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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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315 »Entethnisierung« Franz Krahberger gleiten in pseudowissenschaftliche Geschichtsideo- logie. Zudem führt der solchermaßen systematische Ausschluss eines der zentralen Aspekte der Geschichte und gesellschaftlichen Verhältnisse im Land zu unrich- tigen bzw. wissenschaftlich nicht haltbaren Resultaten. Es liegt auf der Hand, dass eine genaue Abgrenzung zu einer epistemologisch durchaus indizierten Perspek- tivverengung und Fokussierung bisweilen schwierig ist. Zudem würde ein entsprechendes Mainstreaming zur Überwindung der E. in der Wissenschaft einen aktiven kognitiven Prozess und Wandel erfordern. Beispielhaft für E. seien verschiedene deutschspra- chige Biografien von Slowenen/Personen angeführt, die nicht primär ethnopolitisch engagiert waren, so jene des Landschaftsmalers Markus →  Pernhart vom Viktringer Künstlerkreis (Vetrinjska šola umetni- kov), des Flugzeugpioniers Josef →  Sablatnig und der Bischöfe Franz K. →  Luschin/Lušin und Jakob P. →  Paulitsch/Paulič oder der Vertreter des Nöt- scher Kreises (Čajnska šola umetnikov) Franz Wiegele. Deren slowenische Herkunft wird in der Regel nicht einmal thematisiert (im slowenischen Nekrolog ge- zeichnet von Anton M. →  Slomšek wird hingegen Lušin als erster slowenischer Bischof aus Kärnten/ Koroška erwähnt, dem Paulič folgte). Als Slowenen/ slowenisch werden demnach nur politisch aktive Per- sonen oder Gruppen dargestellt, der Rest sind »nur« Kärntner. Hinzu kommt, dass aufgrund der gesell- schaftspolitischen Konstante im Land, wonach gesell- schaftlicher Aufstieg zwingend konditioniert ist mit der Verneinung der slowenischen Herkunft und Spra- che (→  Assimilationszwang), und die Slowenen selbst gezwungen waren, ihre ethnische Herkunft im öffent- lichen Raum gänzlich zu verschweigen und so zur E. beitrugen (→  Kryptoslowenen). Die E. manifestiert sich auch im Nicht-Gebrauch slowenischer Ortsnamen ebenso wie im inflationären Gebrauch einer ungenauen Terminologie, wo klare Begriffe zur wissenschaftlichen Erkenntnis beitragen würden (→  Alpenslawisch (alpskoslovansko), →  karo- lingisch/karolingerzeitlich, →  slawisch, →  windisch oder →  gemischtsprachig). So heißt es im »Kurzen Abriss der Kärntner Geschichte vom Frühmittelalter bis 1920« von F. W. Leitner im Museumsführer des Kärntner Landesmuseums : »Eine mehr als tausend Jahre währende Schicksalsgemeinschaft der slawischen (sic !) und deutschen (sic !) Volksteile im Lande hatte bei gegenseitiger Toleranz ein gemeinsames Kärntner Heimatbewusstsein entstehen lassen, welches allein den positiven Ausgang der Abstimmung für Kärnten und damit für Österreich als Sieg buchen konnte.« Ein weiteres Eingehen auf spezifische Aspekte der sloweni- schen →  Kulturgeschichte wird im gesamten zitierten Werk vergeblich gesucht. Ein Mittel der E. in der Geschichtsschreibung ist auch die Wahl des Themas und dessen Eingrenzung, die jeden Bezug zu Fragen der kulturgeschichtli- chen Relevanz und Kontinuität obsolet erscheinen lässt. Beispielhaft dafür ist die Objekteinführung und Themendarstellung der für die karantanische, Kärnt- ner und slowenische Kulturgeschichte bedeutenden Flechtwerksteine (slow. pleteninasti kamni, pleterji) aus →  frühmittelalterlichen Kirchen in Kärnten/Koroška und weiterer Artefakte des →  (karantanisch-)Köttla- cher Kulturkreises (in drei Wandvitrinen) im Kärntner Landesmuseum (Ausstellungsstand August 2011, 2014 im Umbau begriffen) unter dem irreführenden Titel »Gotenherrschaft und Karantanien«. Auf insgesamt 39 Zeilen wird zunächst von den Goten (ohne Objektbe- zug) geschrieben, auf 19 Zeilen von den Karantane(r) n, wobei vor allem die suggestiven Inhalte auffallen : Germanische Vorgeschichte, Rechristianisierung durch das bairische/deutsche Erzbistum Salzburg (Reger- manisierung), Karantanen auf romanischem Substrat mit awarisch-byzantinischen und fränkischen Waffen (also ohne Eigenständigkeit im weitesten Sinn und mit abgeschlossener Geschichte zwischen 590 und 828), bairisch-deutsche Geschichte ab 828 (quasi in der Tra- dition der gotisch-germanischen Kontinuums). Karan- tanien erscheint als historisch kurzfristige Erscheinung ohne nachhaltige Auswirkung : »… Um das Jahr 600 kam es bei Aguntum (Lienz) zu heftigen Kämpfen zwischen Baiern und Slawen, die – von den Awaren bedrängt und abhängig – spä- testens um 590 im Ostalpenraum seßhaft geworden waren. Auf romanischem Substrat, das die stereotypen Trachtenelemente vom Typ Köttlach entscheidend prägt, vollzog sich in wenigen Generationen im Kon- flikt mit der Kirche die Ethnogenese der Karantanen (ca. 590–828). Von den Awaren bedroht, riefen sie 741 den baierischen Herzog Odilo zu Hilfe und kamen mit den Baiern 749 unter fränkische Oberherrschaft. Hohe militärische Würdenträger (ban) trugen im frühen 8. Jh. awarisch-byzantinische Militärgürtel und fränki- sche Waffen, Zeugnis einer eigenständigen Stellung der Karantanen zwischen Franken und Awaren. Die Rechristianisierung vom baierischen Erzbistum Salz- burg aus scheiterte in einem ersten Anlauf unter Chor-
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Untertitel
Von den Anfängen bis 1942
Band
1: A – I
Autoren
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
542
Kategorien
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
  2. Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
  3. Geleitwort von Johannes Koder 9
  4. Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
  5. Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
  6. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
  7. Verzeichnis der Siglen 40
  8. Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
  9. Editoriale Hinweise 51
  10. Lemmata Band 1 A – I 55
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