Seite - 494 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
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Hillinger, Karl
Kräfte zum Schutz vor Zaubersprüchen, Blitzschlag,
Feuer und Unbilden in den Bergen zugeschrieben wer-
den, werden nach deren Segnung während der Messe
in die wartende Menge geworfen. Nach Zablatnik
schützen sie vor Krankheit und Unglück. Wenn sie je-
doch danach zu Hause verschimmeln, droht Krankheit
und Ungemach.
Nach Šega und Kuret geht der → Brauch vermut-
lich auf einen vorchristlichen religiösen Kult zurück,
der im christlichen Glauben über die hl. Agatha rezi-
piert und inkulturiert wurde und in der Folge im loka-
len Rahmen von der Verehrung der H./L. aufgenom-
men wurde. Dafür sprechen dieselben Attribute und
derselbe Gedenktag (5. Februar). Damit ist der Brauch
ebenfalls ein Beispiel für mehrfache → Inkulturation.
Die sizilianische Heilige, Agatha, die den Märtyrer-
tod im Jahr 251 starb, ersetzte die griechisch-römische
Fruchtbarkeitsgöttin Demeter (lat. Ceres). Ihre im
Martyrium abgetrennten Brüste wurden in der Folge
mit runden Brötchen symbolisiert. Die Verehrung der
hl. Agatha wurde über die Staufer in Schwaben und in
die Schweiz verbreitet, ist jedoch nach Kuret in Kärn-
ten/Koroška bei den Slowenen und den »deutschspra-
chigen Nachbarn« nicht üblich. Im → Jauntal/Podjuna
geht der lange Zeit slowenische Brauch wahrscheinlich
auf vorchristliche Kulte zurück, sodass es zu einer Ver-
schmelzung der Überlieferung einer historischen Per-
sönlichkeit, dem Volksglauben und einem Brauch, dem
Striezelwerfen, kommt. Jedenfalls bedurfte es für die
Tradition und die Rezeption des Volksbrauches not-
wendigerweise der Vermittlerrolle des Slowenischen,
zumal das Jauntal/Podjuna jahrhundertelang im slowe-
nischen Binnenland lag und der tief greifende Sprach-
wandel erst im 20. Jh., vielfach erst nach 1945 stattfand
(→ Assimilation und PTBS).
Nach svetniki.org wurde H./L. von der Kirche gewiss
vor 1171 seliggesprochen, im Volksglauben gilt sie als
Heilige, doch ist das urkundlich nicht belegt. Sie zählt
neben der hl. → Hemma von Gurk/Ema Krška,
mit der sie eventuell in einem Verwandtschaftsver-
hältnis steht, zu den beliebtesten Volksheiligen der
Slowenen in Kärnten/Koroška, zu denen slowenische
→ Wallfahrten abgehalten wurden. In der Laurentius-
Kirche in Stein/Kamen ist ihr ein barocker Seitenaltar
gewidmet, der mit der slowenischen → Inschrift Sv.
Liharda prosi za nas [Hl. Hildegard, bitte für uns !] ver-
sehen ist.
Logar weist seinerseits hic loco auf drei hand-
schriftliche → Liedersammlungen (Wolfova-, Partejeva- und Deutschmannova zbirka), in denen das Liharda-
Lied Z andohtjo se vkup zberimo niedergeschrieben ist
sowie auf deren Publikation. Zudem schrieb Ožbolt
→ Ilaunig ein literarisches Werk, das die Legende der
hl. Hildegard von Stein/sv. Liharda Kamenska thema-
tisierte. Das unterstreicht nur die Bedeutung der H./L.
für die slowenische regionale →
Kulturgeschichte.
Dem entspricht zudem die Wahl des Sujets von Stein
im Jauntal/Kamen v Podjuni in einem Landschaftsge-
mälde von Markus → Pernhart.
Lit.: Dehio, 907 ; SEL (P. Šega : Lihardin kruh). – Gottlieb Frhr.
von Ankershofen : Urkunden-Regesten zur Geschichte Kärnthens, Nr.
1–84, s. 770 bis 1000. In : AÖG, Bd. 1, Heft 3. Wien 1848, 24, Nr.
XLVI ; Djanje Svetnikov božjih in razlaganje prestavnih praznikov ali
svetkov / spisali družniki sv. Mohorja, na svetlo dal Anton Slomšek.
2 zv. U Gradcu 1853, 174–177 ; A. M. Slomšek : Izveličana Lihard,
ubogih mila mati, Slovenka. In : Drobtinice za leto 1855. U Celovcu
1855, XI–XV ; J. Scheinigg : Slovenska osebna imena v starih listinah.
In : Izvestja Muzejskega društva na Kranjskem. Hg. Anton Koblar.
Jg. III/sešitek 1 (1893) 11 ; S. Singer : Kultur- und Kirchengeschichte
des Jauntales. Dekanat Eberndorf. Kappel 1936, 287–291 (Celovec
21979) ; K. Dinklage : Hl. Hildegard von Stein. In : Car. I (1975) ; G.
Sorger : Hildegard von Stein. In : Festschrift 1000 Jahre Stein im Jauntal
975–1975. Klagenfurt [1975] ; P. Zablatnik : Čar letnih časov v ljudskih
šegah. Stare vere in navade na Koroškem. Celovec 1984, 33–34 ; N. Ku-
ret : Praznično leto Slovencev 2. Ljubljana 1989, 540–543 ; Z andohtjo
se skup zberimo, to sveto Lihard FC pred 1958. In : E. Logar : Vsaka vas
ima svoj glas III–IV. Celovec 1991, 235 ; Z andohtjo se skup zberimo –
Sveta Liharda, ljudska s Kamna. In : F. Cigan : Mešani zbori [Glasbeni
tisk] : duhovne pesmi. Celovec 1997 ; J. Till : 4 K in Stein im Jauntal in
der Gemeinde St.
Kanzian am Klopeiner See. Klagenfurt/Celovec [e. a.]
2009 ; M. Orožen : Anton Martin Slomšek, Djanje svetnikov božjih –
vzgoja duha, kultura srca in govora v novoslovenskem knjižnem jeziku
sredi 19. stoletja. In : Slavia Centralis Jg. 4, Nr. 1 (2011) 14–47 ; B.-I.
Schnabl : Sveta Liharda Kamenska, »usmiljena mati Slovencev« in njeni
podjunski štručeji. In : Nedelja (27. 1. 2013) 4–5 ; B.-I. Schnabl : Sveta
Liharda Kamenska, »usmiljena mati Slovencev« in njeni podjunski kržeji,
Iz nove velike Enciklopedije slovenske kulturne zgodovine na Koroškem.
In : KMD 2014. Celovec 2013, 48–52.
Web : http://svetniki.org/viri-svetnikov ; G. Graber : Sagen aus Kärn-
ten. Graz 1941 : www.sagen.at/texte/sagen/oesterreich/kaernten/
Graber/hildegard_von_stein.html (3. 1. 2012).
Bojan-Ilija Schnabl
Hillinger, Karl, → Abgeordnete.
Historia Langobardorum [Geschichte der Langobar-
den]. Hauptwerk von Paulus Diaconus, bedeutende
historische Quelle aus dem 8. Jh. n. Chr. In den Jahr-
zehnten zwischen 490 und 568 geriet der Osten des
heutigen Österreich in zunehmendem Maße unter den
Einfluss der Langobarden und unter die Herrschaft ih-
rer Könige. Von dieser Zeit berichtet die H., die Pau-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 1: A – I
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 542
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55