Dampfnudel
Dampfnudeln sind eine traditionelle Mehlspeise der süddeutschen Küche. Es handelt sich um eine Zubereitungsvariante von Hefeklößen,[1] bei der der Hefeteig in einem Topf mit Deckel gleichzeitig gebraten und gedämpft wird. Dadurch bilden sich ein knuspriger Boden und eine weiche, elastische Krume.
Zubereitung
Dampfnudeln werden aus Hefeteig hergestellt. Der Teig, der neben Milch, Mehl, Hefe, Salz, etwas Zucker und Fett (z. B. Butter) manchmal auch Eier enthält,[2] wird nach angemessener Gehzeit zu aprikosengroßen Kugeln geformt, die dann erneut gehen müssen. Beim Garen werden sie dann etwa faustgroß. Diese werden in einem geschlossenen Topf gegart, der etwas Milch und Butter (bayerische Rezeptur) oder Salzwasser und Fett (pfälzische Rezeptur) enthält. Die Dampfnudel entwickelt dort, wo sie den Topfboden berührt, eine goldbraune Kruste (je nach Zubereitungsart süß oder salzig), nachdem die zugesetzte Flüssigkeit (nach ca. 15–25 Minuten) verkocht ist. Im Gegensatz dazu wird der ähnliche Germknödel ausschließlich in kochendem Salzwasser oder über Dampf gegart.
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Rohe Dampfnudeln
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Gegarte Dampfnudeln
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Angeschnittene Dampfnudel
Varianten
Dampfnudeln werden mit oder ohne Füllung zubereitet, die pfälzische Variante ist jedoch grundsätzlich ungefüllt.
Die Dampfnudel kann beispielsweise mit Kraut, Salat, Gurken oder mit Pilzen in Rahmsoße als Hauptgericht serviert werden. Als Dessert kann die Dampfnudel auch mit warmer oder kalter Vanillesoße, Weinschaumsoße oder mit Kompott verzehrt werden.
In der Pfalz ist die Dampfnudel ein traditionelles Hauptgericht, welches entweder mit süßen Beilagen (zum Beispiel Weinsoße, Vanillesoße oder eingekochtem Obst wie Mirabellen, Zwetschgen, Birnen oder ähnlichem) oder mit salzigen Beilagen (zum Beispiel Kartoffelsuppe, Gulasch oder Schweinepfeffer) gegessen wird.
Typisch ist es dort, zunächst eine Gemüse- oder Kartoffelsuppe zu reichen, zu der Dampfnudeln gegessen werden und dann im „zweiten Gang“ die Dampfnudeln mit einer süßen Soße zu essen.
Dampfnudeln gibt es auch in der chinesischen Küche. Diese werden Baozi genannt, aus Hefeteig hergestellt, und in Körben im Dampf gegart. Gefüllt sind sie meist mit Fleisch und Gemüse. Eine ungefüllte Variante wird in Nordchina Mantou genannt und als Beilage statt Reis oder Nudeln gereicht.
Herkunft
Die Herkunft der Dampfnudel ist unbekannt. Liebhaber der Bayerischen Küche als auch der Pfälzer Küche beanspruchen daher deren Herkunft jeweils aus ihrer Region. Das bayerische Landwirtschaftsministerium hatte in den 2000er-Jahren die Dampfnudel in eine Internetdatenbank für Lebensmittel aufgenommen, die zur Würdigung von bayerischen Spezialitäten dienen soll. Dies führte Anfang 2008 zu einem Beschwerdebrief des damaligen rheinland-pfälzischen Landwirtschaftsministers Hendrik Hering (SPD) an seinen bayerischen Kollegen Josef Miller (CSU). Aus dem Münchner Ministerium wurde daraufhin zugesichert, dass die Dampfnudel „garantiert nicht“ zu den Spezialitäten gehöre, die Bayern EU-weit schützen lassen wolle. In der Pfalz werde die Dampfnudel mit Salzkruste verzehrt, in Bayern dagegen eher in der süßen Variante, in Milch oder mit Vanillesoße.[3][4]
Wortherkunft
Das Wort „Nudel“ ist wohl eine Abwandlung von Knödel und somit Teil eines großen Stamms deutscher Wörter, die mit dem Silbenanlaut kn- eine Verdickung ausdrücken (Knoten, Knuddel, Knolle, Knospe, Knauf, Knopf).[5][6] Heute versteht man unter Nudeln vor allem Pasta. Der Begriff umfasst jedoch viel mehr.
Legenden
In den pfälzischen Orten Kandel (Pfalz) und Freckenfeld ehren Hausbesitzer die Dampfnudel in ihren Hoftoren in Gestalt von so genannten Dampfnudeltoren. Die Rundbögen dieser Tore sind mit steinernen Dampfnudeln an allen Seiten reliefiert und haben jeweils mehr als tausend Rundformen.
Um das Freckenfelder Dampfnudeltor rankt sich folgende Sage: Im Dreißigjährigen Krieg stellte eine schwedische Reiterschwadron, obwohl die Schweden wie die Gemeindebürger damals Lutheraner waren, eine hohe Geldforderung an die Bürger. Bei Nichterfüllung drohten sie Plünderung und Mord an. Eine Abordnung erreichte aber bei dem schwedischen Hauptmann, dass dessen Forderung gemildert wurde: Er und seine Soldaten sollten zufriedenstellend verköstigt werden, dann verschone er die Bevölkerung. Daraufhin ließ der Bäckermeister Johannes Muck seine Frau und die Magd einen großen Kessel Soße kochen und befahl, sie kräftig mit Wein abzuschmecken. Er selbst buk mit seinen Gesellen Dampfnudeln, bis jeder Soldat satt war: insgesamt 1286 Stück. Die Schwadron akzeptierte das servierte Gericht zufrieden und verschonte das Dorf vor weiterer Erpressung oder gar Zerstörung und Mord.[7]
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Das Dampfnudeltor in Kandel
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Das Dampfnudeltor in Freckenfeld
Literatur
- Helga Rosemann: Dampfnudeln. Eine pfälzisch-bayerische Spezialität. höma-Verlag, Offenbach 2012, ISBN 978-3-937329-65-9.
- Amalie Schneider-Schlöth: 1204. Dampfnudeln, in: dies., Basler Kochschule – eine leichtfassliche Anleitung zur bürgerlichen und feineren Kochkunst. Zwanzigster Abschnitt. Mehl- und Milchspeisen, 6. Auflage, 1903, S. 383f., Digitalisat der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe (BLB).
14. Auflage, vollständig neu bearbeitet von Andreas Morel. Reinhardt, Basel 1983, ISBN 978-3-7245-0529-7, S. 68, Rezept-Nr. 52.
Filme
- Oppauer Dampfnudelblues – Der erzwungene Umzug einer Bräterei. Dokumentarfilm, Deutschland, 2021, 29:48 Min., Buch und Regie: Heiko Wirtz-Walter, Produktion: SWR, Reihe: made in Südwest, Erstsendung: 17. Februar 2021 bei SWR Fernsehen, Inhaltsangabe von ARD, online-Video von SWR, aufrufbar bis zum 17. Februar 2022; alternativ im SWR-Kanal von YouTube.
- Vom Banker zum Dampfnudel-Bäcker. Fernseh-Reportage, Deutschland, 2017, 4:42 Min., Buch und Regie: N.N., Produktion: SWR, Redaktion: Landesschau Rheinland-Pfalz, Erstsendung: 11. Juli 2017 bei SWR Fernsehen, online-Video mit Inhaltsangabe, aufrufbar bis zum 10. Juli 2024.
- Dampfnudelblues. Ein Eberhoferkrimi. Kriminalfilm / Komödie, Deutschland, 2013, 88 Min., Buch: Christian Zübert nach dem Roman von Rita Falk, Regie: Ed Herzog, Produktion: Bayerischer Rundfunk, Reihe: Eberhoferkrimi, Erstsendung: 5. Dezember 2013 bei Das Erste, Inhaltsangabe von ARD.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Paul F. Pelshenke (Hrsg.): Getreide und Mehl. Wissenschaftlich-technische Zeitschrift für Getreide und Getreideprodukte. Hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft Getreideforschung, (ZDB-ID 121325-8), Verlag Die Mühle, Detmold, Jg. 1951, S. 33f., eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
Angela Sendlinger: Mein großes Grundkochbuch. Compact Verlag, 2009, ISBN 978-3-8174-6694-8. - ↑ Eckhard Supp: Duden. Wörterbuch Kochkunst. Von Amuse-Bouche bis Zierschnee. Dudenverlag, Mannheim u. a. 2011, ISBN 978-3-411-70392-0, Kapitel: Regionale Gerichte im deutschsprachigen Raum, S. 87.
- ↑ Marc Strehler (dpa): Bundesländer im Clinch: Heiße Luft um die Dampfnudel. In: stern, 14. Januar 2008.
- ↑ Marc Strehler (dpa): Rheinland-Pfalz und Bayern zanken um die Dampfnudel – Wo kommt der Kloß aus Hefeteig her? In: Allgemeine Zeitung (Mainz), 15. Januar 2008, S. 4, Artikelanfang, online unter:
Marc Strehler (dpa): Heiße Luft um die Dampfnudel. Rheinland-Pfalz und Bayern liegen im Clinch: Sie zanken sich um die Dampfnudel. In: Münchner Merkur, 9. Mai 2009. - ↑ Nudel. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 13: N, O, P, Q – (VII). S. Hirzel, Leipzig 1889 (woerterbuchnetz.de).
- ↑ Elmar Seebold (Bearb.): Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 25., durchgesehene und erweiterte Auflage. De Gruyter, Berlin 2011.
vgl. Friedrich Kluge, Elmar Seebold (Hrsg.): Dampfnudel, in: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 22. Auflage, De Gruyter, Berlin 1989, (Nachdruck 2015), ISBN 3-11-084503-2, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
– Alternativ wurde auch Herkunft aus grödnerisch menùdli vorgeschlagen (= ‚viereckige Teigplätzchen in der Suppe‘), abgeleitet vom Lateinischen minutulus (= ‚zerkleinert, winzig‘), ebenda. - ↑ Freckenfelder Geschichte. In: Ortsgemeinde Freckenfeld, o. D., (PDF; 243 kB).
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