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Robert Benardis: Der Weg in den aktiven Widerstand#

Bernardis dürfte Ende 1943 in die Pläne der Verschwörer eingeweiht worden sein, wobei Bernardis derjenige war, der sich zuerst Stauffenberg öffnete. Dieser verwendete in seinen Gesprächen mit potentiellen Verschwörern immer wieder religiöse Begründungen.

Auch für sein erstes diesbezügliches Gespräch mit Bernardis trifft eine solche religiöse Argumentation zu: Stauffenberg zitiert Stefan Georges Gedicht „Der Widerchrist" (1907), wobei der „Widerchrist" mit Hitler assoziiert wurde. Für Bernardis waren solche religiösen Argumente offenkundig überzeugend.

In weiterer Folge wurde er gefragt, ob er sich auch als Attentäter zur Verfügung stellen würde. Bernardis lehnte dies zwar mit dem Hinweis, dass er dazu zu wenig „deutschblutig" sei [13], ab, war aber zu einer Mitarbeit an einem Staatsstreich bereit. In einem Staatsstreich sahen die Juli-Attentäter die letzte Möglichkeit einer Änderung der sonst ausweglosen Situation.

Familie Bernardis
Familie Bernardis
Robert Bernardis war sich der Gefahr durchaus bewusst. In Berlin lebte er alleine. Seine Frau und die Kinder Lore und Heinz wohnten weiterhin in Linz; er sah sie nur selten. Eine Aufnahme kurze Zeit vor dem Attentat zeigt noch einmal die Familie Bernardis zusammen; sicherlich belastete Robert Bernardis der Gedanke an das Bevorstehende schon. „... ich werde mit der Zeit doch ein recht wichtiger Mann in unserem schönen Hause; was jetzt so an großen organisatorischen Dingen geboren wird, da bin ich der Hauptschöpfer, und damit auch der Hauptleidtragende, was die Arbeit anbelangt. Mir schrumpft das Dasein immer mehr zwischen Arbeit und Bett zusammen" [14], schrieb Bernardis im Jänner 1944 an seine Frau, was retrospektiv erkennen lässt, dass er durch die Planungs- und Vorbereitungsarbeiten für die „Walküre"-Operation voll in Anspruch genommen war.

Dazu kamen gesundheitliche Probleme mit seinem Magengeschwür, hervorgerufen durch die ungeheure Doppelbelastung, unter der Bernardis damals stand: Er musste als Gruppenleiter im Allgemeinen Heeresamt einer Führung, die hunderttausende Soldaten in einer Schlacht nach der anderen vielfach auch militärisch zwecklos opferte, immer wieder weitere Hunderttausende zuführen. Als Mitglied der militärischen Widerstandsbewegung arbeitete er aber intensiv daran, diesem sinnlosen Grauen durch einen Staatsstreich ein Ende zu setzen.

Die Planungen der Verschwörer sahen vor, mit dem Ersatzheer, dessen Stabschef Stauffenberg war, die politisch bestimmenden nationalsozialistischen Kreise festzusetzen. Diese Maßnahmen sollten in jedem Wehrkreis durch Ausgabe der Losung „Walküre" erfolgen.

Bernardis leistete aber nicht nur intensive konzeptive Stabsarbeit, sondern arbeitete auch als „Österreich-Referent" des militärischen Widerstandes äußerst aktiv an der Organisation des Umsturzversuches mit. War doch in jedem Wehrkreis mindestens ein Vertrauter in einer Schlüsselposition erforderlich, wenn das Unternehmen im Sinne der Verschwörer ablaufen sollte. So führten ihn mehrere Reisen nach Wien, wo es ihm im Feber 1944 gelang, Oberst i.G. Heinrich Kodre und Hauptmann Carl Szokoll (Abb. 7.2) als Vertrauensmänner für die Aktion in Wien zu gewinnen. Letzterem gegenüber verwendete er auch persönlich eine religiöse Argumentation für die Teilnahme am Widerstand, indem er auf die „Gottesfurcht anstelle von Selbstvergottung" als Ziel der Erhebung hinweist.[15]

Bei Bernardis ist durch die Konfrontation mit den Geschehnissen und ihren ethischen Herausforderungen eine Entwicklung hin zu einem bewussten - wohl weniger kirchlich praktizierten - Christentum initiiert worden.

Es stand, wie in der Untersuchung gegen die Attentäter dann festgestellt wurde, für die meisten der Juli-Attentäter und offenbar auch für Bernardis fest, dass „das Christentum wieder die tragende seelische Kraft der Zukunft sein solle"[16]

Politisches Ziel der Attentäter war die Beendigung des Krieges und die Errichtung eines Staatswesens auf Grundlage eines gerechten und ethisch verantwortbaren Rechts.

Möglicherweise war es auch Bernardis, der als ausgebildeter Pionieroffizier die Bombe für das Attentat am 20. Juli 1944 herstellte. Sie verfehlte nur deshalb ihr Ziel, weil Stauffenberg bei deren Scharfmachen gestört wurde.


[13] Interview Karl Glaubauf mit Hermine Bernardis v. 7. Feber 1994. Zit. in: Glaubauf (1994), S. 22 u. 45
[14] Zit. nach: Toc, Seite 145
[15] Vgl. Szokoll, Seite 206
[16] Jacobsen, 1. Bd., Seite 167
© Texte und Bilder zusammengestellt von Dr. Glaubauf und Dr. Trauner