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Episode XIV, Teil II: Fenster#

(Zur Kulturstrategie 2030)#

Von Martin Krusche#

Ich bin ein Kontext-Junkie. Ich muß mich dauernd in diese Pakete von Schichten hineinfräsen. Bündel. Layers. Ich weiß auch, wie das kommt. Diese Doppelbödigkeit, wie sie meiner Leute nie aufgeben wollten. Diese lebenslangen Festivals der Taschenspielertricks. Nie durften die Dinge sein, was sie waren. Immer wurden andere Ebenen vor- und eingeschoben. Freundlich gedeutet: da geht es doch um Vielschichtigkeit!

Aber das heißt auch: Jede Folie der Wahrhaftigkeit ist Teil eines komplexen Sandwichgefüges und es ist üblicherweise eine Frage der Teilhabe an Definitionsmacht, wie sowas ausgeht. Wer hat die Mittel, um andere Menschen auf bestimmte Sichtweisen zu verpflichten?

Natürlich habe ich wirksame Strategien, aus solchen Hierarchien herauszustürzen, weil ich meist dort eine Bresche in die Wand haue, wo es mir gerade notwendig erscheint. Das wurde gewissermaßen zu meiner Profession. Als Künstler trete ich in einen Hegemoniestreit ein, den mir etablierte Kräfte zumuten. Da geht es um Deutungshoheit, die bei uns immer noch sehr restriktiv verwaltet wird.

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Mittelmäßige und Subalterne#

Es sind dann gerade die Mittelmäßigen und die Subalternen, von denen man in seinen Schritten attackiert statt unterstützt wird. Speziell innerhalb des Kulturvölkchens nimmt das derzeit auffallend zu. Die Bürokratisierung des Betriebs wird freilich als rebellischer Akt verkleidet. Es ereignet sich das alles zunehmend, als hätte uns Immanuel Kant nie empfohlen, den Mut, die Entschließung aufzubringen aus selbstverschuldeter Unmündigkeit herauszutreten.

Wie macht man das? Kant riet uns, sich seines Verstandes ohne Anleitung durch Andere zu bedienen. Da gehen dann zum Beispiel Diskursräume auf. Und ohne spezielle Absprache bringen sich dort andere Menschen ein. Wie etwa der Grafiker Heinz Payer, von dem gelegentlich Zeichnungen daherkommen, auch kleine Malereien, ironischer Stoff, Satirisches, ebenso visuelle Reaktionen auf meine Gedichte.

Da ist so ein goschertes Potential, das sich ereignen möchte. Und wie es so dahingeht, taucht plötzlich ein anderer Impuls auf, der uns, Payer und mich, die wir ohnehin schon oft genug auf der Metaebene flanieren, auf die Metaebene zu unserer Metaebene schubst.

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Eh klar! Die Lafer! Hat jederzeit einen Metaphernvorrat abtrufbar, da möchte man lieber keinen Streit mit ihr haben. Und macht auch sonst so allerhand, wobei sie in manchen Belangen unberechenbar ist. Wie sich zeigt, hat sie Payer und mich in einer Waldorf & Stetler-Paraphrase abgehandelt, was naturgemäß eine Querverbindung zum österreichischen Kabarett hat.

Der Gscheite und der Blöde#

In diesem Genre war seinerzeit dir Form der Doppelconference auf ein ehernes Rollenprinzip gesetzt: einer ist der Gscheite und einer ist der Blöde, um die passenden Wuchteln zu produzieren, die auf solche Art aufgelegt und gekickt werden.

Ja, ich weiß: Jargon. Die Wuchtel ist einerseits der Fußball, ist hier andrerseits die Metapher für eine Pointe (Wuchtel = Pointe). Das Spannungsfeld zwischen dem Gscheiten und dem Blöden gebiert die Wuchtel/Pointe, die zurechtgelegt werden muß, damit man sie gut abschießen kann, um einen Treffer zu landen. Klar? Klar! So geht das. Denken Sie nicht, man dürfte blöd sein, um den Blöden zu geben. Das ist ein anspruchsvoller Job.

Ich orientiere mich freilich an älteren Motiven. In meinen Kindertagen waren Karl Farkas und Ernst Waldbrunn die Meister der Doppelconference; klassisches österreichisches Kabarett, doch mich begeistert ein historisches Duo, das allerdings von zwei Blöden gegeben wird: Bouvard und Pécuchet, die uns Gustave Flaubert hinterlassen hat.

Aber hier also Monika Lafers Waldorf & Stetler-Paraphrase, gezeichnet. Das Blatt sieht in der Nähe wie eine Lithographie aus, nagelt Payer und mich fest, auf daß wir uns losreißen mögen, denn da ist für zwei Goscherte noch viel zu tun; so wie die Welt aktuell beieinander ist.


  • Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben: Martin Krusche

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