Werkbundsiedlung Wien
Die Werkbundsiedlung in Wien ist eine 1932 eröffnete Musterhaussiedlung im Bezirksteil Lainz des 13. Bezirks, Hietzing, die sich heute großteils im Eigentum der Wiener Stadtverwaltung befindet. An den ursprünglich 70, heute 64 Einfamilienhäusern bauten 33 Architekten (darunter eine Architektin) aus In- und Ausland mit. Bei ihrer Eröffnung wurde sie als „größte Bauausstellung Europas“ bezeichnet.
Lage
Die Siedlung befand sich zur Zeit ihrer Errichtung am westlichen Rand des verbauten Stadtgebiets südlich des Hügelzuges Girzenberg–Roter Berg, eines Ausläufers des Wienerwaldes. Inzwischen ist die Umgebung, meist mit von Rasenflächen umgebenen Ein- und Mehrfamilienhäusern, weitgehend verbaut worden; Girzenberg und Roter Berg wurden als Schutzgebiet großteils unverbaut erhalten.
- Im Norden wird die Siedlung von der in Ost-West-Richtung verlaufenden Veitingergasse begrenzt, an die nördlich Girzenberg (285 m) und Roter Berg (262 m) anschließen.
- Südwestliche Begrenzung ist die von der Veitingergasse im Westen abzweigende Jagdschlossgasse. In dieser verkehren, mit einer Haltestelle bei der Gobergasse, Ecke Jagicgasse, die Autobuslinien 54B und 55B als einzige öffentliche Verkehrsmittel in unmittelbarer Nähe.
- Im Osten wird die Siedlung zum Teil von der Jagicgasse begrenzt, zum anderen Teil grenzt sie, wie im Süden, direkt an private Nachbargrundstücke.
Engelbrechtweg, Jagicgasse und Woinovichgasse, Erschließungswege der Siedlung, wurden 1936 amtlich benannt. In den Situationsplänen der Bauzeit scheinen diese Namen daher noch nicht auf.
Entstehung
Die Werkbundsiedlung – Vorbild war die 1927 errichtete Stuttgarter Weißenhofsiedlung – hätte ursprünglich auf einem Areal bei der Triester Straße 85 am damaligen Rand des Arbeiterbezirks Favoriten, des 10. Bezirks, errichtet werden sollen. Zwei Bebauungspläne blieben unausgeführt, da in unmittelbarer Nachbarschaft ein großer Gemeindebau entstand und man nicht „im Schatten“ dieser Anlage bauen wollte. Das Ersatzareal beim Roten Berg war rundherum unverbaut, aber zum Teil sumpfig und musste bis zu einem Geschoß hoch aufgeschüttet werden.
Unter der Leitung des Architekten Josef Frank, der die Siedlung als Gründungsmitglied des Wiener Werkbundes initiiert hatte und für eine undogmatische Moderne stand, entstand die Siedlung in den Jahren 1930 bis 1932. Bauherr war die städtische Wohnbaugesellschaft Gesiba unter Generaldirektor Hermann Neubacher. Bei der Eröffnung sprachen Bundespräsident Wilhelm Miklas und Bürgermeister Karl Seitz.
Im Unterschied zu früheren Projekten stand bei der Wiener Werkbundsiedlung „Wirtschaftlichkeit auf engstem Raum“ im Vordergrund. Die Häuser sind tatsächlich, gemessen an heute üblichen Raum- und Wohnungsgrößen, sehr klein, vermitteln aber immer wieder durch die für die frühe Moderne signifikante Funktionalität, höchste Ökonomie im Detail und geschickt gesetzte Ausblicke und Sichtbezüge eine erstaunliche Geräumigkeit.
Die von namhaften Herstellern und Innenarchitekten mustermäßig eingerichteten Häuser konnten von 5. Juni bis 7. August 1932 als Werkbundsiedlung – Internationale Ausstellung Wien öffentlich besichtigt werden; 100.000 Besucher besuchten die Siedlung während dieser Ausstellung. Das internationale Medienecho fiel sehr positiv aus.
Weitere Entwicklung
Die wirtschaftliche Lage weiter Teile der Bevölkerung war allerdings in dieser Zeit schlecht. Nur 14 Häuser konnten wie geplant verkauft werden; die anderen wurden vermietet und gelangten in der NS-Zeit 1938 ins direkte Eigentum der Wiener Stadtverwaltung. (Am 13. März 1938 war der frühere Gesiba-Chef Neubacher, seit 1933 illegaler Nationalsozialist, von der neuen Diktatur zum ersten NS-Bürgermeister Wiens ernannt worden.)
Der Bombardierung Wiens in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs fielen sechs Häuser (siehe Abschnitt Beteiligte Architekten) zum Opfer; sie wurden durch Neubauten anderer Architekten ersetzt.
1983–1985 wurden 56 der nach dem Krieg verbliebenen 64 Häuser von Adolf Krischanitz renoviert (Konsulent: Otto Kapfinger); im Zuge dessen baute Krischanitz westlich neben dem Haus Woinovichgasse 32 ein kleines Museum der Siedlung. Seine Arbeit dokumentierte er 1989 in einem Buch. Da sich ein Teil der Gebäude in Privatbesitz befand, konnten damals nicht alle Häuser renoviert werden.[1][2]
2012, 80 Jahre nach der Eröffnung, begann die Stadtverwaltung in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt die erforderliche neuerliche Restaurierung und Renovierung der Siedlung.
Beteiligte Architekten
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Literatur
- Josef Frank (Hrsg.): Die Internationale Werkbundsiedlung Wien 1932, Scholl Verlag, Wien 1932
- Österreichischer Werkbund: Werkbundsiedlung. Internationale Ausstellung; Wien 1932; Wien XIII, Veitinger-, Jagdschlossgasse, Rosenbaum Verlag, Wien 1932
- Wolfdieter Dreibholz: Die internationale Werkbundsiedlung Wien 1932, Verlag Jugend und Volk, Wien 1980
- Astrid Gmeiner, Gottfried Pirhofer: Der Österreichische Werkbund. Alternative zur klassischen Moderne in Architektur, Raum- und Produktgestaltung, Residenz-Verlag, Salzburg 1985, ISBN 3-7017-0427-9
- Adolf Krischanitz, Otto Kapfinger: Die Wiener Werkbundsiedlung: Dokumentation einer Erneuerung, Sanierungsbericht, Beton-Verlag, Düsseldorf 1989, ISBN 3-7640-0258-1
- Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert, Band III / 2, Wien: 13.–18. Bezirk, Residenz Verlag, Salzburg / Wien 1995, ISBN 3-7017-0704-9, S. 60–63
- Wien Museum (Hrsg.): Werkbundsiedlung Wien 1932 – Ein Manifest des neuen Wohnens, Prospekt zur Ausstellung im Wien Museum Karlsplatz, 6. September 2012 bis 13. Jänner 2013
Einzelnachweise
- ↑ Werkbundsiedlung in Architekturdatenbank nextroom
- ↑ ÖVP Wien kritisiert Bauzustand der Werkbundsiedlung, Archivmeldung der Wiener Rathauskorrespondenz, 28. Mai 2008
Weblinks
- Offizielle Website zur Siedlung, gestaltet von der Stadtverwaltung
- Werkbundsiedlung wird saniert, derstandard.at, 17. August 2010; Werkbundsiedlung wird ab 18. August saniert, wien.orf.at, 10. Juli 2011
- Werkbundsiedlung; 13., Veitingergasse / Jagdschloßgasse im Weblexikon der Wiener Sozialdemokratie
- Eintrag zu Werkbundsiedlung Wien im Austria-Forum (im Heimatlexikon)
- Werkbundsiedlung. Auszug aus: Gerhard Weissenbacher: In Hietzing gebaut, Band I und II auf www.hietzing.at (Firmenwebsite)
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