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Berufliche Wirkungsfelder der Juristen xli
schen Berater des Stadtrates218. Im Laufe der Zeit entwickelte sich vor allem in den grö-
ßeren Städten ein komplexer Verwaltungsapparat, der immer mehr juristisch gebildetes
Personal erforderte. Die Stadt Wien kann als abschließendes Beispiel dienen, um den
Bedarf an Juristen in der Verwaltung zu zeigen.
Mit den oben bereits erwähnten Martin Siebenbürger und Johannes Gösl wurden
bereits zwei Vertreter in der städtischen Verwaltung beschrieben219. Ein weiterer ist Vic-
tor Gamp(p) aus Wien, ebenfalls mehrfacher Dekan an der Wiener Juristenfakultät, der
auch mit der Verurteilung des Bürgermeisters Siebenbürger in Zusammenhang steht. Der
1489220 geborene Gamp wurde 1502 als Dreizehnjähriger an der Universität immatriku-
liert221 und schloss nach einer siebenjährigen Ausbildung mit einem magister artium im
Jahre 1509 ab. Zwei Jahre später erfolgte die Immatrikulation an der juridischen Fakul-
tät222, 1515 die Promotion zum Doktor beider Rechte223. Im Sommer 1519 wurde Gamp,
der hier als Ordinarius des römischen Rechts bezeichnet wird224, zum Dekan der Fakultät
gewählt, drei Jahre zuvor stand er als Rektor der Universität vor225. Nach dem Tod Kaiser
Maximilians I. und dem Antritt der Herrschaft seiner Enkel Karl (V.) und Ferdinand (I.)
kam es zu ständischem Widerstand einiger niederösterreichischer Adeliger und Wiener
Bürger. Eine Gesandtschaft nach Augsburg zu Karl V. zur Klärung der Verhältnisse beglei-
tete Victor Gamp 1520 unter anderem mit Martin Siebenbürger226; im darauffolgenden
Jahr war Gamp wieder Juristendekan227. 1522 überschlugen sich schließlich die Ereignisse
für den Juristen: Gamp war in diesem Jahr Stadtschreiber in Wien228, und im Juli fanden
die Gerichtsverhandlungen in Wiener Neustadt statt, wo er die Verteidigung der Ange-
klagten übernahm. Wie oben bereits beschrieben, wurden einige Todesurteile gesprochen,
Gamp wurde für drei Jahre des Landes verwiesen und sein Vermögen während dieser Zeit
verwahrt229. 1525 kehrte er nach Wien zurück und firmiert im April 1525 schon wieder
als Juristendekan230.
1528 und 1531 war Gamp zum wiederholten Male Dekan, 1535 schließlich wird sein
Tod in der Juristenmatrikel vermerkt231. Diese seltene Erwähnung verdanken wir dem
damals tätigen Dekan Stephan Schwartz aus Wien, der aufgrund seiner familiären Ver-
bindung232 vom Tod des Victor Gamp wohl persönlich betroffen war233 und dies in einem
Absatz in der Matrikel vermerkt. Auch erfahren wir, dass Gamp Rat von Ferdinand I.
und Kammerprokurator war234. Die dreijährige Verbannung hat der Karriere des Juris-
ten demzufolge wohl nicht nachhaltig geschadet. An der Person Gamp lässt sich auf ein-
218 Pauser, Verfassung, 63 f.
219 Siehe unter Kap. 1.6.
220 ÖNB, Cod. ser. nov. 12781. Dazu: Perger, Ratsbürger, 200.
221 MUW II, 1502 I A 26.
222 UAW, MFJ II, 1511 II 10.
223 UAW, MFJ II, 1515 II 23.
224 UAW, MFJ II, 1519 I.
225 MUW II, 1516 I: Rektor.
226 Kirchhofer, Erinnerungen, 20.
227 UAW, MFJ II, 1521 I.
228 Perger, Ratsbürger, 157.
229 Perger, Wiener Rat, 152 f.
230 UAW, MFJ II, 1525 I.
231 UAW, MFJ II, 1535 I.
232 Gamp war der Schwager von Schwartz.
233 UAW, MFJ II, fol. 67r (1535 I).
234 UAW, MFJ II, fol. 67r (1535 I); als Kammerprokurator für 1535 belegt: Perger, Ratsbürger, 199.
Die Matrikel der Wiener Rechtswissenschaftlichen Fakultät
Matricula Facultatis Juristarum Studii Wiennensis, Band II:1442–1557
- Titel
- Die Matrikel der Wiener Rechtswissenschaftlichen Fakultät
- Untertitel
- Matricula Facultatis Juristarum Studii Wiennensis
- Band
- II:1442–1557
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20255-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 326
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung vii
- 1.1 Forschungsstand viii
- 1.2 Vorhaben und Ziele der Edition x
- 1.3 Die Quelle xi
- 1.4 Der Wert der Quelle – Prosopografische Erkenntnisse xii
- 1.5 Die juridische Fakultät: Studienvoraussetzungen, Studienverlauf und Größe xiv
- 1.6 Paläografische Analyse xvii
- 1.7 „Studium im Ausland“ – Italienaufenthalt und römisch-rechtlicher Einfluss xxi
- 1.8 Statistische Auswertung xxv
- 1.9 Berufliche Wirkungsfelder der Juristen xxxviii
- 1.10 Liste der Dekane xlii
- 1.11 Kurzzitate und Siglen der Quellen und Literatur xlvii
- 1.12 Abkürzungen im Text und in den Registern xlviii
- 1.13 Grundsätze der Edition li
- 1.14 Vorbemerkung zu den Registern lii
- 1.15 Quellen und Literatur liii
- 2. Text der Matrikel 1442–1557 1
- 3. Register 119
- Abstract 259