Seite - 177 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Brandner, Anton
waren. Am Palmsonntag 1910 gründete B. gemeinsam
und generationenübergreifend mit jüngeren und älte-
ren Gemeindebewohnern das Katoliško slovensko izo-
braževalno društvo → Edinost Št. Tomaž [Katholischer
slowenischer Kultur- und Bildungsverein St. Thomas].
B. gehörte zu den ersten Ausschussmitgliedern ; am 7.
Juli 1910 wurde die slowenische Hranilnica in posojil-
nica Št.
Tomaž [Spar- und Darlehenskasse St.
Thomas],
gegründet, deren erster Vorsitzender B. war (→ Ge-
nossenschaftswesen, Andrej → Sturm). Diese beiden
Institutionen entfalteten eine weitreichende kulturelle
und wirtschaftliche Tätigkeit in der Gemeinde, aber
auch im weiteren Umland im →
Klagenfurter Feld/
Celovško polje und bis → Maria Saal/Gospa Sveta. B.
war aktives Mitglied und weiser Mentor dieser Insti-
tutionen und sorgte für eine umfassende Bildung der
Jugend. Für das Tamburizza-Orchester finanzierte
er die Instrumente im Voraus (→
Tamburizzamusik).
Sein Organist und Mesner Franc Roveredo leitete
das Orchester und bildete Jugendliche auch in anderen
Instrumenten aus. Ein besonderes Anliegen war B. die
Vereinsbibliothek, mit der er eine intensive → Lesekul-
tur unter seinen slowenischen »Pfarrkindern« bewirkte.
B. war auch bei der Theatergruppe des Društvo Edinost
als Leiter der Mädchengruppe tätig (→ Theater). Am
9. September 1915 wurde B. aufgrund einer Denunzia-
tion – er hätte vom Postwagen aus einem Mann »Eviva
Italiano« zugerufen – vor dem Gericht des k. k. Grup-
penkommandos Nr. 10 in Klagenfurt/Celovec zu einer
verschärften Kerkerstrafe von 6 Monaten verurteilt
(→ Militärgerichtsbarkeit).
B. besaß eine umfangreiche Privatbibliothek, hatte
wissenschaftliche Interessen und befasste sich insbe-
sondere mit Medizin. Er entzifferte auch eine antike
Inschrift an der Südseite der Pfarrkirche St. Thomas/
Šenttomaž, die er im Liber memorabilium festhielt. B.
sorgte vorbildlich für die Instandhaltung und Verschö-
nerung der Pfarrkirche St. Thomas/Šenttomaž und
der beiden Filialkirchen St. Margareten/Šmarjeta und
St. Lorenzen/Šentlovrenc (Jakobo →
Brollo). Alle
slowenischen Institutionen wurden von den National-
sozialisten verboten, das Vermögen der Hranilnica und
Posojilnica [Spar- und Darlehenskasse] von der Raiff-
eisenbank übernommen. Die aktivsten Familien wur-
den 1942 enteignet und nach Deutschland deportiert
(→ Deportationen 1942).
Quellen : ADG ; Liber Memorabilium Parochue St. Thomasenses Zei-
selberg. Inceptus a die 1 me Januarii 1847 ; Mir 6/8 (1910) Nr. 32 ; Podkrnos. In : Koroški Slovenec (10.7.1935) (www.mindoc.eu) ; Srebrni
jubilej »Hranilnice in podojilnice v Št. Tomažu pri Celovcu«. In : Koroški
Slovenec (17. 7. 1935) (www.mindoc.eu).
Lit.: Naši rajni duhovniki. Kratki oris njihovega trudapolnega dela in
življenja. Izdala krščanska kulturna zveza v Celovcu 1968, 41–44 ;
K. Sturm-Schnabl : Slovensko kulturno življenje v fari Št. Tomaž pri
Čilberku od začetka 20. stoletja do nemške okupacije 1938. In : KK 2009,
139–156 ; P. G. Tropper : Nationalitätenkonflikt, Kulturkampf, Heimat-
krieg. Dokumente zur Situation des slowenischen Klerus in Kärnten von
1914 bis 1921. Klagenfurt 2002, 15, 41f., 51f., 63f., 124, 129 (Das
Kärntner Landesarchiv 28).
Katja Sturm-Schnabl
Bramor, Franc (Vorsitzender der Slovenska krščansko-
socijalna zveza za Koroško [Slowenischer christlich-so-
zialer Verband für Kärnten]), →
Kulturvereine.
Brandner, Anton (* 11. September 1891 Susalitsch/
Žužalče [Finkenstein/Bekštanj], † 22. Mai 1983 Ma-
ribor), Sozialarbeiter und ethnopolitisch engagierter
Aktivist.
Nach der Grundschule in Fürnitz/Brnca schloss er
1908 die Handelsschule in →
Villach/Beljak ab. Er
wirkte aktiv im sog. →
Beljaško omizje [Villacher Kreis]
in → Villach/Beljak mit. Im Oktober 1909 kam B. nach
→ Trieste/Trst/Triest und arbeitete zunächst im Betrieb
eines slowenischen Landsmanns Wiegele und Co. aus
dem → Gailtal/Zilja. 1910 wechselte B. in die slowe-
nische Konsum-Genossenschaft Narodna delavska or-
ganizacija [Slowenische Arbeiterorganisation] und war
1912 bis 1915, d. h. bis zu seiner Einberufung deren Se-
kretär. In dieser Funktion gelang es ihm im Küstenland/
Primorje und in → Krain/Kranjska zahlreiche Arbeiter
und einfache Angestellte – insbesondere auch die Ju-
gend – zu gewinnen, die mit dem »neutralen« Stand-
punkt der Sozialdemokratie in der nationalen Frage
nicht einverstanden waren. Im November 1918 schloss
er sich als Agent und slowenischer Propagandist den
Vorbereitungen der → Volksabstimmung an. Ende
1920 musste er Kärnten/Koroška verlassen (→ Vertrei-
bung 1920). Im November 1920 wurde er in die ju-
goslawische verfassunggebende Versammlung gewählt
und damals intervenierte er auch mehrmals bei der
jugoslawischen Regierung, um die Kärntner Slowenen
aus ihrer Situation zu retten (→ Jugoslawien, → Ver-
einswesen in Jugoslawien). 1923–1924 war er Sekretär
der Partei Narodno-socijalna zveza [National-sozialer
Bund] und Redakteur der Zeitschrift Nova pravda
[Neues Recht]. 1925 fand er eine Beschäftigung beim
Magistrat in → Maribor (im Bereich Sozialwesen, bis
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55