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Können Computer Gedichte schreiben?#

Ernst Buchberger

Die Antwort auf diese Frage klingt, als ob sie von Radio Eriwan käme: Im Prinzip ja, aber…Zwar gibt es schon seit einigen Jahrzehnten computergenerierte Gedichte, es stellt sich aber einerseits die Frage, wie gut diese Gedichte sind, andererseits, ob der Computer diese Gedichte „selbständig“ produziert hat…

Über die Qualität von Gedichten kann man bekanntlich streiten, es gibt ja auch bei menschlichen Poeten unterschiedlichste Ansichten über ihr Werk. Interessanter ist die Frage der Selbstständigkeit. In der Künstlichen-Intelligenz-Forschung hat sich über die Jahre die Auffassung des Intelligenzbegriffs verlagert, so galt früher noch Schachspielen als Intelligenzleistung, spätestens seit dem Auftauchen von Deep Blue, Fritz und all den anderen Schachprogrammen aber wird exzellentes Computerschach fast schon als Selbstverständlichkeit angesehen. Immer mehr wird der Schwerpunkt bei Intelligenz daher auf Kreativität gelegt, etwa bei Programmen, die Musik interpretieren können oder eben auch Gedichte schreiben.

Wie produziert nun ein Computer Gedichte? Die ersten Programme waren sehr einfach und erzielten trotzdem interessante Ergebnisse. Eines der ersten dieser Programme erzeugte Haikus, also japanische Kurzgedichte mit jeweils 17 Silben. Das Verfahren war höchst einfach: Das Programm setzte sortierte Wörter mit den korrekten Silbenzahlen nach Wortklassen in eine vorgegebene Schablone, aber ansonsten nach dem Zufallsprinzip ein.

Auch heute nochwerden oft einfache Verfahren angewendet, um manchmal eindrucksvolle Ergebnisse zu erzielen. Anlässlich der Fußball-WM 2006 schrieb ein Computer- Gedichtgenerator zu jedem Match ein Gedicht, das auf einem von Hans Magnus Enzensberger beschriebenen Verfahren beruht: Der Computer kombiniert geschickt per Zufall ausgewählte Textfragmente, so dass potentiell eine Vielzahl von nicht vorhersehbaren Gedichten entstehen kann.

Die Forschung auf dem Gebiet der automatischen Texterzeugung ist aber nicht bei diesen einfachen Verfahren stehen geblieben. Neuere Ansätze erzeugen Gedichte mit dem „Generate and Test-Verfahren“, mit Methoden des „Case Based Reasoning“ oder mit evolutionären Algorithmen.

Letzteres Verfahren hat sogar seinem Autor, Hisar Manurung, im Jahr 2003 den Doktortitel der angesehenen Universität von Edinburgh verschafft. Manurung stellt in seiner Arbeit drei Kriterien auf, denen ein akzeptables Gedicht erzeugendes Programm genügen soll: Grammatikalität, Sinnhaftigkeit und Poetizität. Sein Verfahren erfüllt die Forderungen zumindest in einem eingeschränkten Sinn.

Generell ist aber zu sagen, dass die Computerlinguistik heute mit der Erzeugung grammatikalisch korrekter Äußerungen zwar wenig Probleme hat, da auf dem Gebiet der Computermorphologie und -syntax in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht wurden, die Sinnhaftigkeit stellt aber nach wie vor ein Problem dar, da Semantik nicht so exakt formalisierbar ist. Was aber die Poetizität betrifft, muss man wohl das alte Sprichwort zitieren: Schönheit liegt im Auge des Betrachters…


Dieser Essay stammt mit freundlicher Genehmigung des Verlags aus dem Buch:

© 2007 by Styria Verlag in der, Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG, Wien
© 2007 by Styria Verlag in der
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