Elektrizitätswirtschaft#
Die Entwicklung der österreichischen Elektrizitätswirtschaft begann 1873, als erstmals eine Gleichstrommaschine den Industriebetrieb Krupp in Berndorf (Niederösterreich) mit elektrischer Energie versorgte; 1878 brannten die ersten Bogenlampen über dem Wiener Eislaufvereinsplatz, 1883 nahm die Südbahngesellschaft in Mödling den ersten 120-kW-Generator in Betrieb und von 1886 an versorgte das erste öffentliche Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) die Stadt Scheibbs (Niederösterreich).
Nach diesen Anfängen setzte ein rascher Ausbau örtlicher Erzeugungsanlagen ein. 1914 gab es im heutigen Bundesgebiet 350 Kraftwerke (den örtlichen Verhältnissen entsprechend, im Osten des Landes Dampf-, im Westen und Süden Wasserkraftanlagen). 1959 gab es mehr als 2050 Anlagen mit über 10 kW Einzelleistung, die im Besitz von rund 1100 Unternehmungen waren; davon brachten rund 500 Betriebe mit zirka 1000 Kraftwerken mit über 200 kW 99 % der gesamten elektrischen Energie auf. Die Schwierigkeiten der Kohleversorgung während des 1. Weltkriegs förderten die planmäßige Nutzung der in Österreich reichlich vorhandenen Wasserkräfte. Nach dem Verlust der Kohlefelder 1918 musste der Bau von Wasserkraftanlagen rasch gefördert werden. 1918-33 stieg die Leistung der hydraulischen Erzeugungsanlagen von 240 MW auf 725 MW. Zwischen 1920 und 1930 entstanden die ersten 110-kV-Leitungen von der Steiermark und Oberösterreich nach Wien. Die 1938-45 erbauten Kraftwerke berücksichtigten vor allem die Süd-Nordverbindungen mit Deutschland; sie wurden zum Großteil durch die Kriegseinwirkungen zerstört.
Verstaatlichte Industrie#
Bis zum EU-Beitritt Österreichs 1995 wurde die Struktur der österreichischen Elektrizitätswirtschaft durch das 2. Verstaatlichungsgesetz von 1947 bestimmt. Demgemäß war die österreichische Elektrizitätswirtschaft dafür verantwortlich, die Verbraucher ausreichend, sicher und wirtschaftlich mit Strom zu versorgen. Von der Verstaatlichung wurden jene Unternehmen ausgenommen, deren Kraftwerksleistung unter 200 kW lag, und alle Eigenversorgungsanlagen, deren Stromabgabe an betriebsfremde Verbraucher jährlich weniger als 100.000 kWh betrug. Mit dem Inkrafttreten des Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetzes (ElWOG) 1999 begann auch in Österreich die von der Europäischen Union angestrebte Öffnung und Liberalisierung des Strommarkts, der seit 1. 10.2001 liberalisiert ist; immer mehr Kunden (zunächst Großverbrauchern in der Industrie) ist es erlaubt, Strom auch von anderen Anbietern und nicht von der jeweiligen Landesgesellschaften zu beziehen; auch ausländische Kunden können durch dieses Gesetz Strom aus Österreich beziehen.
Verbund#
Mit den überregionalen Aufgaben der Elektrizitätswirtschaft ist in Österreich der Verbundkonzern betraut. Er übernimmt die Stromverteilung im gesamten Bundesgebiet und sorgt für den Ausgleich zwischen Erzeugung und Bedarf. Die Verantwortung für die gesicherte regionale Stromversorgung tragen die jeweiligen Landesgesellschaften. Sie beliefern die Stromkunden direkt oder geben den Strom an kommunale oder private E-Werke im jeweiligen Bundesland ab und betreiben das Leitungsnetz in ihrem Versorgungsgebiet. Die meisten erzeugen auch selbst Strom in eigenen Kraftwerken.
Die Landesgesellschaften sind: BEWAG (Burgenländische Elektrizitätswirtschafts-AG), Energie AG Oberösterreich, EVN AG (Niederösterreich), KELAG (Kärntner Elektrizitäts-AG), SAFE (Salzburgische AG für Energiewirtschaft), STEWEAG (Steirische Wasserkraft- und Elektrizitäts-AG), TIWAG (Tiroler Wasserkraftwerke-AG), VKW (Vorarlberger Kraftwerke-AG), Wienstrom.
Daneben gibt es 5 Elektrizitätsversorgungsunternehmen von Landeshauptstädten (Stadtwerke Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz, Salzburg) sowie weit über 100 kommunale, genossenschaftliche und private Unternehmen.
Wasserkraft#
Mehr als die Hälfte seiner elektrischen Energie bezieht Österreich aus der Wasserkraft, aus Laufkraftwerken an den zahlreichen Flüssen, allen voran der Donau (Donaukraft, Ennskraft, Draukraft), und aus den alpinen Speicherkraftwerken (Tauernkraftwerke AG, Draukraft und andere). Der restliche Bedarf wird durch Wärmekraft, Wind; Fotovoltaik, Geothermie und Importe gedeckt. Der Anteil der elektrischen Energie am Gesamtenergieverbrauch in Österreich beträgt rund 20 %. Zwischen 1970 und 2009 hat sich die Stromproduktion von 29.453 GWh auf 65.616 GWh (1 GWh = 1 Millionen Kilowatt ) fast verdreifacht.
Forschung #
Große Bedeutung in der Elektrizitätswirtschaft hat seit Ende der 1980er Jahre die Forschung erlangt. Aus diesem Grund wurde 1991 die Energieforschungsgemeinschaft (EFG) im Verband der Elektrizitätswerke Österreichs gegründet. Ihre Aufgabe liegt darin, zukunftsorientierte Lösungsansätze in den Bereichen neue Energietechniken, effizienter Energieeinsatz, erneuerbare Energien, Umwelt und Soziales sowie rechtliches und wirtschaftliches Umfeld zu erarbeiten. Dies soll durch Zusammenarbeit mit Universitäten und Forschungszentren auf nationaler wie internationaler Ebene erreicht werden. Besondere Anstrengungen unternimmt man dabei vor allem bei der Photovoltaik (Sonnenenergie), der Windenergie und der Verwertung von Biomasse. "Integrierte Ressourcenplanung" mit dem Ziel eines effizienten und umweltschonenden Energieeinsatzes wird in Fachgruppen behandelt.
Preise#
Bis 1999 erfolgte die Festsetzung der Strompreise in Österreich durch das Preisgesetz. Der Preisantrag wurde in der Regel durch den Verbundkonzern an das Wirtschaftsministerium gestellt. In das Vorprüfungsverfahren waren auch Vertreter der gesetzlichen Interessenvertretungen eingebunden. Nach der weiteren Behandlung durch die Preiskommission erließ der Bundeswirtschaftsminister einen Bescheid mit dem neu festgesetzten Strompreis (im Regelfall Höchstpreis). Durch das ElWOG erfolgte 1999 der erste Liberalisierungsschritt bei den Strompreisen, der im Wesentlichen die Landesgesellschaften betraf. Bis Ende 2001 wurde der Strommarkt kontinuierlich weiter liberalisiert.
Weiterführendes#
- Schaltanlagen (Thema)
- Historische Bilder zu Elektrizitätswirtschaft (IMAGNO)
Web-Links#
- Statistik Austria – Bilanz der elektrischen Energie
- Statistik Austria – Kapitel "Energie" im "Statistischen Jahrbuch Österreichs"
Andere interessante NID Beiträge