Seite - 202 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Bild der Seite - 202 -
Text der Seite - 202 -
202
Carinthian Information Service
Janez Vajkart Valvasor, Des
hochlöblichen Herzogthums
Crain Topographisch-histori-
scher Beschreibung, Fünftes
Buch, S. 383
Carinthian Information Service (CIS), → Wider-
standsbewegung.
Carmula bedeutet in der Lex Baiwariorium (MGH
Leges nat. Germanicarum 5, 2, 1926) Aufstand gegen
die legitime Macht. Um 770 wird davon im gentilen
Fürstentum → Karantanien berichtet, das die bairisch-
fränkische Oberhoheit anerkannt hatte, in dem je-
doch Fürsten einer einheimischen Dynastie regierten
(→ Duces Carantanorum), und das in der Frühphase der
→ Christianisierung zum → Salzburger Missionsge-
biet gehörte.
In dem (Libellus) de conversione Bagoariorum et Ca-
rantanorum (→ Conversio) etwa aus dem Jahr 870 steht
geschrieben, dass nach dem Tod des Fürsten Borut(h)
(748) drei Jahre lang zunächst sein Sohn Cacatius
(Gorazd) und danach dessen Cousin Cheitmar
(Hotimir) (bis ca. 770) über die Karantaner (→ Ca-
rantani) regierten. Im Land führte er gesellschaftliche
Neuerungen ein, neue Abgaben und den christlichen
Glauben. Karantanien bekam den territorial zustän-
digen Bischof → Modestus. Nach dessen Tod bat
Cheitmar den Salzburger Bischof →
Virgil, er
möge ins Land kommen. Dieser lehnte ab, weil es zum
Aufstand gekommen war, den man C. nannte, und ent-
sandte deshalb den Priester Namens Latinus. Bald
darauf verließ dieser das Land, nachdem der zweite
Aufstand ausgebrochen war. Nach der Niederschlagung
des Aufstandes entsandte Virgil zwei weitere Priester.
Nachdem nach Cheitmars Tod wieder ein Aufstand
ausgebrochen war, war einige Jahre lang kein Priester
im Land, bis sich der neue Fürst Waltunc erneut an
Virgil mit der Bitte wandte, Priester zu entsenden.
Zu den zwei Aufständen gegen die herrschende
Macht war es zu Lebzeiten von Cheitmar gekom-
men, zum dritten nach dessen Tod (Mihelič, 2001).
Die Missionare verließen das Land. Die ersten beiden
Aufstände hatte Cheitmar niedergeschlagen, den
dritten Tassilo III., Herzog von Baiern. Die Anna-
les Iuvavenses Maximi sowie andere Quellen berichten,
dass Tassilo 772 die Karantaner besiegte und sich das
Land unterwarf : Tassilo Carentanos vicit ; Tassilo Caren-
thiam subiugavit ; Tassilo Karinthiam subicit (Kos, 1902,
Nr. 244).
Obwohl dies in der Conversio nicht ausdrücklich be-
hauptet wird, überwog in der Geschichtsschreibung die
Meinung, dass es in Karantanien zu Aufständen der ge-
sellschaftlichen Elite oder sogar zu massenhaften Un-
ruhen gegen die heimische Fürstendynastie gekommen war, weil diese den christlichen Glauben angenommen
und verbreitet hatte. Diese Auffassung beruht u. a. auf
der Tatsache, dass Tassilo, der in den dritten Auf-
stand eingegriffen hatte, ein brennender Verfechter der
Missionstätigkeit war. Im Jahr 769 machte er dem Abt
Atton der St. Peter-Kirche in Scharnitz in Nordtirol
den Ort → Innichen nahe der Grenze zu Karantanien
zur Schenkung, um dort ein Kloster zu gründen und
von dort die ungläubigen → Slawen auf den Weg der
Wahrheit zu führen (propter incredulam generationem
Sclauanorum ad tramitem ueritatis deducendam) (Kos,
1902, Nr. 239). Eine zeitgleiche Quelle, der Brief eines
Clemens Peregrinus an den bairischen dux Tas-
silo, die bairischen Bischöfe und Adligen, ruft dieser
zur Tapferkeit auf, Gott werde mit ihnen und für sie
kämpfen, [gegen diejenigen], die Heiden und Edelleute
sind, die nicht an Gott glauben, sondern Götzen anbe-
ten (qui sunt autem pagani atque gentiles, qui non credunt
Deum vestrum, sed adorant idula) (Kos, 1902, Nr. 245).
Die Initiatoren und die Träger der Aufstände waren
wahrscheinlich Mitglieder angesehener Familien, die
wegen der zahlreichen Neuerungen in der Gesellschaft,
in der Wirtschaft und im Glauben ihre alten Privile-
gien bedroht sahen.
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55