Seite - 278 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Duhovna bramba
Duhovna bramba, Stephan
Bachter
Duhovna bramba, dt. der »Geistliche Schild«, Texte
zur Abwehr von Unheil und zum Schutz gegen aller-
lei Gefahren. Die D. b. spiegelt die magische Weltsicht
ihrer Zeit wider und erfährt ihre Blütezeit im Spät-
mittelalter und im 18. Jh. In Europa kursierten damals
neben illegalen, christlich-magischen, mit volkstümli-
chen Aberglauben vermischten Grimoires (Zauberbü-
chern) auch variantenreiche Schriften und Bücher, die
Apokryphen, Segenssprüche, magische Gebete, An-
rufungen von Heiligen, (Schutz-)Beschwörungen u. a.
enthielten. Die anonym erschienenen volkstümlichen
Büchlein wurden zur Untermauerung ihrer Glaubwür-
digkeit unter dem Namen von Päpsten veröffentlicht.
Der deutschsprachige wahre Geistliche Schild (1647), der
in zahlreichen Ausgaben vorliegt, ist eine mit abergläu-
bischen Stoffen durchsetzte Übersetzung des lateini-
schen Gebetbüchleins »Leo Magnus, Hoc in enchiridio
manualive, pie lector, proxime sequenti habentur septem
psalmi poenitentiales, oratio devota Leonis papae, oratio
sancti Augustini : aliquot item orationes adversus omnia
mundi pericula« (Romae 1525), das von Papst Leo X.
bestätigt wurde. In die deutschen und auch französi-
schen Übersetzungen flossen allmählich andere Inhalte
ein. Ein bekanntes Beispiel einer späteren Ausgabe ist
das Enchiridion manuale Leonis papae (Roma 1740), auf
dessen Grundlage u. a. der »Geistliche Schild« und die
auf deutschen Vorlagen beruhenden, variantenreichen
Schriften der D. b. und des → Kolomonov žegen [Co-
lomanisegen] basieren. Nach Grafenauer (1943) ist
der Kolomonov žegen einige Jahre älter als die Erstaus-
gabe der D. b.
Inhaltlich geht es bei der D. b. nach Kidrič
(1929/38) um Texte zur Abwehr von Unheil, Gefah-
ren und Feinden. Das Büchlein versprach besonders
den Reisenden und Pilgern Hilfe bei allen Gefahren
zu Wasser und Land sowie Schutz vor allen Feinden,
die ihnen begegnen könnten. Das Büchlein war v.
a. für
Wallfahrer, die zu den in Köln, Aachen und Trier ver-
ehrten Reliquien pilgerten, bestimmt. Der im Büchlein
enthaltene Segen zu Wasser und Land steht ständig in
Beziehung zu diesen Orten. Druck- und die angebli-
chen Approbationsorte des »Geistlichen Schildes« bzw.
der D. b. sind Köln und Trier oder Orte, die auf dem
Weg von den Alpen- bzw. Sudetenländern zu diesen
Wallfahrtsorten liegen, wie z. B. Mainz und Prag.
Die D.
b. setzte sich in der Regel nach Grafenauer
(1943) aus folgenden Texten zusammen : Duhovna
bramba [Geistlicher Schild], Žegen na vodi in na suhem
[Heiliger Segen zu Wasser und zu Land], Duhovna vahta [Geistliche Schild-Wacht] und Sv. maša [»An-
dächtig Weis dem Amt der Hl. Meß nützlich beyzu-
wohnen«]. Dieses Büchlein wurde mehrfach und in
wechselnden Zusammenstellungen gedruckt. Die mit
der Jahreszahl 1740 datierte Kärntner slowenische
Fassung der D. b. (Duhouna branua) umfasst die ersten
drei zuvor genannten Titel und einen weiteren Zusatz,
der z. B. in einer deutschen Fassung des »Geistlichen
Schildes« von 1791 nicht aufscheint. In der von Gra-
fenauer (1943) untersuchten steirisch-slowenischen
Version mit dem Erscheinungsjahr 1705 finden sich
hingegen alle vier Texte. Slowenische Druckfassun-
gen des »Geistlichen Schildes« (Duhouna bramba) sind
in überregionalsprachlichen Varianten aus Kärnten/
Koroška und der Steiermark/Štajerska überliefert. Die
Kärntner Drucke sind u. a. mit den Jahreszahlen 1740,
1747, 1810 und 1820 versehen, der steirische mit dem
Jahr 1705 oder auch ohne Jahresangabe aus der Zeit um
1835 stammend.
Die D. b., in Kärnten/Koroška Duhouna branua, aus
der Mitte des 18. Jh.s, repräsentiert nach dem Kolo-
monov žegen [Colomanisegen] das erste gedruckte
Büchlein in der Sprache der Kärntner slowenischen
bukovniki (→ Bukovništvo). Für die Verbreitung die-
ser apokryphen, abergläubischen (aber auch religiö-
sen), auf Vorlagen basierenden Volksliteratur sorgten
die Kärntner Volksliteraten bukovniki aus bäuerlich-
handwerklicher Sphäre. Einzeltexte oder Passagen un-
terschiedlicher Länge aus diesem Büchlein kursierten
zudem in unzähligen handschriftlichen, voneinander
abweichenden Versionen. Sprachlich widerspiegeln sie
individuelle Besonderheiten des jeweiligen Schreibers
und, je nach Entstehungszeit, mehr oder minder stark
ausgeprägte Charakteristika der kryptoprotestanti-
schen literarischen Tradition (→ Protestantismus). Es
finden sich in ihnen dialektale Besonderheiten des un-
teren → Gailtales/Ziljska dolina in der Übergangszone
zum → Rosental/Rož (→ Rosentaler Dialekt/rožanko
narečje und →
Gailtaler Dialekt/ziljsko narečje), aber
auch aus dem Dialekt der Regionen Gorenjska und
Dolenjska (Ober- und Unterkrain).
Mithilfe computergestützter Untersuchungen
konnte von Maurer-Lausegger (1992) wissen-
schaftlich belegt werden, dass die Texteinheit Duhouna
vahta [Geistige Schild-Wacht] von Andrej → Schus-
ter – Drabosnjak eine grundlegende sprachliche
Überarbeitung und Adaptierung der gedruckten Du-
houna vahta [Geistlichen Schildwacht] darstellt. Ein-
zelne Texte aus diesem Büchlein finden sich z. B. auch
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55