Seite - 269 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Bild der Seite - 269 -
Text der Seite - 269 -
269
Dreikönigssingen
Drei Könige in Radsberg/
Radiše 2012. Foto: Tomaž
Simetinger
Drei Könige in Vorderberg/
Blače, im Hintergrund die
Sänger, die sie begleite-
ten, 2012. Foto: Tomaž
Simetinger
(slow. kolednica). Die Ansinger (koledniki) erhielten für
gewöhnlich vor allem Speisen wie geräuchertes Fleisch/
Speck, Würste, Eier u. Ä., heute wird Geld gesammelt,
das in der Regel der Missionstätigkeit zufließt. In man-
chen Gailtaler Orten fällt das gesammelte Geld der
sog. konta, der dörflichen Burschenvereinigung zu. In
der Vergangenheit wurden in der Gorenjska (Ober-
krain), der Štajerska (slowenische Steiermark) und in
Kärnten/Koroška bisweilen statt der Ansinglieder auch
kürzere szenische Einlagen dargeboten (Kuret 1998,
483–489).
Der Ursprung des Brauchs ist nicht gänzlich geklärt.
Vermutlich ist das trikraljevsko koledovanje [Dreikö-
nigssingen] auf mittelalterliche Dreikönigsspiele zu-
rückzuführen (Zablatnik 1884, 57–60 ; Kumer und
Šega 2007, 203–204), worauf ein Dreikönigslied aus
Vorderberg/Blače deutet (weitere Ansinglieder wurden
von Z. Kumer in den Bänden der Sammlung Slovenske
ljudske pesmi Koroške [Slowenische → Volkslieder in
Kärnten] publiziert.)
Sem so prišli krali trija, krali trija,
joj, Gašpar, Melihar, Bolatižar,
joj, Gašpar, Melihar, Bolatižar.
Sem so prinesli ofer liəp, joj, ofer liəp :
miro, miro, čisto zlato,
miro, miro, čisto zlato.
Tan je eno detece rojano, joj rojano,
tega krala nebeščega.
Das Ansinglied ist nämlich eine Variante des Ein-
leitungsliedes des Dreikönigsspiels, das im 19. Jh. in
Železniki in der Gorenjska zur Aufführung kam. Ein
ähnliches Lied veröffentlichte 1607 Fra Gregorio
Alasia da Sommaripa (ca. 1578–1626) in seinem italienisch-slowenischen Wörterbuch. Er lebte damals
in Duino/Devin am westlichen Rand des slowenischen
ethnischen Territoriums.
Im Gegensatz dazu bezeichnete N. Kuret das Drei-
königssingen als gänzlich neue Erscheinung, die in
Mitteleuropa in der ersten Hälfte des 16. Jh.s anzutref-
fen ist. Der Brauch hätte demnach seinen Ausgang als
Privileg der Schüler vor allem der Schulen in den Städ-
ten gefunden, da er mit dem Sammeln von Mitteln für
die materiellen Bedürfnisse von ihnen selbst und ihrer
Lehrer in Verbindung stand (Kuret 1986, 224–226).
Der älteste Bericht über das Dreikönigssingen im
slowenischsprachigen Teil Kärntens reicht ins Jahr 1641
zurück, als der Landrichter die Ansinger in St.
Egyden/
Šentilj bei Rosegg/Rožek dafür bestrafte, dass sie nicht
zuvor eine Genehmigung eingeholt hatten. Im selben
Jahr zerschlug ein Einheimischer in Afritz (Cobrc) den
Stern der Ansinger, worauf er 4 Gulden Strafe zahlen
musste (Kuret nach Moser 1986, 228).
Eine Besonderheit stellt das Dreikönigssingen im
→ Gailtal/Ziljska dolina dar, weil darin noch die alte
slowenische Bezeichnung des Brauches, kralvanje, er-
halten ist (vgl. auch Kumer 1981, 52). Dabei sind
mehrere Varianten dieses kralvanje überliefert.
In der Vergangenheit, stellenweise noch heute, führte
die Ansinger ein mit einer → Gailtaler Frauentracht
(ziljska ženska noša) verkleideter Bursche an, dessen
Gesicht verschleiert war. Am Wanderstab trug er einen
beleuchteten Stern, den er ständig drehte. Dieser wurde
Šmarjeta, Šmarjetica oder Čəmarjeta genannt. Einmal
begleitete ihn ein als Harlekin verkleideter Mann, ge-
nannt Šmarjetnjak, mandlc [von dt. dialektal Männ-
chen] oder bajblc [vom dt. Weib].
Die Drei Könige verkleiden sich noch heute mit bo-
denlangen weißen Überhängen, tragen an der Taille
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55