Seite - 203 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Carmula
Janez Vajkart Valvasor, Des
hochlöblichen Herzogthums
Crain Topographisch-histori-
scher Beschreibung Fünftes
Buch, S. 386 Die ältesten erhaltenen Teile der Conversio stammen
aus dem 11. Jh., spätere Abschriften sind aus dem 12.,
13. und aus dem 14. Jh. Die Rezeption und Interpre-
tation der lateinischen, deutschen und italienischen
Historiografie vom 15. bis zum 18. Jh., die von den
Aufständen in Karantanien berichten, sind nicht ein-
heitlich. Die Systematik der Gliederung der Tatsachen
ist in diesen Arbeiten unlogisch, zeitlich inkonsequent
und durchwoben mit erfundenen Einlagen.
Jakob → Unrest erwähnt die Aufstände nicht, be-
richtet jedoch davon, dass in das Land »Hunnen« (er
meint → Awaren) eingedrungen waren, vor denen
die Priesterschaft zurückwich. Johannes Aventinus
(1477–1534) war von den frühen Historikern der erste,
der den karantanischen Aufständen einen religiösen
Charakter zuschrieb : Slawische Edelleute sollen gegen
Fürst Cheitmar aufbegehrt haben, weil dieser den
Glauben der Vorfahren abgelegt und eine neue Art der
Huldigung Gottes angenommen habe. Mauro Orbini
(ca. 1550–1614) stützt sich in seiner italienischen Be-
schreibung der Begebenheiten auf Aventinus.
In der späteren → Geschichtsschreibung setzte sich
die Erklärung der Ereignisse auf zwei Arten durch. Die
bairischen Historiker Markus Welser (1558–1614),
Andreas Brunner (1589–1650) und Johannes Ver-
vaux (1586–1661) bzw. Johannes Adelzreitter a
Tetenweis (1596–1662) berichten sachlich und über- einstimmend mit der Conversio, dass Cheitmar öf-
ter Virgil einlud, nach Karantanien zu kommen, dass
dieser jedoch wegen der kriegerischen Unruhen nicht
kam, sondern andere Priester an seiner Stelle sandte.
Nach Cheitmars Tod kam es zu einem neuen Krieg,
die Priesterschaft wurde verjagt, bis Waltunc die
Herrschaft übernahm, dem Virgil wieder Missionare
sandte.
Gleichzeitig finden wir in der Geschichtsschreibung
auch eine fantasievollere, schauerliche Beschreibung
der Ereignisse, nach der zunächst die heidnischen Sla-
wen unmenschlich mit den Christen verfuhren und sie
in der Folge zuerst vom Baiernherzog Tassilo und
danach von Waltunc besiegt wurden. Dieser soll die
gefangen genommenen Aufständischen am Markt-
platz in → Villach/Beljak unchristlich, grausam, nach
altem germanischem Gewohnheitsrecht bestraft ha-
ben. Eine solche Beschreibung erfand Michael Go-
thard → Christalnick, die Hieronymus → Me-
giser unter seinem Namen veröffentlichte. Auf ihn
stützten sich Martinus Bauzer (1595–1668), Johann
Weichard → Valvasor und Aquilinus Julius Caesar
(1720–1793). Das Geschichtswerk von Christal-
nick-Megiser stellt das Zentrum des Widerstandes
in Kärnten/Koroška in die Umgebung von Villach/
Beljak, wobei am Heidentum auch slawische Edle in
→ Krain/Kranjska und in der Steiermark/Štajerska
sowie in der »Windischen Mark« (slow. Slovenska kra-
jina/marka) festhielten. Bauzer ortet die Ereignisse in
Kärnten/Koroška und in Krain/Kranjska, während sie
Valvasor in Kärnten/Koroška, Krain/Kranjska und
in der »Windischen Mark« ansetzt. Nach Caesar war
das Zentrum des Aufstandes die Steiermark/Štajerska
in der Umgebung von → Maribor und → Celje sowie
in der »Windischen Mark«.
Einige Zeitgenossen vermieden die sensationslüs-
terne Beschreibung der Ereignisse von Christal-
nick-Megiser. Joanes Ludovicus Schönleben
(1618–1681) und Markus →
Hansiz haben zwar
Kenntnis von dessen Werk, doch sind sie ihm gegen-
über kritisch eingestellt und zweifeln an der Verläss-
lichkeit von Ammonius Salassa, der als Quelle an-
geführt wird. Keiner von ihnen führt die Aufstände
ausschließlich auf religiöse Gründe zurück.
Mehrere Historiker schenken den Ereignissen kei-
nerlei besondere Aufmerksamkeit und führen die
Tradition der kargen Berichterstattung der bairischen
Historiografen fort. Gottfriedus Philippus Spanna-
gelus (?–1732) erwähnt nur den Aufstand der Karan-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55