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xviii Einleitung
sowohl in spitzer Keilform als auch in Form einer 2 geschrieben. Charakteristisch ist auch
das große S, das fast in Form einer 8 erscheint.
Mit dem Ende dieser Hand ändert sich der Zustand grundlegend, die Schreiber wech-
seln häufig, teilweise jedes Semester. Zwar gibt es noch Phasen, in denen eine Hand über
einen längeren Zeitraum tätig war, wie zum Beispiel von 1464 I bis 1469 II, doch dann
werden die Schriftwechsel immer häufiger.
Mit dem Wintersemester 1479, unter dem Dekanat von Georgius Steyrecker, ist erst-
mals eine humanistische bzw. humanistisch beeinflusste Schrift in der Juristenmatrikel
nachweisbar73. Wie in vielen anderen gelehrten Einrichtungen ist auch an der Wiener
Juristenfakultät der Einfluss des Humanismus im Laufe des 15. Jahrhunderts bemerkbar.
An sprachlichen Veränderungen lässt sich dies bei einem Verwaltungstext nur schwer fest-
machen, hingegen kann hier eine Schriftanalyse Erkenntnisse bringen.
Merkmale spätgotischer Schriften, wie Brechungen, Bogenverbindungen und Schaft-
verdickungen, werden bei dieser Schrift weitgehend vermieden, hingegen treten humanis-
tische Schriftelemente in den Vordergrund. Das gerade d anstelle des zu Bogenverbindun-
gen neigenden runden d wird in dem betreffenden Dekanat durchgehend verwendet74.
So einheitlich verfährt der Schreiber beim langen Schluss-s hingegen nicht, sowohl das
runde, fast noch brezelförmige gotische s als auch das humanistische gerade s finden Ver-
wendung. Weder das charakteristische in Form einer 2 geschriebene gotische r ist hier zu
sehen noch die tironische et-Kürzung in Form einer 7. Gemäß dem humanistischen Ge-
brauch findet sich ein & für et und ein g mit lang in die Unterlänge gehender Schlinge75.
Charakteristisch für diese Hand sowie ganz allgemein für humanistische Gebrauchsschrif-
ten ist das Majuskel-G in der uns geläufigen G-Form, im Gegensatz zum gotischen G, das
wie ein großes B mit einem zusätzlichen Bogen links erscheint.
Steyrecker ließ sich 1438 in Wien immatrikulieren, erwarb 1451 das Lizentiat im Kir-
chenrecht, woraufhin er nach Bologna ging, wo er sich 1453 als Dominus Georgius Steyrecker
de Wienna licentiatus decretorum Pataviensis dyocesis76 in die deutsche Nation eintragen ließ.
Er kehrte daraufhin zurück nach Wien und findet sich im Wintersemester 1456 – nunmehr
zum Doktor promoviert – wieder in der Juristenmatrikel. Dass Steyrecker in Bologna vom
Humanismus beeinflusst wurde, erscheint wahrscheinlich, die humanistisch geprägte Schrift
könnte die Folge des Italienaufenthaltes gewesen sein. Somit liegt die Vermutung nahe, dass
er als Dekan den Eintrag selbst geschrieben hat. Doch leider liegen die Dinge nicht so ein-
fach, die eben beschriebene Hand von 1479 II77 taucht nämlich wenig später wieder auf,
und zwar in Zusammenhang mit anderen Dekanen, und ist mit Unterbrechungen bis in das
Wintersemester 149278 nachweisbar. Damit muss die eben beschriebene Vermutung aufge-
geben werden79, vor allem weil Steyreckers Todesjahr 1479 bekannt ist80. Denkbar wäre bei-
73 UAW, MFJ II, fol. 28r.
74 Ausführlich zum d: Steinmann, Vom D, 293–300.
75 Zu den humanistischen Schriften: Frenz, Schriftformen, 335 f. Eine gute Darstellung bei: Wagendor-
fer, Piccolomini, 18 f.
76 Friedländer, Bononiensis, 198; Uiblein, AFT II, 645. Steyrecker war auch Vikar des Propstes zu
St. Stephan; Goldmann, Universität, 70.
77 UAW, MFJ II, fol. 28r.
78 UAW, MFJ II, fol. 36v.
79 Zudem war Steyrecker im Sommersemester 1477, also nur zwei Jahre zuvor und lange nach seinem Ita-
lienaufenthalt, erneut Dekan, die Schrift ist aber eine ganz andere.
80 UAW, MFJ II, fol. 28r. Zudem wurde die Information des Ablebens des Dekans ziemlich sicher von der
Hand des gesamten Eintrages nachgetragen.
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Die Matrikel der Wiener Rechtswissenschaftlichen Fakultät
Matricula Facultatis Juristarum Studii Wiennensis, Band II:1442–1557
- Titel
- Die Matrikel der Wiener Rechtswissenschaftlichen Fakultät
- Untertitel
- Matricula Facultatis Juristarum Studii Wiennensis
- Band
- II:1442–1557
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20255-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 326
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung vii
- 1.1 Forschungsstand viii
- 1.2 Vorhaben und Ziele der Edition x
- 1.3 Die Quelle xi
- 1.4 Der Wert der Quelle – Prosopografische Erkenntnisse xii
- 1.5 Die juridische Fakultät: Studienvoraussetzungen, Studienverlauf und Größe xiv
- 1.6 Paläografische Analyse xvii
- 1.7 „Studium im Ausland“ – Italienaufenthalt und römisch-rechtlicher Einfluss xxi
- 1.8 Statistische Auswertung xxv
- 1.9 Berufliche Wirkungsfelder der Juristen xxxviii
- 1.10 Liste der Dekane xlii
- 1.11 Kurzzitate und Siglen der Quellen und Literatur xlvii
- 1.12 Abkürzungen im Text und in den Registern xlviii
- 1.13 Grundsätze der Edition li
- 1.14 Vorbemerkung zu den Registern lii
- 1.15 Quellen und Literatur liii
- 2. Text der Matrikel 1442–1557 1
- 3. Register 119
- Abstract 259