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Episode XV: Wir beuyseln, Teil I#

(Ein Dialog)#

Von Martin Krusche & Heinz Payer#

Diese Episode wird sich in mehreren Schritten entfalten und handelt von einem Dialog zwischen Künstler Heinz Payer und mir. Wir gehören der gleichen Generation an, haben also erlebt, wie während unserer Kindertage noch eine zweiwertige Deutung des kulturellen Geschehens mit simplen Begriffszuweisungen erledigt wurde: Volkskultur und Hochkultur.

Dabei wurde wenigstens immanent unterstellt, die Hochkultur sei das Erstrebenswerte, zu dem man sich mit seinen Neigungen hin entwickeln sollte, wie damals auch die Volkskultur stellenweise von Schmutz und Schweißgeruch befreit wurde, um so – veredelt - „geschützt“ und „bewahrt“ zu werden.

Darin äußerte sich eine bildungsbürgerliche Dünkelhaftigkeit, die heute weitgehend zu einer Pose in kleinbürgerlichen Zuständen verkommen ist, dabei vielfach nicht einmal mehr von Inhalten und Sachkenntnis getragen wird. Eine leere Geste in einem Kulturbetrieb, der sich als soziale Distinktionsmaschine gebrauchen läßt.

Dazu tragen auch Legionen von Hobbykräften bei, die ohne jeden Diskurs auskommen und ihre Legitimation beispielsweise im schlampigen Zitieren von Beuys konstruieren; teilweise sogar gegen seine erklärten Ansichten. Das paßt insofern, als auch Beuys solche Anteile in sich trug; etwas Esoterisch-Spießerhaftes, das bloß im Schatten seines unbestreitbar hohen künstlerischen Ranges gut verborgen bleiben mochte. Da beuyselt es gewaltig.

Das scheint mir unter anderem an Beuys so bemerkenswert. Er steht für Antwortvielfalt und einander scheinbar widersprechende Qualitäten. Die Kontraste seines Wesens sind Ausdruck jener komplexen Kräftespiele, die wir alle in uns haben. Wer das begradigen, einebnen, von Widersprüchen befreien möchte, tut die Arbeit eines braven Abwicklers beim Konstruieren einer trivialen Maschine. Da holpert dann nichts, verkeilt sich nichts, entsteht womöglich ein netter Fetisch, den man sich zurechtstellen kann, um die eigene Brüchigkeit zu ertragen. Etwas annähernd Makelloses, das sich anbeten läßt.

Kunstpraxis als zweckgebundene Fetischproduktion, um den Menschen Spannungsabfuhr und kleine Erhabenheitsgefühl zu verschaffen? Das klingt nach einem guten Geschäftsplan, hat aber mit Gegenwartskunst am wenigsten zu tun. Bleiben wir also im Gespräch und verzichten wir darauf, uns selbst erhöhen zu wollen, indem wir Beuys emporheben.

„Mit Beuyseln meine ich ein sinnentstelltes Zitieren von Beuys
wie etwa den völlig niedergerittenen Satz ‚Jeder Mensch ist ein Künstler‘.
Es zeigt sich als ein praktisches Ausplündern des Beuys’schen Oeuvres.
Es verstellt auch den Weg auf eine kritische Betrachtung des Künstlers
Josef Beuys.“
(Ein Zitat aus „Meine Post-Beuys-Befindlichkeit“,
siehe den Link am Seitenende!)'

Der Beuys-Komplex 2022#


Episode XV, Teil II#