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Das Mauto - Skizze für den Personennahverkehr der Zukunft.#

H. Maurer, März 2018, hmaurer@iicm.edu

1. Einleitung#

Vor fast genau 30 Jahren, am 8. Juni 1988 schrieb ich in einem Vorläufer des WWW, im österreichischen BTX System über die Vision, dass der Personennahverkehr mit Kleinstautos, vorzugsweise auf eigenen Verkehrsflächen („erweiterte Radwege“) erfolgen sollte.

Die Problematik dabei war u.a. die Verknüpfung von 1-2 Personen Nahverkehr und 3-5 Personen mit Gepäck und mit Pendel-, Fern- und Urlaubsverkehr.

Die Verkehrssituation hat sich einerseits inzwischen stark weiter verschärft, gleichzeitig bieten aber die am Horizont sichtbaren autonomen Fahrzeuge und der Ersatz von „Benutzung bei Bedarf“ statt „Kauf“ die Chance für neue Lösungen: Diese wären von mutigen Politikern in Zusammenarbeit mit der Industrie nicht mehr langfristige unsichere Visionen, sondern realistische Lösungen innerhalb der nächsten zehn Jahre.

2. Ausgangslage#

Es gibt Übereinstimmung, dass der Verkehr, auch der Personenverkehr, um den es in diesem Beitrag geht, langfristig sinnvoll nicht nur über heute übliche Autos zur Gänze abdeckbar ist. Treibstoff, Abgase, Feinstaub, Lärm, Verkehrsstaus und Parkproblematik sind die üblichsten Gegenargumente. Vorschläge reichen vom Umstieg auf Elektroautos zu einer Mischung von Individual- mit öffentlichem Verkehr und weniger Angst davor, einmal ein paar (gesunde) Schritte zu gehen, oder ein Stück mit dem Rad zu fahren.

Ich halte den Individualverkehr für eine der großen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts, die man nicht aufzugeben braucht, wenn man nur auf richtige Technologien setzt, auf die intelligente Verwendung von Mautos, einer speziellen Art von Mini-Auto.

3. Die Grundidee#

Mauro
Mauto. Grafik. K.Ziegler
Das Mauto bewegt sich auf 3 oder 4 Rädern. Es ist ca. 80cm breit und knapp 2m lang, bietet damit Platz für zwei hintereinander liegende Sitze für 2 Personen und etwas Gepäck. Es ist wetterfest, hat die für Kleinfahrzeuge vorgeschriebenen Einrichtungen und ist daher mit 45 km Höchstgeschwindigkeit wie ein Moped oder ein Kleinkraftfahrzeug für normalen Verkehr zulassbar. Es hat getrennte Türen für die beiden Sitze. Mehrer Mautos können hintereinander elektronsich gekoppelt werden.

4. Ein Blick in die Zukunft#

Mautos bewegen sich im Idealfall in weiterer Zukunft ohne Intervention einer Person (also autonom) mit maximal 45 km/h auf eigenen Verkehrswegen einbahnig auf mindestens ca. einem Meter breiten Mautowegen (ähnlich wie für Fahrräder), aber wo notwendig auch auf "normalen" Straßen. Mautos werden im Regelfall nur für kurze Zeit benutzt und die meisten Menschen verzichten auf den Besitz eines Mautos. (Ich vermeide „gemietet“, da man damit oft Negatives verbindet). Über das Smartphone bestellt man für „rasch“ oder eine bestimmte Zeit ein Mauto, steigt mit der Mautokarte ein, gibt das Ziel an, fährt allein oder zu zweit dorthin, steigt dort aus und nimmt die persönliche Mautokarte wieder mit. Die Vergebührung endet damit, das Mauto bewegt sich autonom zu einem Mautostandort oder zur nächsten Kundschaft.

Das Mauto hat potentiell noch einige zusätzliche Eigenschaften. Z.B. kann es von einer Person programmiert werden, um eine andere Person (Oma zum Arzt, Kind in die Schule, … ) sicher an einen bestimmten Ort zu bringen. Die Mautokarte kann auf einige Zielorte (Arbeitsplatz, Schule, Wohnung) programmiert sein. Mautos überholen sich nicht, da sie autonom gesteuert immer mit angemessener Geschwindigkeit fahren. Insassen haben nur einen STOP Knopf: Dieser fährt das Mauto in eine der regelmäßig angebrachten Aussteigbuchten, die aber einen längeren Aufenthalt des Fahrzeugs nicht gestatten. Mehr zu speziellen Funktionen später.

Wesentlich zum Verstehen des Mautoverkehrskonzeptes ist es, dass es den Bus-, Straßenbahn und Autoverkehr in städtischen Bereichen weitgehend ersetzt.

5. Zukünftige Fahrewege für Mautos#

Um die Sicherheit der Insassen und das flüssige autonome Fahren möglichst sicher und bequem zu machen, bewegen sich die Mautos vorzugsweise auf ihren eigenen Wegen. Diese Mautowege können sein:

5.1 Mautowege = Breite Fahrradwege#

Entsprechend breit angelegte Wege, jeweils getrennt nach Richtungen, wenn die Straßen dafür genug Platz bieten, oder indem man etwa die Parkspuren für Autos (die man nicht mehr braucht) verwendet. Der Besitz von großen Autos wird mehr oder minder unmöglich gemacht. Damit werden statt am Straßenrand verparkten Flächen solche für Fahrwege für Mautos frei.

5.2 Einbahnregelungen#

In Wohngebieten lässt man von Straßen nur eine Spur in eine Richtung offen, d.h. man verwendet entsprechende Einbahnregelungen (wenn es genügend viele Parallelstraßen gibt).

5.3 Ampelregelungen#

Dort wo das nicht der Fall ist, man aber zwei Fahrspuren hat, gibt es eine Ampelregelung, die jeweils ein und dieselbe Spur nur in eine Richtung frei gibt (die andere ist ja für Mautos hergerichtet). Da nur mehr sehr wenige größere Fahrzeuge unterwegs sind stört das nicht: Transportfahrzeuge (Lieferfahrzeuge, Baufahrzeuge,…) haben fallweise mit einer Wartezeit zu rechnen, Einsatzfahrzeuge (Polizei, Rettung, Feuerwehr,…) kontrollieren im Einsatz schon bei Annäherung die Ampeln entsprechend und erreichen wie jetzt, dass jeder andere Verkehr vorübergehend stoppt.

5.4 Richtungsumschalten#

Straßen, die nur eine Fahrspur aufweisen („die letzten 100 m zum Haus“) werden durch Ampeln nur für Mautos oder nur in einer Richtung (später in einer anderen) für größere Fahrzeuge (Öllieferung, Baufahrzeuge,…) in gewissen Zeitfenstern in größeren Abständen freigeschaltet, Einsatzfahrzeuge im Einsatz kontrollieren die Ampeln.

Also zusammengefasst: Mautos können fast überall wenig behindert fahren, Einsatzfahrzeuge auch, alle anderen Verkehrsteilnehmer brauchen fallweise Geduld. Schon deshalb werden normale Autos uninteressant und wie es heute bei e-Autos geschieht gibt es diese und anderen Anreize auf große Autos zu verzichten..

6. Integration in den Verkehr über etwas größere Entfernungen.#

Auf den Einfallstraßen aller größeren Orte gibt es gesicherte Parkplätze. Dort lässt man fallweise sein Privatauto (wer noch eines besitzt) stehen. Will man etwa von Graz aus einen Besuch in Leoben machen hat man drei Alternativen: Man fährt mit einem Mauto zur Bahn oder zum Fernbus, damit nach Leoben, dort verwendet man wieder ein Mauto. Oder man fährt mit einem Mauto zu dem gesicherten Parkplatz wo das eigene Auto steht, damit zu einem Parkplatz am Rand von Leoben, dort mit einem Mauto weiter. Oder, ganz Konservative, fahren mit einem heute üblichen Auto Haus-zu-Haus, sind aber an vielen Stellen mit massiven Geschwindigkeitsbeschränkungen oder Wartezeiten konfrontiert. Einfacher geht es offenbar, wenn man einen Ausflug in die Natur vorhat: mit Mauto zum Auto oder öffentlichen Verkehrsmittel, dann der Ausflug, dann ähnlich zurück zum Mauto und damit nach Hause.

Andererseits, so wie es heute öffentliche Verkehrsmittel gibt die die Mitnahme von Fahrrädern gestattet ist es denkbar, das auch für Mautos zu gestatten. Freilich, wenn man Mautos überall "on demand" bekommen kann warum soll man sich mit der Mitnahme eines Mautos belasten?

Das Umsteigen/ Einsteigen bei Mautos wird durch moderne Nahtransportlogistik so einfach, dass auch Behinderte oder Menschen mit Gepäck und Kleinkindern dies leicht können. Um dies zu erreichen werden Züge, Busse, etc. für einfaches Betreten und Verlassen umgerüstet, größeres Gepäck kommt in Schließfächer in der Nähe des Eingangsbereichs des öffentlichen Verkehrsmittels – wenn man die zukünftig sich autonom bewegenden Koffer noch immer nicht benutzen will.

7. Probleme und Lösungen#

Da Mautos wie Kleinkraftfahrzuege zugelassen sind, steht dem Einsatz sobald es solche Fahrzeuge gibt, nichts entgegen. Indem Parken weniger Platz benötigt (wenn man mit einem eigenen Mauto unterwegs ist) ist dies einfacher, billiger, und kann wie heute durch Fahrradstellplätze sehr attraktiv gemacht werden. Dass ein Mauto weniger umweltbelasend ist als ein Auto liegt auf der Hand.

Freilich, das langfristige Ziel ist die Ablösung aller heutigen Autos. Das kann allmählich geschehen:

7.1 Punktuell
So wie es schon autofreie (erfolgreiche) Touristen Orte gibt (mehr in der Schweiz als in Österreich!) kann man das System z.B. einmal punktuell in Orten (solche, die sich an einem Talschluss befinden wie Gastein oder Tragöß) einführen, oder bei Orten mit einer Ortsumfahrung (Bad Mitterndorf), wo an den Ortseingängen der Umstieg auf Mautos sinnvoll ist. Oder in einer erweiterten autofreien Zone in Städten, etwa dem gesamten innerstädtischen Bereich.

7.2 Kombinationsverkehr, der allmählich weniger wird
Dort wo (z.B. in Städten) ein dichtes Straßennetz dies zulässt, sind manche Straßenzüge als Schnellstraßen für Mautos verboten (wie heute Autobahnen für Fahrradfahrer). Viele Straßen werden halbiert:

Großfahrzeuge nur in eine Richtung, Mautos auf zwei getrennten Streifen in beide Richtungen. Wo Einbahnregelungen nicht möglich sind wird (siehe oben) der Verkehr für Großfahrzeuge phasenweise ampelgeregelt gestattet, wobei die Grünphase für Großfahrzeuge vergleichsweise kurz ist. Das ist ja nur für Privatautos deren Besitzer unbedingt ein Auto bei ihrem Wohnsitz haben wollen etwas hinderlich, ebenso für Zustellfahrzeuge (wobei man hier tageszeitlich abhängig vorgehen kann) und Einsatzfahrzeuge, die nicht im Einsatz sind. Einsatzfahrzeuge im Einsatz (Blaulicht, Sirene) erzwingen, dass der andere Verkehr vorübergehend erliegt.

7.3 Allmählich
Je mehr Autowege befahrbar werden, umso mehr kann der verbleibende Großverkehr vom Mautoverkehr entflochten werden. Wenn dabei für den Warenverkehr ein Schienentransport attraktiver wird, ist das nicht unerwünscht. Unnötiger großer Schwerverkehr in Städten wird allmählich verboten: Vor den Städten gibt es Parkplätze, wo von Groß-LKWs auf Klein-LKWs umgeladen wird, wie das in Australien mit den „Road-Trains“, den supergroßen LKWs mit drei Anhängern, schon seit Jahrzehnten geschieht.

Es gibt freilich auch Schwerverkehr, der unvermeidlich ist: etwa Baufahrzeuge, Kräne, usw., doch sind das auf einfachen Straßen solche Einzelerscheinungen, wie in den Autobahntunnels Sondertransporte, die eine vorübergehende Sperre auslösen.

8. Was sonst?#

8.1 Pedale#

Man kann Mautos mit Tretkurbeln ausrüsten, so dass man (a) Fitness fördert (b) weniger andere Energie braucht

8.2 Koppelung#

Mauto
Mautos. GrafiK. K. Ziegler
Kann man/wie kann man zwei oder gar drei Mautos hintereinander koppeln. (Für eine Familie mit drei Kindern, z.B.) . Man braucht vermutlich keine mechanische Kopplung, sonder die zusammengehörigen hintereinander fahrenden Mautos können „elektronisch synchronisiert“ werden (also hintereinander fahren), Kommunikation über Video ist bei autonomen Autos kein Problem.

8.3 Fenster und Bildschirm#

Mautos haben Fenster, aber auch einen großen Bildschirm. Für Entertainment, aber auch um sich mit der Person hinter einem von Gesicht zu Gesicht unterhalten zu können, oder mit Kindern/Freunden im synchronisierten Mauto.

8.4 Transport liegender Menschen#

Wie kann man eine liegende Person transportieren? Indem die zwei Sitze in ein Bett umgewandelt werden, am Kopfende noch ein Betreuer Platz hat, und das Mauto ohnehin autonom an sein Ziel fährt.

8.5 Transport sperriger Güter#

Wie kann man sperrige Güter transportieren? Einerseits wird es Zustellfahrzeuge geben, wie diskutiert. Andererseits werden manche Güter wie Möbel zunehmend weniger sperrig sein, oder sollten es werden, weil sie aus kleinen Teilen zusammengesetzt werden. In Zukunft nicht wie IKEA Möbel mit einer Folge von oft schwer verständlichen Zeichnungen, sondern mit einem Assembly – Roboter, dessen Programm man für das gewünschte Möbelstück mitgeliefert bekommt.

9. Andere Probleme#

Natürlich gibt es viele techniche und andere Problme. Kann man z.B. vor einem Theater und großen Schulen genügend viele Aussteigbuchten machen, bzw. welche Alternativen sieht man dafür vor, usw. usw.

Die drei größten Probleme sind Psychologie, Wirtschaft und Bürokratie.

Zur Psychologie: Das schöne eigene Auto ist zu einem so mächtigen Prestigeobjekt geworden, so dass es nicht einfach sein wird zu erreichen, dass die meisten Menschen darauf verzichten. Allerdings wird man einen Verzicht nicht erzwingen, nur kann man Mautos auf viele Arten so attraktiv machen, dass der Besitz und die Nutzung eines eigenen Autos wenig atraktiv wird, wobei man nicht nur an finanzielle Anreize denken muss.

Manche mögen sich aber ein teures Designerauto, das aus der Menge sofort haueraus sticht, kaufen. Wenn man ein Mauto bestellt, erhält man eine Standardausführung. Man kann aber auch eine Deluxe oder Super Deluxe Variante (besonders gut gepolstert, künstlerische Innen- und Außengestaltung, usw.) wählen.

Die Medien werden den größten Einfluß haben. Videos, wie eines, das ein hübsches Pärchen zeigt, das in einem Ferrari zum Konzert fährt, keinen Parkplatz findet, in einer Parkgarage in der Nähe landet und dann zu Fuß bei strömendem Regen zum Konzert läuft, das schon lange angefangen hat... dies im Kontrast mit einem Pärchen, das mit einem Mauto direkt zum Veranstaltungsort gebracht wird, trocken und pünktlich: solche Szenen würden die Entscheidungen stark beeinflussen. Zur Wirtschaft: Wenn die Widerständev groß sind genügt es, dass eine große heutige Autofirma sich dem Konzept annimmt und damit eine gewinnbringende neue Schiene sieht.

Zu Bürokratie: Seufz!!!

10. Disclaimer#

Wie im Titel formuliert: Dies ist eine Skizze, wie man über ein Personenverkehrssystem, das das gegenwärtige allmählich ersetzen MUSS, diskutieren sollte.

Nur auf mehr Fahrräder, e-Autos und öffentlichen Verkehr zu setzen zeigt von zu wenig Phantasie.

Könnte eine Lösung auf Mautos aufbauend möglich sein? Moderne Überlegungen dazu siehe JOANNOVUM- März 2023


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