Seite - 359 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Frauenfrage
Buchcover, Drava Verlag
verlange die moderne Idee der Nationalität auch eine
national gebildete Frauenschaft. Auch Pavlina → Pajk
unterstrich im Kres 1884 die Notwendigkeit der (dem
familiären und sozialen Status entsprechenden) weib-
lichen Bildung. Nationaler Fortschritt sei unmöglich,
wo Frauen in Unwissen aufwachsen, wobei die Bildung
des Herzens wesentlicher sei als die des Verstandes.
Frauen seien die für die Aufzucht und Erziehung des
Nachwuchses geschaffene Hälfte der Menschheit, und
Mutter und Familie böten die wichtigste praktische
Erziehung der Mädchen zur sparsamen Hausfrau, lie-
benswürdigen Ehefrau und vorbildlichen Mutter.
Die im Slovenski prijatel bis zu den 1880er-Jahren
veröffentlichten Predigten illustrieren das kirchliche
Frauenbild. Die brave christliche Mutter, Ehe- und
Hausfrau sollte den Haushalt fleißig und klug besorgen,
dem Ehemann treu sein, ohne Widerworte zu geben,
in göttlichen Dingen fromm und inbrünstig sein und
ihre Kinder ein gottgefälliges Leben lehren. Ähnlich
propagierten die Goldenen Lehren für slowenische
Hausfrauen im →
Koledar Mohorjeve družbe für das Jahr 1904 die sanfte, ergebene, nicht herrschsüchtige,
sondern nachsichtige Ehefrau, die jeden Tag mit einem
Gebet beginnt und beendet, sich am liebsten um Haus-
halt, Kinder und Familie kümmert und ihre Heimat
und → Muttersprache liebt.
Die Zeitung →
Mir beschäftigte sich seit der Jahr-
hundertwende verstärkt mit der Bedeutung der natio-
nalen Frauenschaft. Das Volk erwarte von den Frauen
nationale Begeisterung, es erwarte, dass die Mütter den
Kindern die Liebe zu Gott und Heimat einimpfen, und
es erwarte, dass Hausfrauen beim Einkauf heimische
Produkte und Händler bevorzugen. Frauen, die nicht
Slowenisch sprachen, wurden angeprangert, denn wenn
sich Sloweninnen schon beim Gespräch untereinander
der Sprache schämten, die sie ihre Mutter lehrte, dann
drohe das Ende. Der → Korošec wandte sich auch an
die Kärntner Hausfrauen, damit sie brave Slowenin-
nen bleiben und werden. Vor der Volkszählung 1910
verlangte er von der slowenischen Mutter, die ihre
Kinder der Heimaterde bewahren will, nicht zu ver-
leugnen, dass sie eine unerschütterliche Slowenin ist.
Der → Koroški Slovenec bezeichnete in der Zwischen-
kriegszeit die Mutter als Verteidigerin des Heimes und
Bewahrerin des Wohlstandes, des Glaubens und des
Volkes, wobei die Familie die erste slowenische Schule,
der erste Leseverein sein sollte. Er warnte vor der ge-
fährlichen Krankheit des Geburtenrückgangs, die unter
dem Slowenentum in Kärnten der doppelten Aufmerk-
samkeit bedürfe, da der nationale Kampf in einer jeden
Familien gewonnen werde (→
Publizistik).
National geprägt war auch der Eintritt der (Kärnt-
ner) Sloweninnen ins öffentliche Leben und ihre gesell-
schaftliche und politische Teilhabe und Organisierung
unter den in der Habsburgermonarchie herrschenden
ungleichen Rahmenbedingungen für Frauen (kein
allgemeines und gleiches Wahlrecht, Verbot der Mit-
gliedschaft in politischen Vereinen) (→ Wahlordnun-
gen, → Wahlkreiseinteilungen). Kärntner Sloweninnen
waren Unterzeichnerinnen der Petitionen für ein Ver-
eintes Slowenien (→ Zedinjena Slovenija) 1848, Teil-
nehmerinnen der Kärntner → Tabor-Versammlungen
1870/71 und Mitglieder des slowenischen Schulvereins
→ Družba sv. Cirila in Metoda. Kärntner slowenische
Frauenvereine oder Frauenzeitschriften gab es im 19. Jh.
nicht. Doch verzeichnete die in → Trieste/Trst/Triest
1897–1902 erscheinende erste slowenische Frauenzeit-
schrift Slovenka 1899 unter ihren 508 Abonnements
fünf in Kärnten. Auch im Mir wurde zur Abonnierung
der Slovenka aufgerufen, die zeitweise Kärntner The-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55