in okolico [Bäuerlicher Verein für Unterloibl und
Umgebung] und das Slovensko podporno društvo slovens-
kih kovinarjev na Koroškem [Slowenischer Unterstüt-
zungsverein slowenischer Metaller in Kärnten]. Nach
etwa drei Jahren lösten sich beide Gruppen auf.
In ihrer aktiven Zeit wurden insbesondere sloweni-
sche Theateraufführungen (»igre«) massiv und gezielt
von deutschnationalen Kreisen gestört, der Erste Welt-
krieg warf schon seine bedrohlichen Schatten (→ Lai-
enspiel, → Theater).
Während des Krieges ruhte die Vereinstätigkeit. Im
Jänner 1919, Ferlach/Borovlje war infolge der unge-
lösten Grenzfrage unter jugoslawischer Verwaltung,
wurden Danijel Lavsekar zum Obmann und Ciril
→ Kandut zum Schriftführer gewählt, im Febuar
1920 übernahm Helena Ogriz aus Unterloibl/Podlju-
belj den Verein, Danijel Lavsekar wurde ihr Stellver-
treter, Schriftführerin wurde Gusti Komploj.
Nach der →
Volksabstimmung am 10. Oktober
1920 wurde die slowenische Kulturtätigkeit am 13.
April 1924 mit dem Verein Društvo slovenskih diletan-
tov v Borovljah [Verein slowenischer Dilettanten in
Ferlach] auf neue Grundlagen gestellt und damit die
slowenische Vereinstätigkeit in Ferlach/Borovlje un-
gebrochen weitergeführt. Obmann wurde Valentin
Vertič, Jakob Wieser (Rado Bizer) sein Vize, Pe-
ter Krajner wurde Schriftführer, im Vorstand waren
noch Josip Šušnik, Štefan Krajner, Mici Ilovnik,
Franc Jamar, Hugo Friedl und Gusti Komploj. Die
Chortätigkeit und die Theatergruppe wurden belebt
(→ Chorwesen, → Laienspiel, → Theater). Obwohl die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Rahmen-
bedingungen der slowenischen Bevölkerung im Lande
wegen des deutschnationalen Siegestaumels nach der
Volksabstimmung 1920, des aufkommenden National-
sozialismus und des allgemeinen wirtschaftlichen Nie-
derganges immer beengter wurden, war ihre kulturelle
Tätigkeit ungebrochen. Theaterstücke, Konzerte und
vielfältige Fortbildungsangebote waren Schwerpunkte
der Tätigkeit in einer Zeit der Depression.
1930 wurde Jakob Wieser zum Obmann gewählt,
dann übernahm Peter Krajner den Verein und 1932
wurde erneut Valentin Vertič Obmann.
Am 11. Jänner 1940 wurde der Verein von den Natio-
nalsozialisten aufgelöst bzw. verboten und das Kulturhaus
beim Cingelc in Tratten/Trata enteignet. Am 14. und 15.
April 1942 wurden etliche Familien (darunter auch Ob-
mann Valentin Vertič und andere Vereinsmitglieder)
von ihren Höfen vertrieben und dann ins Deutsche Reich
deportiert (→
Deportationen 1942), am 29. April 1943
wurde Ivan Dovjak in Wien wegen Hochverrates ent-
hauptet, einige Vereinsmitglieder kamen ins KZ, andere
aber schlossen sich dem Partisanenwiderstand an.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Vereinstä-
tigkeit erneuert und der Verein unter dem Namen Slo-
vensko prosvetno društvo »Borovlje« [Slowenischer Kul-
turverein »Borovlje«] wiedergegründet.
Valentin Vertič wurde am 18. August 1946 er-
neut zum Obmann gewählt, sein Vize wurde Martin
Wieser, Schriftführer Janez Kerschitz. Der Verein
wurde Mitglied der → Slovenska prosvetna zveza [Slo-
wenischer Kulturverband] in Klagenfurt/Celovec.
Lit.: 80 let kulturnega delovanja v Borovljah in okolici/115 let Slovens-
kega katoliško-konstitucionalnega drštva v Borovljah. Izdajatelj Slo-
vensko prosvetno društvo »Borovlje«. Borovlje 1985.
Web : www.spdborovlje.at (20. 1. 2013).
Franz Wakounig
Borštner, Vincenc (Kulturaktivist), → Slovanska čital-
nica.
Borut, dux → Duces Carantanorum.
Bosnien und Herzegowina, vgl. Sachlemmata : → As-
similation ; → Binnenwanderung ; →
Dezemberverfas-
sung 1867 ; → Emigration ; → Maideklaration 1917 ;
→ Narodni Svet za Slovenijo ; → Wiener Schriftspra-
chen-Vereinbarung ; Personenlemmata : → Amrusch,
Milan ; → Strauss, Ivan ; → Vedenik, Dr. Herman.
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55