Seite - 249 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Dialekt
Ihre richtige Verwendung stellt einen Gradmesser für
gepflegte Sprache und Sprachkultur der Anwender im
gesamten slowenischen Sprachraum sowie der nicht
muttersprachlichen Sprecher im Slowenischen dar.
Mundarten. Die geografisch-linguistisch definierten
Teilbereiche werden als Mundarten (slow. govor/govori)
bezeichnet, während mehrere D. zusammen → Dia-
lektgruppen bilden (können). In Übergangsbereichen
einzelner D. und Dialektgruppen können Übergangs-
formen (slow. prehodni govor bzw. prehodno narečje) auf-
treten (→ Slowenisch in Kärnten/Koroška).
Die slowenischen Kärntner Dialekte (von West
nach Ost und von Nord nach Süd) : → Gailtaler Dia-
lekt/ziljščina, → Rosentaler Dialekt/rožanščina (so wird
literaturüblich der slowenische D. des → Südkärnt-
ner Zentralraumes/Osrednja južna Koroška genannt,
slow. daher auch osrednjejužnokoroško slovensko narečje),
→
Obir-Dialekt/obirsko narečje, →
Jauntaler Dia-
lekt/podjunščina, → Mießtaler Dialekt/mežiško narečje,
→
Remšnik-Dialekt/severnopohorsko-remšniško narečje
– Letztere in Slowenien) bilden nach → Ramovš
eine eigene Dialektgruppe innerhalb der sieben Dia-
lektgruppen des Slowenischen. Die zur Kärntner Di-
alektgruppe zählende Mundart von Kranjska Gora/
kranjskogorski govor bildet eine Übergangsform zum
Dialekt der Gorenjska/gorenjsko narečje und wird litera-
turüblich ausschließlich in Slowenien gesprochen (der
ehemals krainische Ort Fusine in Valromana/Weissen-
fels/Fužine oder Bela peč wurde Italien zugesprochen
und wird heute zum → Val Canale/Kanaltal/Kanalska
dolina gezählt). Der →
resianische Dialekt/rezijansko
narečje in Italien bildet auf einer migrationsbedingten
historischen Gailtaler Grundlage eine durch die an-
grenzenden Dialekte der Primorska bzw. der Venezia
Slava/Benečija beeinflusste Übergangsform.
Das Beispiel der slowenischen Mundart des → Kla-
genfurter Feldes/Celovško polje zeigt die Bedeutung der
wissenschaftlichen Rezeption für die Identifikation
und Erforschung von D. auf. Literaturüblich wird die
Mundart als Teilgröße bzw. als eine der vier Mundarten
des sog. → Rosentaler Dialektes (rožanščina) angese-
hen. Deren geografisches Gebiet wird ethnologisch un-
ter dem Begriff → Rož im Sinne der slowenischen eth-
nologischen Regionalisierung subsumiert. Bereits 1973
wurde die Mundart von Sturm-Schnabl allerdings
klar als eigenständige Mundart definiert. Damit stellt
sich jedoch die Frage nach der Wechselbeziehung zwi-
schen Identifizierung und Benennung bzw. → Name
und Identität auch von D. Denn Bojan-Ilija Schnabl konnte zudem nachweisen, dass die Definition des
»Übergangscharakters« einer Mundart, wie es für diese
Mundart lange galt, eine Frage der kulturhistorischen
Perspektive und Definition und damit der konzeptu-
ellen → Terminologie ist. Im gegenständlichen Fall ist
nämlich das → Klagenfurter Feld/Celovško polje einen
historisch-politischen Kernbereich des → Südkärntner
Zentralraumes/Osrednja južna Koroška, weshalb die
Mundart zudem selbst in jüngster Zeit von Bojan-
Ilija Schnabl auch benannt wurde (slow. poljanščina
Celovškega polja, dt. die Mundart der Poljanci vom
Klagenfurter Feld/Celovško polje, engl. »the dialect
of the Poljanci in the Klagenfurt/Celovec Plain«, fr.
»le dialecte des Poljanci dans la plaine de Klagenfurt/
Celovec«). Aufgrund dieser Überlegungen wurden des-
halb gleichzeitig konzeptuell die Begrifflichkeiten für
den geografischen Südkärntner Zentralraum/Osred-
nja južna Koroška sowie für den slowenischen Dialekt
des Südkärntner Zentralraumes (osrednjejužnokoroško
narečje) alternativ zu den erwähnten literaturüblichen
Begriffen aus den Bereichen der Dialetktologie und der
Ethnologie terminologisch fixiert.
Spezifische dialektologische Terminologie. Die
Kärntner slowenischen Dialekte weisen einige Be-
sonderheiten auf, die sich in der dialektologischen
Terminologie widerspiegeln : So bezeichnet das sog.
→ Akanje die Lautverschiebung von e → a (z. B.
žana ← žena [Ehefrau], zalan ← zelen [grün], praprat
← praprot [Farn]). Die Lautverschiebung → w wird
→ Švapanje genannt (z. B. im jauntalerischen čwawek
für človek ›Mensch‹ oder im Obir-Dialekt hwad für glad
›Hunger‹ und in der Mundart des Klagenfurter Feldes/
Celovško polje am Wortbeginn vor a : asa ves ← Lasja
ves (Lassendorf), anča ves ← Lanča ves (Lanzendorf)
und vor u : ṷuža ← luža [Lacke]). Beim jauntalerischen
→ Štekanje wird vor Demonstrativpronomen und
bei einigen Adverben die standardsprachlich mit t be-
ginnen, ein š vorangesetzt (z. B.: šəta ← ta [diese], šəto
← to [das], ˈšəti ←
ta [dieser], šˈtam ← tam [dort], šˈtək
← tako [so], šˈtˈẹː ko ← toliko [soviel], šˈtọta ← tu tja
[dorthin], šˈnətre ← tu notri [darin]). Beim → Pakanje
wird statt dem slowenischen Bindewort in [und] das
Wort pa [aber] verwendet.
Quellen : U. Jarnik : Obraz slovenskega narěčja u Koruškoj (S uvodom i
opazkami od St[anka]) Vr(aza). In : Kolo I (1842) 41–57 ; J. Scheinig :
Obraz rožanskega razrečja na Koroškem. In : Kres I (1881) 412–415,
459-465, 525–527, 561–536, 617–621, 663–667 ; Kres II (1882) 427–
431, 475–479, 529–532, 582–585, 628–630 ; J. Scheinig : Die Assimi-
lation im Rosentaler Dialekt. Ein Beitrag zur Kärntner-Slovenischen
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55