Seite - 362 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Freising
Brižinski spomeniki
Freising. Das Bistum F. wurde 739 im Zuge der bai-
rischen Diözesanorganisation gegründet. Bistumspa-
tron ist der hl. Corbinian. Im Frühmittelalter hatte
der Adelsverband der »Huosi« bestimmenden Einfluss
auf die Entwicklung des Bistums F. Dieses besaß seit
dem ausgehenden 8. Jh. mit → Innichen im Pustertal
ein Missionszentrum (Kloster bzw. später Stift und
Hofmark), das auch für → Karantanien/Kärnten von
großer Bedeutung war. So befanden sich Besitzungen
von F. am Wörther See/Vrbsko jezero (Erstnennung
von [Maria] Wörth/Otok um 880 : ad Weride) und in
Oberkärnten/Zgornja Koroška (bis um 1600). Unter
Bischof → Abraham (957–993) erwarb F. umfangrei-
chen Besitz südlich der Drau/Drava : im Dolomiten-
raum die Grafschaft Cadore (bis 1508) und – vor allem
– in Oberkrain/Gorenjska das Gebiet um Škofja Loka
(Bischoflack), das zu einer großen Grundherrschaft
ausgebaut wurde ; diese gehörte bis zur Säkularisation
1803 zum Hochstift F., während andere Besitzungen
im heutigen Slowenien (in Unterkrain/Dolenjska ;
kurzzeitig auch in Nordistrien) früher verloren gegan-
gen waren. Im Zuge der Missionstätigkeit von F. in
Karantanien bzw. →
Krain/Kranjska entstanden auch
die sog. → Freisinger Denkmäler (Brižinski spomeniki).
Seit dem ausgehenden 10. Jh. erwarb F. auch wich-
tige Besitzungen östlich der Enns (vgl. Nennung von
→ Ostarrichi 996) sowie im frühen 11. Jh. in der Ober-
steiermark (Wölz- und Katschtal). Bischof Otto (I.)
von F. (1138–1158), im Zisterzienserorden geformter
Geschichtsdenker und Zeithistoriker, wirkte auch als
Kirchenreformer ; u. a. erhob er um 1146 die Pfarrkir-
che Maria Wörth/Otok zu einem Kollegiatstift, dessen
Propstei bis ins 16. Jh. bestand. Einer der Filialkirchen-
orte des Kollegiatstifts, Schiefling/Škofiče, erinnert
namentlich an das Bistum F. Nach der Säkularisierung
1803 wurde in Nachfolge der Diözese F. 1821 das Erz-
bistum München und F. mit der Bischofsresidenz in
München errichtet.
Lit.: J. Maß : Das Bistum Freising im Mittelalter. München 21988 ;
G. Schwaiger (Hg.) : Das Bistum Freising in der Neuzeit. München
1989 ; H. Glaser (Hg.) : Hochstift Freising. Beiträge zur Besitzgeschichte.
München 1990 ; A. Ogris : Die Kirchen Bambergs, Freisings und
Brixens in Kärnten. In : Kärntner Jahrbuch für Politik (2000) 139–153,
bes. 140–143 ; M. Heim : Bistum Freising. In : Die Bistümer des Hei-
ligen Römischen Reiches von ihren Anfängen bis zur Säkularisation.
Ein historisches Lexikon. Hg. von E. Gatz unter Mitwirkung von
C. Brodkorb und H. Flachenecker. Freiburg i. Br. 2003, 210–222 ; A.
Krah : Die Handschrift des Cozroh. Einblicke in die kopiale Überlieferung
der verlorenen ältesten Archivbestände des Hochstifts Freising. In : Archi-
valische Zeitschrift 89 (2007) 407–431 ; Die Regesten der Bischöfe von Freising. Band 1 : 739–1184. Bearbeitet von A. Weißthanner, fortge-
setzt und abgeschlossen durch G. Thoma und M. Ott. München 2009.
Harald Krahwinkler
Freisinger Denkmäler (FD), slow. Brižinski spomeniki
(BS), drei → altslowenische (→ karantanerslowenische)
Texte in einem sonst aus lateinischen Texten bestehen-
den Kodex verschiedenen Inhalts aus der Dombiblio-
thek →
Freising, welcher seit 1803 unter der Signatur
Clm 6426 in der Bayerischen Staatsbibliothek Mün-
chen aufbewahrt wird. Der Pergament-Kodex ist ein
»Missionshandbuch« des Freisinger Bischofs → Ab-
raham († 994). Er enthält Predigten, liturgische Texte,
sowie einige Texte aus dem kirchlichen und weltlichen
Recht in lateinischer Sprache. Auf neun der 338 Seiten
finden sich die in der Slawistik so benannten FD. Der
Kodex wurde offenbar aus älteren Salzburger Vorlagen
zusammengestellt und in der Seelsorge des Bistums
Freising, das in →
Karantanien Besitzungen hatte, ver-
wendet. Im 10. Jh. wurden auch noch im südwestlichen
Niederösterreich, im Raum Neuhofen (→
Ostarrichi/
Ostriki, 996 ; Windischendorf), um Amstetten und
Waidhofen an der Ybbs, wo Freising mit Schenkungen
bedacht wurde, slowenische (bzw. altslowenische, kara-
tanerslowenische) Dialekte gesprochen.
Text I und III sind Beichtformeln, Text II eine
Beicht-Predigt (adhortatio ad poenitentiam). Die Texte
I und III waren von den Gläubigen nachzusprechen
und offenbar den Priestern und dem »Volk« in mündli-
cher Überlieferung vertraut. Literaturüblich wird nicht
unterschieden zwischen dem Alter des Kodex, den Bi-
schof Abraham zusammenstellen ließ, dessen Hand-
schrift des Textes aufgrund der Schriftform (karolin-
gische Minuskel) auf das 10. Jh. weist, und dem Alter
des Originaltextes selbst, der wahrscheinlich schon im
8. Jh. so formuliert, von den Salzburger Priestern in der
Seelsorge benützt wurde (→ Schrift, →
karolingisch).
Andere Texte, die es sicher gab (→ Kiewer Blätter),
dürften verschwunden oder bei Bibliotheksbränden
vernichtet worden sein : Eine sehr wahrscheinliche
Vermutung, für die es keinen üblichen Beweis gibt.
Gottesdienste ohne Texte sind jedenfalls kaum vor-
stellbar. Im Papstbrief der → Methodvita wird aus-
drücklich darauf hingewiesen, dass schon vor Kyrill/
Method die Lesung und das Evangelium (→ Bibel)
»wie bisher« auf Lateinisch und Slowenisch erfolgte.
Die Kiewer Blätter, literaturüblich : ältester slawischer
Text, sind möglicherweise eine glagolitische Translite-
ration eines in lateinischer Schrift vorhandenen slowe-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55