Außen Oberwaltersdorf, innen Fontana #
Der Fontana-Wohnpark in Niederösterreich gilt als eine der luxuriösesten Wohnanlagen Österreichs. Wer hier leben will, braucht viel Geld. Aufgrund der Pandemie wirken der Strand, der Golfplatz und das Restaurant jedoch etwas verwaist. Ein Ort wie aus einer anderen Welt. #
Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von: Die Furche (14. Jänner 2021)
Von
Stefan Schocher
Es ist der „schönste Fleck im Industrieviertel“ – so nennt Manfred Juraczka den Fontana-Wohnpark in Oberwaltersdorf südlich von Wien. Wer den Blick von hier in die Ferne schweifen lässt, sieht im Hintergrund den Schneeberg in der Totale. Im Vordergrund: Speichersilos, Logistikzentren und Stromleitungen. Und mittendrin: ein Golfplatz – dieser Tage eine Baustelle –, ein derzeit verwaistes schickes Clubhaus mit hohen Fensterbögen samt Terrasse mit Blick auf einen türkisblauen See, Tennisplätze und ein Sandstrand.
In Summe die Atmosphäre eines Urlaubsresorts, einer Ferienanlage mit etwas zu groß geratenen Bungalows. All das aber mitten im Speckgürtel Wiens. Und genau das will der Park auch nach den Worten von Juraczka, ehemals Landesparteiobmann der ÖVP Wien und heute Landtagsabgeordneter und Gemeinderat, sein. Juraczka ist Geschäftsführer des Parks. Eigentümer des ganzen Areals ist Siegfried Wolf, der im Magna-Imperium aufgestiegene und heute im Aufsichtsrat der russischen Sberbank Europa AG sitzende Manager. Wenn man Juraczka fragt, wieso denn diese Wohnanlage ausgerechnet hier auf einem Acker unweit der A2 in der Ebene zwischen der Hauptstadt und dem Burgenland errichtet wurde, dann lacht er, erwähnt den wunderbaren Blick auf den Schneeberg, die Terrasse, den See, den Golfplatz, die gute Verkehrsanbindung.
Für Menschen, die viel zu tun hätten im Berufsleben und sich hier niederließen, um ausspannen zu können vom stressigen Berufsalltag – und die auch genug verdienen würden, um sich das leisten zu können, sei eben alles hier
Niemand werde ausgesperrt #
Juraczka legt dabei vor allem auf eines Wert: Eine „Gated Community“, also eine umzäunte Wohnanlage, das sei der Fontana- Wohnpark keinesfalls. Und auch kein Reichenghetto. Man legt Wert auf die Feststellung, dass es sich bei den Straßen etwa um Gemeindestraßen handle, dass jeder Zutritt habe, dass niemand ausgesperrt werde. „Wir fahren mit der offenen Variante gut, wir haben kein Sicherheitsproblem und daher auch keine Notwendigkeit, das Areal abzusperren“, sagt Juraczka. Anfangs, so sagt er dann aber doch, sei es schon so gewesen: „Da Oberwaltersdorf, hier Fontana.“
Heute sei das aber nicht mehr so. Von der A2-Abfahrt Traiskirchen nach Oberwaltersdorf: links Schotterteichsiedlungen und Reihenhausanlagen, rechts ein langer Zaun. Ein sehr langer. Dahinter ein Golfrasen. Am Ortseingang ein Kreisverkehr. Auf der linken Seite die lokale Dienststelle des Roten Kreuzes und ein kleines Einkaufszentrum samt Supermarkt, Trafik und Asia-Restaurant. Gleich dahinter liegen sie, die klassischen Südwiener Häuselbauerträume im Fertigteil- und Reihenhausformat auf dem flachen Acker, geradeaus geht es in den Ort und rechts über eine gepflasterte Schwelle, eine Art kleine Brücke, durch ein Wäldchen in den Park. Eine symbolische Barriere. In der Trafik sagt die Verkäuferin – auf das für einen Ort wie Oberwaltersdorf auffallend breite Zigarrenangebot angesprochen – nur: „Jaja eh“, macht eine Kopfbewegung in Richtung der anderen Seite des Kreisverkehrs und packt Kassazettel weg.
Dort gegenüber biegt sie ab, die einzige Zufahrtsstraße zum Fontana-Park. Sie führt vorbei an Tennisplätzen zum See. Rechts liegen Golfplatz und Clubhaus, links die Siedlung. Rund 300 Wohneinheiten sind bewohnt in dem Park.
Abgeschlossen ist das Projekt aber noch nicht. Platz ist in Summe für rund 400 Einheiten. Und die reichen von Wohnungen in kleinen Appartementblocks bis zu gewaltigen Villen. Mit von der Partie ist man bei den Bauflächen ab etwa 750 Euro pro Quadratmeter bei mindestens 700 Quadratmetern Grundfläche. Aber ob man denn hier ein Grundstück erwerben, dann einen Trailer auf dem Grund abstellen und sich auf diese Weise hier ansiedeln und Badestrand, Clubhaus, Tennis, Golf und Sauna nutzen könne? Nein. Vorgegeben sind gewisse Bauformen des Daches, ein spezielles Design der Fenster, Wandfarben, ein offener Vorgarten wie in den USA.
Getrübtes Urlaubsgefühl #
Abgesehen davon aber steht es einem Bewohner frei, „Mitglied“ zu werden. Für Bewohner gibt es aber einen Rabatt für Golfclub und Fitnesscenter. Nur die Bauvorgaben müssen alle akzeptieren. „Damit alles ein gemeinsames Bild ergibt“, sagt Juraczka. Aber zu entscheiden, wer sich hier ansiedeln könne und wer nicht, das sei letztlich unmöglich, das gehe nicht. Die Klientel zu filtern, probiere man erst gar nicht. Einzelne Bewohner hätten bereits Liegenschaften wieder veräußert, da verliere man dann naturgemäß die Kontrolle. Auf Immobilienseiten im Netz sind da Gründe um 1,8 Millionen, Wohnungen ab 1,3 Millionen oder eine Villa um 3,6 Millionen Euro zu haben. Aber man sei doch darum bemüht, „den hohen Standard zu halten“. Denn, so lautet das Motto des Parks: „Fontana ist ein Lebensstil.“ Und zu dem zählen: Haubenrestaurant, Fitnesscenter, Golf, Tennis und augenscheinlich dicke Zigarren.
Es ist ruhig in den Straßen des Parks an diesem Tag. Nicht alle Häuser sind bewohnt. Denn vor allem die Zweitwohnbesitzer können kaum kommen in diesen Zeiten, um „zu wohnen, wie andere Urlaub machen“, wie es der Geschäftsführer ausdrückt. Aber auch dieses „Urlaubsfeeling“, dieser „Lebensstil“ ist getrübt. Das Haubenlokal im Clubhaus hat zu, die Sauna auch, der 18-Loch-Golfplatz saisonbedingt ebenso wie auch die Tennisanlage und das Fitnesscenter samt all den damit verbundenen Angeboten von Yoga bis Krafttraining.
„An normalen Tagen ist hier viel los“, sagt Juraczka – zurückgelehnt in einem Ledersofa in der Lobby des Clubhauses sitzend. Er erzählt vom Golfplatz, auf dem sich an starken Tagen bis zu 150 Spieler tummelten, vom Clubhaus, auf dessen Terrasse an Wochenenden oft Hochzeiten stattfänden, von anderen Events wie Weihnachtsmärkten, Laufevents oder Produktpräsentationen elitärer Marken. Immer sei etwas los hier. Und international sei es normalerweise: Deutsche, Franzosen, Spanier, Russen, Österreicher. Bei aller Ruhe wird dennoch in einem der hinteren Winkel des Parks an einem Rohbau gearbeitet, auf dem Golfplatz werden die Anlagen in Stand gehalten. Es gilt, die rund hundert Mitarbeiter zu beschäftigen. In den kommenden Jahren will der Park 30 weitere Baugründe veräußern. Und die Pandemie, so sagt Manfred Juraczka, habe unter Umständen die Nachfrage sogar gesteigert. Derzeit erhalte man zwar weniger Anfragen aus dem Ausland, von Russen oder Deutschen, dafür aber vermehrt von Österreicherinnen und Österreichern, die eben leben wollten, wie andere Urlaub machten.