Seite - 260 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Dobrovc, Josef
Josef Dobrovský von Jan
Vilímek (NUK/Wiki)
Dobrovc, Josef (Kanonikus, Kulturaktivist), → Lipa,
Katoliško izobraževalno društvo [Katholischer Bildungs-
verein Lipa (Linde)].
Dobrovnik, Franc, vlg. Krevčev (Wiederndorf/Vidra
vas), Bibliothekar, Kulturaktivist, → Edinost Pliberk.
Katoliško slovensko izobraževalno društvo Edinost v Pli-
berku [Katholischer slowenischer Bildungsverein Edi-
nost (Einheit) in Bleiburg].
Dobrovnik, Maria (Sängerin im Kirchenchor), → Lie-
dersammlung, handschriftliche.
Dobrovský, Josef (* 17. August 1753 Gyarmaty [Un-
garn], † 6. Jänner 1829 Brno), tschechischer Philologe,
Begründer der Slawistik, Theologe.
D. wurde als Sohn einer tschechischen Familie, die
in Ungarn lebte, geboren, die aber bald nach Böhmen
übersiedelte. Nach dem Abschluss des Gymnasiums
studierte er Theologie und Sprachwissenschaft in Prag
und trat 1772 in den → Jesuitenorden ein. Er war als
Privatlehrer und Priester tätig und wurde gegen Ende
des 18. und im ersten Viertel des 19. Jh.s zur Zentral-
figur der tschechischen sprachwissenschaftlichen und
nationalen Erneuerungsbewegung. Er starb während
eines Besuches 1829 in Brno.
Zunächst waren Bibelstudien sein zentrales Inte-
resse. Bereits 1776 publizierte er seine erste wissen-
schaftliche Arbeit in lateinischer Sprache. Die Fachwelt
nahm ihn 1778 wahr, als er nachwies, dass eine dem
Evangelisten markus zugeschriebene Handschrift viel
jünger war, als man vermutet hatte (Fragmentum Pra-
gense Evangelii S. Marci, Prag 1778). Seit 1779 galt sein
Hauptinteresse der tschechischen Sprache und Lite-
ratur. Die Rechtschreibnormen, die im Tschechischen
gegen Ende des 16. Jh.s eingeführt worden waren, hielt
er für richtig und lehnte laufende Änderungen ab. D.
selbst schrieb in frühen Jahren lateinisch, später haupt-
sächlich deutsch, die tschechische Sprache verwendete
er erst im letzten Lebensabschnitt.
Mit seinen sprachhistorischen, grammatikalischen
und lexikalischen Studien regte er auch die sloweni-
schen Aufklärer an, den slowenischen Wortschatz zu
sammeln und zu systematisieren, die → Grammatik
der slowenischen Sprache zu bearbeiten und die Recht-
schreibung zu erneuern (→ Schrift). Demzufolge wur-
den viele tschechische Wörter in die slowenische Stan-
dardsprache aufgenommen. Durch seine große Bildung
und sein Kritikvermögen hat D. das kulturelle Leben der Slowenen vielschichtig beeinflusst. In der Ge-
schichte der Slowenistik hat sich D. einen bedeutenden
Platz erworben, insbesondere an der Seite von Jernej
→ Kopitar. Aus der zwischen den beiden geführten
zwanzigjährigen Korrespondenz ist ersichtlich, dass die
beiden Gelehrten damals aktuelle slawistische und slo-
wenistische Probleme diskutierten, unter anderem die
Edition der eben erst entdeckten → Freisinger Denk-
mäler über die D.s besondere, mittelbare Verbindung
zur Wiener Slawistik zum Ausdruck kommt.
Seine Grammatik der tschechischen Sprache be-
einflusste die slowenischen Schriftsteller, Gramma-
tiker und Lexikografen, wie einen Valentin → Vod-
nik, Matevž → Ravnikar, Peter Dajnko, Anton
→ Murko, und auch einen Anton → Janežič, Matej
→ Cigale und Maks Pleteršnik (→ Lexikogra-
fie). D.s intensiveres Studium der slawischen Spra-
chen setzte um das Jahr 1800 ein. Ab 1806 gab er die
Zeitschrift Slawin heraus, 1814/1815 die Zeitschrift
Slovanka. Als erste moderne tschechische Grammatik
gilt das 1809 erstmals erschienene Werk Ausführliches
Lehrgebäude der böhmischen Sprache zur gründlichen Er-
lernung derselben für Deutsche, zur vollkommenen Kennt-
nis für Böhmen (Prag 1809, 21819).
1822 veröffentlichte D. die erste moderne Gramma-
tik des Altkirchenslawischen Institutiones linguae slavi-
cae dialecti veteris (Wien 1822). Aufgrund dieses Werks
gilt er als der Begründer der Slawistik.
Wie V. Jagić meinte, hatte sich D. als Erster zum
Ziel gesetzt, alle slawischen Sprachen und → Dialekte
auf der Grundlage des → Altkirchenslawischen (→ Bi-
bel) zu untersuchen und die slawischen Literaturen, Al-
tertümer sowie die slawische → Folklore zu erforschen.
Im Jahre 1929 fand anlässlich seines 110. Todestages in
Prag der erste Slawistenkongress statt.
Werke : Corrigenda in Bohemia docta Balbini juxta editionem P. Ra-
phaelis Ungar. Prag 1779 ; Böhmische Litteratur auf das Jahr 1779. Prag
1779 ; Über die Einführung und Verbreitung der Buchdruckerkunst in
Böhmen. Prag 1782 ; Über das Alter der böhmischen Bibelübersetzung,
Prag 1782 ; Scriptores rerum Bohemicarum. 3 Bd. Prag 1783–1829 ;
Historisch-kritische Untersuchung, woher die Slawen ihren Namen erhal-
ten haben. Prag 1784 ; Geschichte der böhmischen Sprache und Literatur.
Prag 1792 ; Deutsch-böhmisches Wörterbuch. Prag 1802–1821 ; Glagoli-
tica. Über die glagolitische Literatur. Das Alter der Bukwitza, ihr Muster
etc. Prag 1807 ; Slavin. Beiträge zur Kenntniß der Slavischen Literatur,
Sprachkunde und Alterthümer, nach allen Mundarten. Prag 1808 ; Ent-
wurf zu einem allgemeinen Etymologikon der slawischen Sprachen. Prag
1813 ; Slovanka. Zur Kenntniß der alten und neuen slavischen Literatur,
der Sprachkunde nach allen Mundarten, der Geschichte der Alterthümer.
Prag 1814–1815 ; Mährische Legende von Cyrill und Method. Prag
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55