Seite - 374 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Fürstenstein
Markus Pernhart, Karnburg/
Krnski Grad mit dem Fürsten-
stein in situ, KLA
Herzogstuhl (Westseite)
nach Megiser, Sechstes
Buch der Chronik, S. 483
Appelativ →
windisch, vgl. auch →
Karantanerslo-
wenisch, → altslowenisch). Der Steirer Ulrich von
Liechtenstein (→
Minnesänger) wird im 13. Jh. mit
dem traditionellen kärntnerslowenischen Gruß Bog
vas primi (Gott nehm Euch auf) vom Landesfürsten
begrüßt (→ Buge waz primi gralva Venus). Der karan-
tanerslowenische F. ist auf der 2-Cent-Münze der Re-
publik Slowenien dargestellt.
Der Brauch, den karantanischen dux auf dem F. ein-
zusetzen (→ Fürsteneinsetzung), besteht offenbar seit
Existenz der karantanerslowenischen → duces Caranta-
norum, zumindest seit Borut († um 750) kontinuierlich.
Ob dieser Brauch einheimischen, slawisch/slowenischen
Ursprungs (→ Rechtsinstitutionen, → Inkulturation)
ist, war Gegenstand geschichtswissenschaftlicher Dis-
pute. Tatsache ist, dass diese Art der Fürsteneinsetzung
weder bei den → Awaren noch bei den anderen Slawen
üblich war. Es handelt sich eindeutig um einen karanta-
nerslowenischen und nicht um einen slawischen Rechts-
brauch, noch dazu auf einer römischen Säule. Der F. ist der Sockel einer abgeschnittenen, umgedrehten römi-
schen Säule, vermutlich aus den zahlreichen Beständen
von Virunum, auf dem der neu gewählte Fürst zu sitzen
hatte. Wieweit das römische Erinnerungen assoziieren
sollte, ist nicht klar. Vielleicht sollte die Verwendung ei-
nes römischen Steines symbolhaft den Machtanspruch in
Noricum und die staatliche → Kontinuität dokumen-
tieren. Bis 1862 war der F. in der Nähe der Kirche von
→
Karnburg/Krnski grad, im Blachfeld (slow. Blažje
polje »Fürstenfeld«, möglicherweise von karantanerslo-
wenisch blag »der Fürst«). Der F. befand sich bis 1905
in situ und wurde dann ohne entsprechende archäolo-
gische Bearbeitung und Kennzeichnung des genauen
Standortes der Entnahme ins Kärntner Landesmuseum
gebracht, was eine unverständliche ethnopolitische Di-
minuierung der Symbolkraft und Verbindung mit der
slowenischen Geschichte darstellt. Seit 2006 ist der F.
im Kärntner Landhaus in Klagenfurt/Celovec aufge-
stellt. Er wurde angeblich 1414 zum letzten Mal unter
Abhaltung des Ritus in slowenischer Sprache benützt.
Der Herzogstuhl ist 1161 erstmals erwähnt als sedes
Karinthani ducatus. Die Zeremonie der Inthronisation
(→
Fürsteneinsetzung) des dux Carantanorum bestand
seit dem 8. Jh. Der Herzogstuhl am →
Zollfeld/Gos-
posvetsko polje ist ein Doppelthron mit gemeinsamer
Rückenwand nach vorn und hinten, aus ebenfalls römi-
schen Steinen. Als Zeit seiner Anfertigung wird das 9. Jh.
vermutet. Die Huldigung auf dem Herzogstuhl wurde
von einigen Herrschern symbolisch angeblich noch bis
1651 vollzogen (→ Herzöge von Kärnten/Koroška).
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55