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Die Matrikel der Wiener Rechtswissenschaftlichen Fakultät - Matricula Facultatis Juristarum Studii Wiennensis, Band II:1442–1557
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xxii Einleitung war ein großer Prestigegewinn verbunden, ließ sich der Studienaufenthalt im Süden doch gut in die Kavalierstour integrieren, die ab dem 16. Jahrhundert ein wichtiger Bestandteil adeliger Erziehung wurde105. Ein weiteres gewichtiges Argument war wohl das Studium des Zivilrechts, das nördlich der Alpen lange nicht oder nicht in ausreichendem Ausmaß betrieben werden konnte. Italien und der Einfluss des Zivilrechts in Wien sind nicht voneinander zu trennen. Der erste wirkliche zivilrechtliche Unterricht an der juridischen Fakultät Wien fand ab 1494 statt. Der aus Venedig stammende Hieronymus Balbus (Balbi) hatte in Rom stu- diert und in Paris unterrichtet, musste die Seinestadt aber wegen gelehrter Kontroversen wieder verlassen106. Im Sommer 1493 immatrikulierte sich Balbi an der Wiener Juristen- fakultät als Doktor beider Rechte, zudem ist der Eintrag mit dem Zusatz versehen, dass Balbi durch den Fürsten (Maximilian I.) berufen worden sei107. 1497 wurde seitens der Regierung erwogen, eine römisch-rechtliche Lehrkanzel auf Kosten des als veraltet er- achteten Kirchenrechts einzurichten, wogegen sich die Universität jedoch wehrte108. Der streitbare Balbi, der auch an der Artistenfakultät Poetik las, blieb nicht lange in Wien, schon wenige Jahre später begab er sich nach Prag109. Obwohl ein lückenloser Unterricht des römischen Rechts in den Folgejahren nicht nachweisbar ist, kann aufgrund der Anwe- senheit zahlreicher Legisten an der Juristenfakultät davon ausgegangen werden, dass sich das Zivilrecht in Wien etabliert hatte. Die Rezeption des römischen Rechts im Reich darf nicht nur im eng rechtswissen- schaftlichen Sinne verstanden werden, wonach die Grundsätze des Corpus iuris civilis Eingang in die hiesige Rechtspraxis fanden, sondern sie bedeutete auch eine allgemeine Verwissenschaftlichung des Rechtsdenkens sowie das Entstehen eines professionellen Ju- ristenstandes im Reich. Infolge der fehlenden territorialen Einheit im Reich vollzog sich die Aufnahme der römischen Rechtsquellen in sehr unterschiedlicher Art und Weise110. Einerseits muss von großen zeitlichen Unterschieden ausgegangen werden, andererseits waren die römisch-rechtlichen Rechtsinhalte durch Studenten in Italien und Frankreich schon lange vor der Gründung der ersten Universitäten nördlich der Alpen bekannt111. Zudem darf nicht übersehen werden, dass zwischen römischem und kanonischem Recht eine enge Verbindung bestand und dass die Kanonisten durchaus mit zivilrechtlichen Quellen und Inhalten vertraut waren112. So darf es auch nicht verwundern, wenn schon vor Beginn des offiziellen zivilrechtlichen Unterrichts in Wien Legisten an der Wiener Juristenfakultät nachweisbar sind113, auch wenn eine zivilrechtliche Graduierung erst nach 1500 in Wien möglich war. Die erste römisch-rechtliche Graduierung an der Wiener Juristenfakultät ist im Winter 1510 vermerkt: Ein gewisser Georg Schappo von Olmütz, späterer Sekretär und Vizekanzler des böhmischen Königs, schloss das Bakkalariat beider Rechte ab114. Die nächsten Graduierungen betreffen Sebald Horneck von Nürnberg (in 105 Matschinegg, Österreicher, 15. 106 Klecker, Balbus, 109. 107 UAW, MFJ II, fol. 37r (1493 I 5). 108 Plöchl, Kirchenrecht, 580; Goldmann, Universität, 121 f.; UAW, AFA III (Ph 8), fol. 394r. 109 Klecker, Balbus, 109. 110 Ranieri, Römisches Recht, 1014 f. 111 Coing, Römisches Recht, 45–52. 112 Coing, Römisches Recht, 69. 113 So werden etwa schon 1448 Nicolaus Symonis de Luczemburg als legum licentiatus und 1460 Wolfgang von Herzogenburg als utriusque iuris doctor bezeichnet. UAW, MFJ II, 1448 I, fol. 5r; 1460 I, fol. 15r. 114 UAW, MFJ II, fol. 51v. Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Die Matrikel der Wiener Rechtswissenschaftlichen Fakultät Matricula Facultatis Juristarum Studii Wiennensis, Band II:1442–1557
Titel
Die Matrikel der Wiener Rechtswissenschaftlichen Fakultät
Untertitel
Matricula Facultatis Juristarum Studii Wiennensis
Band
II:1442–1557
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20255-4
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
326

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung vii
    1. 1.1 Forschungsstand viii
    2. 1.2 Vorhaben und Ziele der Edition x
    3. 1.3 Die Quelle xi
    4. 1.4 Der Wert der Quelle – Prosopografische Erkenntnisse xii
    5. 1.5 Die juridische Fakultät: Studienvoraussetzungen, Studienverlauf und Größe xiv
    6. 1.6 Paläografische Analyse xvii
    7. 1.7 „Studium im Ausland“ – Italienaufenthalt und römisch-rechtlicher Einfluss xxi
    8. 1.8 Statistische Auswertung xxv
      1. 1.8.1 Frequenz xxv
      2. 1.8.2 Graduierungen xxix
      3. 1.8.3 Artes-Studium als Voraussetzung? xxxi
      4. 1.8.4 Soziale Gliederung der Juristen in Wien xxxiii
        1. 1.8.4.1 Adelige Universitätsbesucher xxxiii
        2. 1.8.4.2 Klerus und pauperes xxxiv
      5. 1.8.5 Taxen xxxv
      6. 1.8.6 Regionale Herkunft der Universitätsbesucher xxxvi
    9. 1.9 Berufliche Wirkungsfelder der Juristen xxxviii
    10. 1.10 Liste der Dekane xlii
    11. 1.11 Kurzzitate und Siglen der Quellen und Literatur xlvii
    12. 1.12 Abkürzungen im Text und in den Registern xlviii
    13. 1.13 Grundsätze der Edition li
    14. 1.14 Vorbemerkung zu den Registern lii
    15. 1.15 Quellen und Literatur liii
      1. 1.15.1 Ungedruckte Quellen liii
      2. 1.15.2 Gedruckte Quellen liv
      3. 1.15.3 Literatur lv
  2. 2. Text der Matrikel 1442–1557 1
  3. 3. Register 119
    1. Register der Vornamen 119
    2. Register der Zu- und Ortsnamen 172
  4. Abstract 259
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