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Notiz 042: Hackerspace#

von Martin Krusche

Wir werden via Medien permanent von Sensationen umspült und ein großer Teil davon ist visuell. Bilderfluten. Images. Längst kennen wir die Enttäuschung, also das Ende einer Täuschung, wie es sich einstellt, wenn wir hinter so manche Bilder blicken dürfen. Ariadne von Schirach notierte einmal: „Denn alles, was keine Substanz hat, sondern nur Oberfläche, entwertet sich schon beim Ansehen. Jedes Bild lebt nur für den Moment seiner Betrachtung.“ Das ist anregend, um über Tiefe nachzudenken, während wir in abertausende Bilder und Botschaften gehüllt sind.

Eva und Helmut Haberl vom „machquadrat.“ (Foto: Martin Krusche)
Eva und Helmut Haberl vom „machquadrat.“ (Foto: Martin Krusche)

Im Kontrast dazu ist ein Hackerspace ist realer Raum hinter Oberflächen, Bildschirmen, Screens, ein konkreter Ort, in den man aus der Telepräsenz heraustreten kann, um greifbare Dinge zu tun. Und so treffen wir einige Erben des Prometheus heute, die miteinander eine kontrastreiche Menge an Kompetenzen bündeln.

Technisches Verständnis wird nicht mehr als Herrschaftswissen gegen andere Personen abgeschottet. Handfertigkeit kann unter Anleitung geübt werden. Menschen wappnen sich gegen die „prometheische Scham“ durch Kompetenzen, um sich den neuen Maschinenwelten nicht ratlos ausgeliefert zu sehen.

Eva und Helmut Haberl ergeben einen Angelpunkt im Gleisdorfer Hackerspace, dem „Machquadrat“. Das hat – naheliegend! – eine spezielle Gewichtung im technischen Bereich. Doch der Begriff „Hacking“ ist nicht auf das Themenfeld Computer eingeschränkt und schon gar nicht die Bezeichnung für kriminelle Aktivitäten.

Polemisch verkürz ließe sich sagen, Hacking bedeutet, daß man per Einfallsreichtum und Geschick mit dem, was gerade zur Verfügung steht, die Lösung für ein aktuelles Problem findet. Ich hab das bei einigen unserer Sessions sehr eindrucksvoll an der Arbeit von Künstler Nicki Passath erfahren, zuletzt auf Schloß Freiberg: Artist Is Obsolete (Kunst und Technik)

Wir haben derlei Dinge jüngst auch in der Gleisdorfer Stadtbücherei debattiert, siehe: Das neue Maschinenzeitalter(Gespräche zur industriellen Revolution). Damit will ich sagen, der kompetente Umgang mit solchen Themen ist längst nicht mehr bloß den Zentren vorbehalten. Gerade die neue Mediensituation, wie sie ab Anfang der 1990er Jahre mit dem Internetprotokoll TCP/IP in Österreich einen wesentlichen Schub erhalten hat, trug viel dazu bei, das alte Gefälle im Denkmodell Zentrum/Provinz einzuebnen.

Sowas hat in der Oststeiermark eine gut dokumentierte Tradition. Zu den Hintergründen dieser Entwicklung siehe:Da gibt’s kein Dort" (Über Veränderungen im Verhältnis von Zentrum und Provinz) Aber zurück zu Eva und Helmut Haberl, mit denen ich gerade etliche Stunden verbracht habe, um aktuelle Optionen zu erörtern, dabei auch in die Praxis der Kochkunst einzugehen und Möglichkeiten einer inhaltlich komplexen Kooperation durchzunehmen.

Helmut Haberl mit seiner Lego-Version der Mondflug-Rakete Saturn V. (Foto: Martin Krusche)
Helmut Haberl mit seiner Lego-Version der Mondflug-Rakete Saturn V. (Foto: Martin Krusche)

Da wir reichlich Erfahrung mit den Netzwelten haben, mit Online-Präsenz, mit den aktuellen Formen einer Popularkultur, welche alle dieser Themen erfaßt, ist für uns die inhaltliche Orientierung unproblematisch. Wir repräsentieren zwei unterschiedliche Generationen dieser Ära, sehen auf eine Menge Schnittpunkte in den Themen und Erfahrungen, sind dennoch – ganz klar – letztlich in unterschiedlichen Lebenswelten zuhause.

In der Durchsicht der Schnittpunkte fiel mir ein Thema besonders auf. Eva Haberl betont, wie sehr der Hackerspace in den laufenden Aktivitäten bisher noch als eine Männerdomäne erscheint, obwohl ja klar sei, daß Mädchen und Frauen ebenso technische Interessen und Geschick für dieses Feld hätten.

Das berührt Fragen und Aufgaben, die wir auch bei Kunst Ost schon mehrfach auf dem Tisch hatten. Wo sind die Mädchen, wenn die Werkzeugkisten aufgemacht und die Lötkolben angeheizt werden? Es muß ja als geklärt gelten: die Natur verstreut Talente blind. Technisches Geschick landet auch in reichem Maß bei Mädchen.

Wenn die aber keine Wege finden, dem nachzugehen, vergeudet unsere Gesellschaft Talente. Damit wird erahnbar, hier liegen soziokulturelle Aufgaben bereit, die auch in das Feld der Kunst hineinführen. Dazu sollte uns weiterhin einiges einfallen.


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