Seite - 192 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Bukovništvo
Matija Kresnik, Pesmi stare
jinu nove, KOK Ravne na
Koroškem
um die Mitte des 18. Jh.s eine Phase, die von Überset-
zungen dominiert wurde und die gegen Ende des 18.
Jh.s im klassischen Bukovništvo gipfelte.
Der älteste Schriftbeleg der bukovniki stammt vom
Ende des 16. Jh.s aus der Umgebung von Arnold-
stein/Podklošter, wo die protestantischen Ortschaf-
ten → Agoritschach/Zagoriče und Seltschah/Sovče
das geistige Zentrum der slowenischen protestan-
tischen Bewegung in Kärnten/Koroška darstellten.
Nach Eindämmung des → Protestantismus fehlten
den Geheimprotestanten slowenische religiöse Bücher
(→ Gegenreformation). Sie behalfen sich mit eifrigem
Abschreiben protestantischer Texte. Die Entstehung
der ältesten Handschriften wird auf die Mitte des 18.
Jh.s datiert. Überliefert sind Abschriften von Postillen,
protestantische Lieder, Gebete u. a. In der Handschrift
→ Sadnikerjev rokopis [Sadniker Handschrift] finden
sich z. B. 43 Lieder aus protestantischen Gesangsbü-
chern, zehn Gebete aus »Tulščaks Gebetbuch« (Kersz-
hanske leipe molitve, 1579), zwei Gebete und ein Psalm
aus der 2. Ausgabe des »Gebetbuches von Dalmatin«
(Lepe karszhanske molitve, 1595) u. a. Den protestanti-
schen Schreibern schlossen sich bald auch katholische
Schreiber an und führten die slowenische schriftliche
Tradition in Kärnten/Koroška fort.
Gegen Ende des 17. Jh.s bis zur Mitte des 18. Jh.s,
in der Zeit des Pietismus und Mystizismus, verlagerte
sich das Interesse der bukovniki auf abergläubisches,
apokryphes Schrifttum, dessen Wurzeln oft ins jüdi-
sche und frühchristliche Zeitalter zurückreichen : Be-
schwörungs- und Segensformeln, magische Sprüche
und Zeichen, Übersetzungen der deutschen Kolporta-
geliteratur und Adaptierungen diverser Textvorlagen.
In diesen Texten sind sowohl Aberglaube als auch prag-
matisches Christentum vertreten. Die ältesten, anonym
im Druck veröffentlichten Büchlein der bukovniki
stammen aus der ersten Hälfte des 18. Jh.s und basie-
ren auf Vorlagen. Die → Duhovna bramba [Geistlicher
Schild] und der → Kolomonov žegen [Colomanisegen]
erfuhren jeweils mehrere Auflagen, deren Drucke von-
einander abweichen.
Dieses Schrifttum kursierte auch in zahlreichen
handschriftlichen Abschriften, Varianten und sprach-
lichen Adaptionen, z. B. der Kolomonov žegen aus
Solčava (Colomani-Segen aus Sulzbach), der sprachlich
eine Mischung von Oberkrainisch und Mießtalerisch
darstellt (→ Mießtaler Dialekt/mežiško narečje). Ein
weiteres Beispiel ist die als Autograf erhaltene Duh-
ovna vahta [Geistliche Schildwacht] von Andreas → Schuster – Drabosnjak (um 1815), die eine
Paraphrase eines Abschnitts aus einer nicht näher be-
kannten Vorlage der Duhovna bramba repräsentiert.
Apokryphe Texte finden sich auch in protestanti-
schen und katholischen Handschriften, wie z. B. in der
»Sadniker Gebets- und Liederhandschrift« → Sad-
nikerjev rokopis und im → Leški rokopis [Handschrift
aus Liescha] aus Leše pri Prevaljah aus der Mitte des
18. Jh.s, die zu den ältesten volkstümlichen Schrift-
stücken in der Mežiška dolina (Mießtal) zählt. Eine
umfassende handschriftliche Textsammlung aus der
Umgebung von Prevalje (Prävali) hinterließ im 19. Jh.
Matija Kresnik (1821–1890). Die 1754 datierte Lie-
derhandschrift von Luka → Maurer aus Arnoldstein/
Podklošter enthält 90 verschiedene katholische Lieder
aus diversen Quellen. Beim Gebetbuch von Simon
Gabernik, einer Handschriftensammlung von 1780,
handelt es sich um ein »getarntes« slowenisches Aber-
glaubenbuch aus dem → Rosental/Rož. Als bekanntes-
ter bukovnik des 18. Jh.s im Prekmurje (Übermurgebiet)
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55