Seite - 204 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Celestin, Fran
taner nach Cheitmars Tod, weshalb die Geistlichen
bis zur Machtübernahme von Waltunc das Land
verlassen hätten. Joannes Christophorus de Jordan
(erste Hälfte des 18. Jh.s) kennt zwei Aufstände unter
Cheitmar und einen nach dessen Tod, kommentiert
sie jedoch nicht. Karg ist auch die Beschreibung von
Anton T. → Linhart, der den Aufständen einen reli-
giösen Charakter zuschreibt : Die Slawen widersetzten
sich hartnäckig dem Christentum. Der Aufstand nach
Cheitmars Tod hatte zur Folge, dass die Missionare
das Land für mehrere Jahre verließen, bis Waltunc
erneut Unterstützung aus Baiern erhalten habe.
Die literarische Rezeption erreichte 1847 einen
Höhepunkt mit der Einleitung zum epischen Ge-
dicht Krst pri Savici [Taufe an der Savica] von France
→ Prešeren, der wiederholt Motive seiner Dichtun-
gen in der Geschichte suchte. Darin bearbeitete er das
Motiv der Christianisierung der Slawen/Karantaner im
Ostalpenraum in der zweiten Hälfte des 8. Jh.s, wo-
bei er mit aller dichterischer Kraft die blutige Gewalt
beschreibt, mit der die Machthaber der aufständischen
Bevölkerung die neue Religion aufzwangen. Dieses
Versepos wurde Mitte des 19. Jh.s zur Parabel für die
Unterdrückung der Slowenen und ein Aufruf für die
nationale Wiedergeburt (→ preporod). Um die katho-
lische Öffentlichkeit zu beruhigen, dichtete Prešeren
noch einen zweiten Teil, den Krst [Die Taufe]. Beide
Teile des Epos regen die Fantasie an und vertiefen an-
gesichts der logischen Erklärung die Kenntnis der Ge-
schichte.
Quellen : F. Kos : Gradivo za zgodovino Slovencev v srednjem veku I–V.
Ljubljana 1902–1928 ; MGH Leges nat. Germanicarum 5, 2, 1926 ;
M. Kos (Hg.) : Conversio Bagoariorum et Carantanorum (= Razprave
Znanstvenega društva v Ljubljani 11/3). Ljubljana 1936 (erste Über-
setzung in eine moderne Sprache mit wissenschaftlicher Analyse
und Kommentar) ; H. Wolfram : Conversio Bagoariorum et Caran-
tanorum. Das Weißbuch der Salzburger Kirche über die erfolgreiche
Mission in Karantanien und Pannonien. Wien [e. a.] 1979 ; F. Lošek
(Hg., Üb.) : Die Conversio Bagoariorum et Carantanorum und der Brief
des Erzbischofs Theotmar von Salzburg. MGH. Studien und Texte, 15.
Hannover 1997.
Lit.: D. Mihelič : Vstaja imenovana ›carmula‹ (Karantanija, druga
polovica 8. stoletja). In : V. Rajšp [e. a.] (Hg.) : Melikov zbornik. Slo-
venci v zgodovini in njihovi srednjeevropski sosedje. Ljubljana 2001,
197–214 ; H.-D. Kahl : Der Staat der Karantanen. Fakten, Thesen und
Fragen zu einer frühen slawischen Machtbildung im Ostalpenraum (7.–9.
Jh.). Ljubljana 2002 ; H.-D. Kahl : Kultbilder im Vorchristlichen Sla-
wentum, Sondierungsgänge an Hand eines Marmorfragments aus Kärn-
ten mit Ausblicken auf den Quellenwert von Schriftzeugnissen des 8.–12.
Jh. In : Studia mythologica slavica (Ljubljana) VIII (2005 ) 9–55.
Darja Mihelič ; Üb.: Bojan-Ilija Schnabl, Otto Kronsteiner Celestin, Fran (* 13. November 1843 Klenik [Litija,
Gorenjska], † 30. Oktober 1895 Zagreb), Schriftsteller,
Literaturhistoriker.
C. besuchte das Gymnasium in Ljubljana, danach
studierte er (bei → Miklosich) Slawistik und klas-
sische Philologie an der Universität Wien, an der er
1869 promoviert wurde. Noch im selben Jahr ging C.
als »slawischer Stipendiat« nach Russland, studierte
zunächst in Moskau, danach in Petersburg und legte
dort 1870 die Lehramtsprüfung für Latein, Altgrie-
chisch, Russisch, russische Geschichte und Geografie
ab. Als Anhänger der → Russophilie blieb er zunächst
in Russland und unterrichtete ab 1870 am Gymnasium
in Vladimir (heute Vladimir-Volynsk, Ukraine) und
in Charkiv (Charkov, Ukraine). 1873 kehrte C. nach
Wien zurück und war bis 1876 als Gymnasiallehrer tä-
tig. Er erhielt 1876 in Zagreb eine Stelle als Supplent,
bestand die Befähigungsprüfung und wurde Professor
am dortigen Gymnasium. Die Universität Zagreb be-
rief C. 1878 als Lektor und in der Folge als Professor
für slawische Sprachen. C. hatte eine durchaus kritische
Einstellung zu den Verhältnissen in Russland und zur
russischen Sichtweise auf die slawische Wechselseitig-
keit. Durch ihn wurde die slowenische Öffentlichkeit
über die zeitgenössische russische Literatur informiert
(Gogol, Lermontov, Turgenev, Krilov), genauso
wie er sie auch über die politischen und gesellschaftli-
chen Verhältnisse in Russland aufklärte.
Zusammen mit Josip → Jurčič hatte C. 1865 noch
als Gymnasiast den Almanach Slovenska vila [Die
slowenische Fee] im Selbstverlag herausgegeben. In
Wien gehörte er zum Kreis um Josip → Stritar. In
der Zeitschrift → Slovenski glasnik stammen wahr-
scheinlich viele der darin enthaltenen Aufsätze über
die zeitgenössische Literatur und Kulturarbeit bei den
Bulgaren, Tschechen, Kroaten, Lausitzer Sorben, Po-
len, Russen, Slowaken und Ukrainern von ihm. Seine
Übersetzung des 6. Gesangs der Ilias (1867) sowie
auch Übersetzungen aus dem Tschechischen, Polni-
schen und Ukrainischen und zwei eigene epische Ver-
suche, Mala Furlanka [Die kleine Friulanerin] (1867)
und Gostinja [Der weibliche Gast] (1868) erschienen
im Slovenski glasnik. Aus dem Slowenischen ins Rus-
sische sowie aus dem Russischen und Kroatischen ins
Slowenische übersetzte C. hauptsächlich Lyrik. Als
Literaturwissenschafter polemisiert C. in der Zeit-
schrift → Ljubljanski zvon gegen den Realismus. Sein
Beitrag Naše obzorje [Unser Horizont] (LZ 1883), in
dem er das Programm eines sozialkritischen Realismus
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55