Notiz 094, Episode II: Transition#
(Unikate, Klein- und Großserien)#
Von Martin Krusche#
Es ist ein kulturell kniffliger Weg, der von Unikaten zu Kleinserien und von da zur Massenproduktion führt. Die jüngere Geschichte ist von den industriellen Revolutionen geprägt, in denen das Handwerk zwar nie überflüssig wurde, aber unter den Menschen Position und Prestige eingebüßt hat. Wir befinden uns in der Vierten Industriellen Revolution, was bedeutet, Maschinensysteme leisten immer mehr von dem, was zur Erledigung bisher der Menschen bedurfte.
Wir sollten uns also neu orientieren: was ist nun unsere Domäne gegenüber den Maschinen? Deshalb ist die zweite Episode in diesem Slot einem kleinen Überblick gewidmet. Vom Handgefertigten zur Massenware… Prometheus brachte uns das Feuer vom Himmel. Er gilt als Begründer der Technik. Daedalus war ein exemplarisches Beispiel für das Zusammenwirken von Handwerk und Kunst. (Kunst und Kunstfertigkeit sind ja verschiedene Kategorien.)
Homo faber#
Mit dem Begriff „Homo faber“ ist der Mensch gemeint, der Dinge herstellt. Der Handwerker. In meinen Kindertagen herrschte noch die Auffassung vor, daß Tiere keine Werkzeuge benutzen, daß uns also der Werkzeuggebrauch von anderen Arten unterscheidet. Das war ein Irrtum. Aber es gibt nicht nur Irrtümer, sondern auch Unterstellungen, von denen sich jemand einen Nutzen verspricht. Die Annahme, Frauen seien für das Handwerkliche nicht oder wenig geeignet, ist natürlich Mumpitz.Es bleibt unbestreitbar, daß in unserer Spezies die Männchen mehrheitlich von heftigerer physischer Konstitution sind, stärker als die Weibchen.
Aber die Menschheitsgeschichte belegt keineswegs, daß sich aus dieser wuchtigeren Physis auch bloß eine Vorherrschaft der Männer abzuleiten ließe, von Superiorität sowieso zu schweigen. (Bei den Primaten ist es übrigens ebenso.) Dieses Mann-Frau-Gefälle ist kultureller Natur, ist ein soziales Phänomen, von Menschen erdacht und eingeführt.
Daher finden wir in Europas Mythologie zwar Prometheus, Daedalus, auch Hephaistos, den Schmied und Erfinder, aber Frauenfiguren bietet uns der Mythos in diesen Metiers nicht. In der Lebenspraxis tausender Generationen von Menschenleben hat das gewiß anders ausgesehen.
Schlaue Lösungen#
Wo eher schlampig gedacht wird, taucht die Behauptung auf, viele Arbeiten seien so schwer, das bliebe daher den körperlich stärkeren Männern vorbehalten. Wie lange muß man denn suchen, um auf jene Werkzeuge zu stoßen, mit denen sich auch Männer eine zu schwere Arbeit erleichtern? Das erste Steinbeil war schon so ein raffiniertes Werkzeug, um die Physik zu nutzen und so die menschliche Schlagkraft zu erhöhen.Oder geben Sie den Begriff „Speerschleuder“ in eine Suchmaschine ein. Welche raffinierte Anordnung zweier Komponenten, um die Wucht und Reichweite des Speerwurfs zu erhöhen! Selbstverständlich kommt auch der stärkste Mann in Situationen, für die seine Kraft nicht mehr reicht. Dafür hat der Mensch „Téchne“ entwickelt. Das Wort stand in der Antike für Handwerk, Kunst und Wissenschaft.
Wie eingangs erwähnt, es ist ein kulturell kniffliger Weg, der von Unikaten zu Kleinserien und von da zur Massenproduktion führt. Es gibt einige Gebiete der Sammelleidenschaft, auf denen sich dieser Weg komplett abbilden läßt. Darum kann ich Ihnen mit einer kleinen Auswahl aus meiner Kollektion zeigen, wovon die Rede ist.
Dazu kommt diese originelle Arbeit von David Staretz, die elektrifizierte Mona. (Das paßt auch gut zur Hitzewelle dieser Tage.) Staretz ist ein Motor-Journalist mit hoher Sachkompetenz, was unser Thema angeht.
Er hat außerdem einst eine entsprechende Ausbildung erhalten und ist daher mit handwerklicher Praxis ebenso vertraut, was ihm zum Beispiel beim Erhalt seiner Youngtimers nützt.
Anschließend noch einige weiterführende Texte zu Aspekten dieser Eposide 2 im Zeit.Raum-Slot II, die in früheren Projektabschnitten erarbeitet wurden.
Thema Sammeln#
- Martin Krusche: "Suchen und Lauern" (Wir sind Sammler auf vielfache Arten)
- Martin Krusche: "Markenware" (Das flache Museum)
- Martin Lödl: "Sammeln - ein kulturelles Phänomen" (Vom "Jagen und Sammeln" zum "Sammeln als Kulturphänomen")
Technikgeschichte#
- Martin Krusche: "Industrielle Revolutionen" (Ein kleiner Überblick)
- Martin Krusche: "Das neue Maschinenzeitalter" (Gespräche zur industriellen Revolution)
- Martin Krusche: "Tempo und Maschinen" (Weltgeschichte berührt Regionalgeschichte)
- Martin Krusche: "Die Reisen des Herren Tocqueville" (Ein Beitrag zum Projekt Mensch und Maschine)
- Zeit.Raum: Slot II
- Dorf 4.0: Die Notizen-Übersicht