Seite - 253 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Dialektologie
Nach dieser Logik wären die Wiener oder umgekehrt
die Tiroler gar keine Österreicher (Deutsche, Baiern).
Zahlreiche Isoglossen verbinden dennoch die Kärnt-
nerslowenen mit den Krainern. Übrigens kann jeder
Kärntner Slowene einen Jauntaler von einem Gailtaler
unterscheiden. Insgesamt verlaufen die kärntnerslowe-
nischen Isoglossen, soweit das beim heutigen Stand der
Forschung erkennbar ist (z. B. tedn/nedela »die Woche«,
petat/modlt »beten« mit exakten Angaben aus den 220
Informationspunkten nach Hafner/Prunč), meist in
westöstlicher und nicht nordsüdlicher Richtung.
Lit.: ES (T. Logar : Dialektologija ; V. Smole : Slovenska narečja). – U.
Jarnik : Versuch eines Etymologikons der slowenischen Mundart in Inner-
Österreich. Klagenfurt 1832 ; L. Tesnière : Atlas linguistique pour servir
à l’étude du duel en slovène. Paris 1925 ; F. Ramovš : Dialektološka karta
slovenskega jezika. Ljubljana 1931 ; F. Ramovš : Über die Stellung des
Slovenischen im Kreise der slavischen Sprachen. Helsinki 1932 (Nach-
druck in : Die Slawischen Sprachen 27 [1991] 55–76) ; A. Issatschenko :
Die Dialekte des Jauntales in Kärnten. Wien 1933 (Diss.) ; L. Tesni-
ère : Les diphones tl/dl en slave. In : Revue des études slaves XIII (1933)
51–100 ; F. Ramovš : Historična gramatika slovenskega jezika. VII. Dia-
lekti. Ljubljana 1935 ; F. Ramovš : Kratka zgodovina slovenskega jezika.
Ljubljana 1936 ; A. Issatschenko : Narečje vasi Sele na Rožu. Ljubljana
1939 ; F. Bezlaj : Eseji o slovenskem jeziku. Ljubljana 1967 ; K. Sturm-
Schnabl : Die slovenischen Mundarten und Mundartreste im Klagenfur-
ter Becken. Wien 1973 (Diss.) ; O. Kronsteiner : Die alpenslawischen
Personennamen. Österreichische Namenforschung, Sonderreihe 2.
Wien 1975, ²1981 ; O. Kronsteiner : Die Bedeutung der Lautgruppe dl/l
für die sprachliche Klassifizierung des Alpenslawischen. In : H. D. Pohl
(Hg.) : Opuscula Slavica et linguistica : Festschrift für Alexander Issat-
schenko. Klagenfurt 1976, 217–225 ; O. Kronsteiner : Die slowenischen
Mundarten Kärntens. Topographische Appellativa in Ortsnamen und
im aktiven Wortschatz. In : Österreichische Namenforschung 2 (1979)
36–53 ; S. Hafner und E. Prunč : Lexikalische Inventarisierung der slo-
wenischen Volkssprache in Kärnten (Grundsätzliches und Allgemeines),
[220 Informationspunkte]. Graz 1980 ; H. Goebl : Dialektometrie.
Prinzipien und Methoden des Einsatzes der Numerischen Taxonomie im
Bereich der Dialektgeographie. Wien 1982 ; S. Hafner, E. Prunč : Die
slowenische Volkssprache in Kärnten. Wien 1982 ff. (ÖAW) ; T. Logar,
J. Rigler, Karta slovenskih narečij. Ljubljana 1983 ; H.-D. Pohl : Die
Bedeutung des Slowenischen für die Dialektologie und Onomastik Kärn-
tens (und Osttirols). In : Die Slawischen Sprachen 27 (1991) 147–162 ; B.
Schnabl, Rož, Podjuna, Zilja – in Celovška ravnina. In : Nedelja, priloga
14 dni, 1. April 2011, 4–6.
Otto Kronsteiner
Dialektologie ist jener Zweig der Sprachwissenschaft,
der sich mit der Beschreibung, Klassifizierung und dem
historischen Vergleich von → Dialekten sowie mit der
diese Tätigkeiten betreffenden Theorie beschäftigt.
Die wissenschaftliche Erforschung und Beschrei-
bung der slowenischen Dialekte in Kärnten/Koroška
hat ihre Wurzeln in der nationalen Wiedergeburts- bewegung (→ preporod) des späten 18. Jh.s. Bis dahin
wurden Dialektmerkmale und -unterschiede nur ver-
einzelt erörtert. Schon Primož → Trubar war klar,
dass es im Slowenischen dialektale Unterschiede gab,
und er erwähnt in diesem Zusammenhang die Kärnt-
ner mehrmals in seinen Werken. Adam → Bohorič
war wahrscheinlich der Erste, der eine Eigenart des
Kärntner Slowenischen beschrieb, als er in seiner
slowenischen Grammatik Arcticae horulae succisivae
(Wittenberg 1584) anmerkte, dass die Einwohner
der Gorenjska (Oberkrain) und Kärnten/Koroška im
Wortinnern l durch v ersetzen, wie in kobiva ›Stute‹ für
kobila. Die wichtigste Person für die kärntnersloweni-
sche D. vor dem 19. Jh. war Oswald → Gutsmann. Er
beschrieb in seiner Windischen Sprachlehre (Klagenfurt
1777) und seinem Deutsch-windischen Wörterbuch mit
einer Sammlung der verdeutschten windischen Stamm-
wörter (Klagenfurt 1789) das Kärntner Slowenisch
(hist. → Windisch), kontrastiv zum sog. Krainischen
(Oberkrainerisch). Er verwendete Wörter aus allen slo-
wenischen Dialekten in Kärnten/Koroška, weil er als
Geistlicher viel unterwegs war, und deswegen die ver-
schiedenen Dialekte beherrschte. Eine systematische
Erforschung der Dialekte setzte aber erst in der ersten
Hälfte des 19. Jh.s ein.
Jernej → Kopitar versuchte die slowenische Spra-
che zu definieren und eine → Standardsprache zu
schaffen. Es war sein Anliegen, das Slowenische auf
Grundlage der gesprochenen Sprache zu normieren,
und er war der Ansicht, dass ein solches Unternehmen
nur möglich sei, wenn man die Dialekte selbst erforscht.
In seinem wichtigsten Werk, der Grammatik der Slavi-
schen Sprache in Krain, Kärnten und Steyrmark (Laibach,
1808), spielte das Kärntnerslowenische aber, trotz des
Titels, nur eine beschränkte Rolle.
Der Beginn einer slowenischen D. im engeren
Sinne war eng mit den Kärntner Dialekten verknüpft.
1841 erschien in Russland Izmail I. → Sreznevs-
kijs O narečijach slavjanskich, eine Beschreibung und
Klassifizierung slowenischer Dialekte. Er hatte zuvor
Slowenien und Kärnten/Koroška – teilweise zu Fuß
– durchquert. Die Kärntner slowenischen Einzeldia-
lekte ordnete er erstmals größeren → Dialektgruppen
zu : →
Gailtaler Dialekt (ziljsko narečje), → Rosentaler
Dialekt (rožansko narečje), und → Jauntaler Dialekt (po-
djunsko narečje), wobei er Letzteren Zabelsko-Dialekt
nannte. Den → Mießtaler Dialekt (mežiško narečje) und
den → Remšnik-Dialekt (severnopohorsko-remšniško
narečje) erwähnte er als Übergangsdialekte zu den stei-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55