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Möbelmuseum

Bis 26. Juli 2015 #

Küchen/Möbel. Design und Geschichte

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Küche ist ein mehrdeutiger Begriff. Er bezeichnet die Kochkunst einer Region ("Wiener Küche") ebenso, wie den Raum, in dem gekocht wird. Die Küche ist ein integraler Bestandteil der Geschichte des Wohnens. Unsere Ausstellung hat den Wandel des Küchenraums und die Entwicklung der Kücheneinrichtung zum Thema. Der Bogen spannt sich von den "verrauchten Küchen" früherer Zeiten bis zu den Designerküchen der Gegenwart.

Die moderne Einbauküche mit normierten Schrankelementen, Wasseranschluss und fix eingebauten Elektrogeräten ist erst im Laufe des 20. Jahrhunderts entstanden. Die Geschichte der Kücheneinrichtung reicht jedoch viel weiter zurück. Jahrtausende lang wurde am offenen Feuer gekocht und eine Küche versorgte das gesamte Hauswesen, sei es nun ein Bauernhof oder die Wiener Hofburg.

Den Schwerpunkt der Ausstellung bildet die Entstehung kompakter Kücheneinrichtungen für jede Wohnung im 20. Jahrhundert. Die 1926 von der Wiener Architektin Margarete Schütte- Lihotzky entwickelte "Frankfurter Küche" ist das bekannteste Beispiel dafür. Aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Einbauküchen für breite Bevölkerungsschichten tatsächlich zur Selbstverständlichkeit. In den letzten Jahrzehnten suchten Designerinnen jedoch nach neuen Küchen-konzepten, um das Kochen wieder in den Wohnraum zu integrieren.

Feuermachen und Kochen

Die Nahrungsaufnahme ist für Menschen und Tiere gleichermaßen lebensnotwendig. Einige Tiere legen sogar Vorräte für den Winter an. Die Menschen unterscheiden sich von den Tieren jedoch darin, dass sie ihre Nahrung nicht nur im vorgefundenen Zustand roh verzehren, sondern auch zubereiten. Nur der Mensch kocht.

Eine notwendige Voraussetzung für das Kochen ist die Fähigkeit des Menschen, jederzeit selbstständig und unabhängig von Naturereignissen Feuer machen zu können. Bereits die Jäger und Sammler der Altsteinzeit waren in der Lage, mit Hilfe von Steinen Feuer zu schlagen oder mit Hilfe von Holzstäben Feuer zu reiben. Pfadfinder praktizieren diese Technik noch heute.

In der Jungsteinzeit vollzogen sich tiefgreifende Veränderungen im Alltag der Menschen. Sie wurden sesshaft und begannen mit dem Ackerbau und mit der Haltung von Nutztieren. Diese sogenannte "jungsteinzeitliche Revolution" vollzog sich zunächst in Kleinasien und im östlichen Mittelmeerraum. Auch in Mitteleuropa errichteten Familienverbände oder Stammesgemeinschaften feste Behausungen. Grabungsfunde haben Spuren von Langhäusern aus Holz und Lehm zu Tage gebracht. Diese Langhäuser verfügten im Inneren über Feuerstellen, die als Licht und Wärmequelle und als Kochplatz dienten.

Seit der Jungsteinzeit bildet in Kleinasien und Europa der Anbau von Getreide die Ernährungsgrundlage. Eine weitere Neuerung war die Herstellung von Keramikgefäßen aus gebrannter Tonerde. Damit verfügten die Menschen erstmals über wasserdichte und feuerfeste Gefäße, in denen Speisen zubereitet und aus denen gegessen und getrunken werden konnte.

Mit dem Aufkommen der Metallbearbeitung in der Bronze- und Eisenzeit kamen neue Geräte für die Zubereitung von Speisen wie Metallmesser, Bratspieße und Kochkessel hinzu. Auch das Feuermachen mit Feuerschlägern aus Metall war effizienter als mit Steinen oder Hölzern.

Die verrauchte Küche

Im bäuerlichen Wohnbau des Alpenraums war die Herd- und Feuerstelle zunächst Teil eines einzigen multifunktionalen Raumes, der Rauchstube. Hier wurde gekocht und gegessen, ge- wohnt und gearbeitet. Das Feuer des Herdes diente auch als Licht- und Wärmequelle. Im Österreich ischen Freilichtmuseum in Stübing bei Graz sind mehrere solcher Rauchstubenhäuser zu sehen.

Die Geschichte des Rauchstubenhaues "Salegger Moar" aus Salegg bei Birkfeld in der Steier- mark reicht zurück bis an den Beginn des 15. Jahrhunderts. Die Rauchstube war ursprünglich der einzige Wohnraum des Hauses und diente zum Kochen, Essen und Wohnen. Über dem Herd befindet sich ein Feuer- oder Funkenhut aus Holz, der die Funken und den heißen Rauch des Herdfeuers aufnimmt um so einen Brand zu verhindern. Leicht abgekühlt quillt der Rauch aus dem Funkenhut wieder hervor, erfüllt die Stube und zieht durch die Rauchluke in der Stubentüre in einen hölzernen Rauchschlot und von da ins Freie. In der weiteren Entwicklung wurden die mit einem Kachelofen beheizten Wohnstuben von den Rauchküchen abgetrennt, wo der Herd zum Kochen stand.

Dieser offene Herd stand im Alpenraum meist an einer Wand oder an einer Raumecke und war etwa tischhoch aufgemauert. Zum Kochen über dem offenen Feuer wurden spezielle Gerätschaften benötigt. Metallene Kochkessel zur Zubereitung von Suppen und Eintopfgerichten oder für heißes Wasser hingen an einer galgenartigen Konstruktion über dem Feuer. Kochtöpfe verfügten meist über drei Beine und konnten damit direkt in das Feuer gestellt werden. Bratpfannen standen hingegen auf eisernen Pfannenknechten, während die Bratspieße für das Fleisch von Feuerböcken gehalten wurden. Küchendarstellungen in Kochbüchern aus der frühen Neuzeit illustrieren diese Art des Kochens am offenen Herdfeuer.

Eine Küche für das ganze Haus

Im Mittelalter und bis weit in die Neuzeit wurde ein ganzes Hauswesen, sei es nun ein Bauernhof, ein städtisches Bürgerhaus, ein Kloster oder ein Schloss, üblicherweise von einer Küche aus versorgt, zu der auch Vorratsräume oder ein Backofen gehören konnten.

Historische Küchen sind - außer in einem musealen Kontext - nur sehr selten in ihrer ursprünglichen Form erhalten geblieben. Über die Größe und Gestaltung der Räumlichkeiten, über die Ausstattung mit HerdsteIlen und Kaminen sowie über Küchenmöbel und Geschirr erfahren wir von bildlichen Darstellungen. Zu diesen gehören neben Gemälden vor allem Illustrationen aus Kochbüchern, die ab der frühen Neuzeit im Druck erschienen sind, sowie die hausväger-Literatur.

Besonders anschaulich sind jedoch Küchenmodelle, die in Form von Krippen mit Szenen der "Hochzeit von Kana" oder des Elternhauses Christi und von Puppenhäusern erhalten geblieben sind. Die großen Puppenhäuser des 17. Jahrhunderts, wie sie etwa im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg oder im Amsterdamer Reichsmuseum zu sehen sind, waren kein reines Spielzeug, sondern dienten den Kindern als Lernbehelf für das künftige Führen des Haushalts. Dieser Funktion dienten im 18. und 19. Jahrhundert auch bunte Klebebögen mit Darstellungen aller Wohn- und Nutzräume eines Hauses. Die verschiedenen Küchenbilder zeigen große regionale und soziale Unterschiede bei der Aus- stattung des Küchenraumes. So konnte das Feuer zum Kochen direkt am Boden, in einem Kamin oder auf einem gemauerten Herd brennen. Erst im 19. Jahrhundert kamen schließlich geschlossene Herde hinzu. Die Bilder zeigen uns auch, wie schwer die Arbeit in der Küche war. Das betraf nicht nur das Kochen selbst, sondern auch das Wasser holen, Holz hacken und Feuer machen. In Bürger- häusern wurden diese Arbeiten meist von einer Köchin und Mägden verrichtet.

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Die Hofküche

Die Hofküche war ein wichtiger Teil des kaiserlichen Haushalts. Sie unterstand gemeinsam mit der Hofzuckerbäckerei, dem Hofkeller, der Hofsilber- und Tafelkammer sowie der Wäsche kammer dem Obersthofmeisteramt.

In der Wiener Hofburg befand sich die Hofküche im ältesten Bauteil, dem Schweizerhof unter der Hofkapelle, wo heute die Museumsräume der Schatzkammer untergebracht sind. Sie umfasste mehrere Räume.

Aus Archivdokumenten wissen wir, dass es von Seiten des Küchenpersonals mehrfach Klagen über die unzureichende Ausstattung der Küchenräume und die schwierigen Arbeitsbedingungen gab. 1904 wurde die Hofküche der Wiener Hofburg erneuert, wobei moderne Technik und Hygiene im Vordergrund standen. Die Böden wurden mit Steinplatten oder Kacheln versehen, die Wände waren teilweise ebenfalls gekachelt, die nötigen Wasseranschlüsse wurden eingeleitet und moderne Spezial herde wurden angeschafft. Eine Serie von historischen Fotos zeigt die neue Ausstattung der Hofküche.

Die verschiedenen Tätigkeiten in der Hofküche wurden unter der Leitung des Mundkochs (später: Chefkochs) arbeitsteilig durchgeführt und erforderten vielfältige spezielle Fähigkeiten und Kenntnisse. Der überwiegende Teil des Küchenpersonals war männlich. Die Wäschekammer mit den Tafeltüchern und Servietten wurde hingegen traditionell von einer Beschließerin geleitet. Für diverse Reinigungsarbeiten wurden sogenannte .Extraweiber" beschäftigt.

Das Porzellangeschirr, die Bestecke und Trinkgläser, aber auch die Tafelwäsche und das kupferne Küchengeschirr aus dem kaiserlichen Haushalt können heute in der ehemaligen Hofsilberkammer- und Tafelkammer, der heutigen Silberkammer, in der Wiener Hofburg besichtigt werden.

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Die neuen Herde

Jahrtausende lang wurde über offenem Feuer gekocht. Im späten 18. Jahrhundert begann schließlich die Entwicklung geschlossener Kochherde. Dabei ging es vor allem um die Reduktion des Brennstoffverbrauchs. In Wien verfasste Philipp Hiersch bereits 1770 Oekonomisch- praktische Grund- und Lehrsätze über die zur Vollkommenheit gebrachten neuen Windöfen zum Kochen und Braten mit Einsparung vielen Holzes". 1803 folgte die international bekanntere Studie des aus den USA stammenden und in Bayern tätigen Offiziers und Naturwissenschaftlers Benjamin Thompson Graf Rumford über .Feuerherde und Küchengeräthe". Die neuen geschlossenen Herde wurden der Brennstoffersparnis wegen .Sparherde" genannt. Die Herde boten erstmals die Möglichkeit, in einer rauchfreien Küche zu kochen.

Zunächst wurden die neuen geschlossenen Herde von Maschinisten für herrschaftliche Küchen einzeln angefertigt und als "Maschinherde" oder .Kochrnaschinen" bezeichnet. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelten sich Spezialhersteller, wie der K. u. K. Hof-Maschinist Rudolf Geburth aus Wien VII, Kaiserstraße 71, der mit Holz oder Kohle befeuerte "Spar-, Koch- und Maschinherde" in Serie produzierte und damit auch den Wiener Hof belieferte. Neben großen, außen gekachelten Herden für große Haushalte bot die Firma Geburth auch kleinere Herde aus Metall für kleinere Küchen in Wohnungen an. Puppen küchen aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert zeigen uns, wie Küchen mit solchen Metallherden ausgesehen haben.

Kommunale Netze für Strom und Gas waren die Voraussetzungen für die Verwendung von neuartigen Herden, die nicht mehr auf mühevolle Weise mit Holz oder Kohle befeuert werden mussten. Erst mit der Entwicklung und Verbreitung von Gas- oder Elektroherden war die Energie zum Kochen jederzeit ohne viel Aufwand verfügbar. Werbeplakate legten den zunächst skeptischen Kunden die neuen Geräte ans Herz.

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Neue Küchenmöbel um 1900

Die Einrichtungsgegenstände, die in den Küchen von Bürgerhäusern standen, wiesen zunächst keine spezifische Gestaltung auf. Dies änderte sich sehr deutlich in der Zeit um 1900. Eine wesentliche Voraussetzung für die neue Entwicklung war das Vorhandensein von geschlossenen Herden. Erst dadurch konnten die Räume, in denen gekocht wurde, rauchfrei und rußfrei gehalten werden.

Die Vertreter der Wiener Moderne um 1900 und des deutschen Jugendstils strebten danach, alle Bereiche des Alltagslebens in einer zeitgemäßen Formenwelt neu zu gestalten. Dies galt insbesondere für die Einrichtung von Wohnungen und Wohnhäusern. Für die Architekten und Möbelentwerfer traten damit auch Küchenmöbel ins Blickfeld ihres Interesses.

Architekt Josef Hoffmann, ein Schüler Otto Wagners und selbst Professor an der Wiener Kunstgewerbeschule, entwarf Küchenmöbel aus weiß gestrichenem Weichholz für das 1899 von ihm für den Industriellen Paul Wittgenstein ausgebaute Landhaus Bergerhöhe, die heute im MAK- Österreichisches Museum für angewandte Kunst - zu sehen sind. Wir zeigen einen Küchentisch, den Josef Hoffmann wenige Jahre später für die Wohnung von Dr. Hugo Koller entworfen hat. Die Küchenkredenz und der Küchenstuhl stammen hingegen von Architekt Karl Witzmann, die der Schüler von Josef Hoffmann 1902 für die Villa Bergmann in Pressbaum entworfen hat.

Der Maler und Architekt Peter Behrens gestaltete sein Wohnhaus in der Darmstädter Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe als ein Gesamtkunstwerk bis ins Detail selbst, darunter auch die Kücheneinrichtung. Angeregt von diesem Vorbild beauftragte die Nürnberger Bürgerfamilie Reif Peter Behrens 1902, für die Aussteuer ihrer Tochter neue Küchenmöbel zu entwerfen.

Es fällt auf, dass alle um 1900 von Architekten entworfenen Küchenmöbel durchwegs weiß lackiert waren und kaum Dekor aufwiesen. Die glatten Möbelflächen und die helle Farbe des Lackes sollten optimale Reinlichkeit in der Küche ermöglichen.

Die Wiener Küchen der Zwischenkriegszeit

Während des Ersten Weltkriegs und danach war der private Wohnbau in Wien fast völlig zu- sammengebrochen. Die aktuelle Wohnungsnot und Wohnbaureformen waren daher unmittelbar nach Kriegsende brennende Themen. Es kam zur Errichtung von Behelfsunterkünften am Rande des Wienerwaldes. In Großdemonstrationen forderten die Siedler von der Gemeinde Wien die Bereitstellung von Bauland. Nach den ersten allgemeinen Wahlen bekam Wien eine sozial-demokratische Regierung und unter Bürgermeister Jacob Reumann wurden die Sozialprogramme des "Roten Wien" entwickelt.

In den ersten Jahren nach dem Krieg setzte man auf den Siedlungsbau unter praktischer Mitarbeit der Siedler. Architekt Adolf Loos konnte als Chefarchitekt des Wiener Siedlungsamtes gewonnen werden. Für die Siedlungshäuser sah Loos Wohnküchen vor, in denen gekocht, gegessen und gewohnt werden sollte. Die praktische Umsetzung dieser Ideen lag in den Händen der jungen Architektin Margarete Lihotzky. Sie hatte als eine der ersten Frauen an der Wiener Kunstgewerbeschule bei Oskar Strnad Architektur studiert und arbeitete im Siedlungsamt mit Loos zusammen. 1923 plante sie das Kernhaus Typ 7, das bei derWiener Kleingarten-, Siedlungs- und Wohnausstellung am Wiener Rathausplatz in Originalgröße zu sehen war. Die Wohnküche des Siedlungshauses verfügte über Herd, Kochkiste und Essplatz.

1923 kam es mit der Einführung einer zweckgebundenen Wohnbausteuer auf Luxusgüter zur Wende im kommunalen Wohnbau Wiens. Neben den Siedlungen traten nun Gemeindebauten in Form großer Wohnhöfe wie der .Karl Marx-Hof" in den Vordergrund. Die Standardgrundrisse verfügten über kleine Küchen oder Wohnzimmer mit Kochnischen. Architekt Franz Schuster, der ebenfalls bei Prof. Strnad studiert hatte, präsentierte 1927 die Mustereinrichtung einer solchen Kochnische mit Wasseranschluss und Gasherd in seinem Buch "Die eingerichtete Kleinstwohnung". Für die Kücheneinrichtung boten Spezialhersteller wie Siegfried Erdö aus Wien 2, Taborstraße 52A, kompakte Küchenschränke für Geschirr und Vorräte in Serie an, die über zahlreiche praktische Details verfügten.

Kücheneinrichtungen am Bauhaus

1919 wurde von Architekt Walter Gropius in Weimar das Bauhaus mit dem Ziel, das Bauen mit den übrigen Künsten zu verbinden, gegründet. Die Leistungen dieser vom Werkstattgedanken ausgehenden neuen Kunstschule wurden 1923 im Rahmen der ersten Bauhausausstellung präsentiert. Zu diesem Anlass wurde auch ein Versuchswohnhaus nach Plänen von Georg Muche errichtet, dessen Einrichtung den einzelnen Bauhauswerkstätten oblag.

Die Küche dieses "Hauses am Horn" befand sich an der linken Gebäudeecke zwischen dem Vorzimmer und dem Esszimmer. Die Küchenmöbel entwarfen die Bauhausschüler Benita Otte und Ernst Gebhardt. Ausgeführt wurden die einfachen, weiß lackierten Holzmöbel von der Tischlerwerkstatt des Bauhauses. Die Einrichtung der Küche bestand aus wandfesten Einbauschränken, die in Unterschränke und Oberschränke geteilt waren und einem vor dem Fenster ebenfalls fix eingebauten Arbeitstisch. Rechts neben dem Arbeitstisch stand ein moderner Gasherd, links neben dem Schrank befand sich das Spülbecken mit einem modernen "Schnellwassererhitzer" der Firma Junkers.

1925 übersiedelte das Bauhaus von Weimar nach Dessau, wo Walter Gropius nicht nur die Schule, sondern auch Wohnhäuser für die Bauhausmeister plante. Bei seinem eigenen Meisterhaus legte er besonderes Augenmerk auf die moderne und zweckmäßige Ausstattung der Küche und der Spülküche, die zwischen Küche und Esszimmer lag.

Der Bauhausschüler Erich Dieckmann, der 1923 das Speisezimmer und das Herrenzimmer des "Hauses am Horn" eingerichtet hatte, verblieb nach der Übersiedlung des Bauhauses nach Dessau an der nunmehrigen "Staatlichen Bauhochschule" in Weimar. Hier entwickelte er 1928 ein Typenmöbelprogramm, das auch Küchenmöbel umfasste. Zu dem Ensemble gehörten ein Küchentisch mit Stuhl und Hocker, zwei Seitenschränke, die als Geschirrschrank und als Besen- schrank eingerichtet waren sowie ein Küchenmittelschrank mit Metallschütten in Griffhöhe. Diese Schütten dienten zur Lagerung von haltbaren Lebensmitteln, die damals unverpackt eingekauft wurden.

Die "Frankfurter Küche"

Das kommunale Wohnbauprogramm des "Roten Wien" war Vorbild für das Stadtentwicklungsprogramm des .Neuen Frankfurt". Der Stadtbaurat Ernst May holte dafür die ausgebildeten Architekten Anton Brenner und Franz Schuster als Privatarchitekten nach Frankfurt. 1926 erhielt Margarete Lihotzky die Einladung, direkt am Hochbauamt standardisierte Kücheneinrichtungen für die neuen Siedlungen zu entwickeln.

Die junge Architektin, die 1927 ihren Kollegen Wilhelm Schütte geheiratet hatte, ging von ihren Wiener Erfahrungen mit dem kommunalen Wohnbau aus. Da Frauen nun vermehrt berufstätig waren und von der Doppelbelastung durch Erwerbsarbeit und Hausarbeit betroffen waren, wollte sie ein rationelles, zeit- und kraftsparendes Arbeiten in der Küche ermöglichen. Wichtige Voraussetzung für ihre Planung war die 1915 von Christine Frederiks in den USA veröffentlichte Studie .Household Engineering, Scientific Management in Household", die von Irene Witte unter dem Titel "Die rationelle Haushaltsführung, Betriebswissenschaftliche Studie" ins Deutsche übersetzt worden war. Im Sinne des Taylorismus wurden darin optimale Arbeitsabläufe für den Haushalt erörtert.

Für eine Sonderausstellung zur Frankfurter Frühjahrsmesse 1927 entwarf Schütte-Lihotzky fünf Musterküchen. Zwei experimentelle Küchen bestanden aus Formstein bzw. aus Metall, drei Küchen verfügten über Einbaumöbel aus Holz. Diese waren für Haushalte ohne Haushaltshilfe und mit einer bzw. mit zwei Haushaltshilfen gedacht.

Aus den beiden kleineren Typen wurde die Standardküche für die Siedlungshäuser und Mehrfamilienwohnhäuser weiterentwickelt, die auf Grund der standardisierten Wohnungsgrundrisse keine Wohn- oder Essküche, sondern eine kleine Arbeitsküche sein sollte. Vorbildwirkung für diese kompakte Küche hatten die Speisewagenküchen der Mitteleuropäischen Speisewagengesellschaft .Mitropa". Für die Gestaltung der Einbauschränke boten hingegen die Küchenschränke der Frankfurter Firma Gebrüder Harrer, die auch über Aluminiumschütten für haltbare Nahrungsmittel verfügten, wichtige Anregungen.

Einbauküchen für jedermann / jede Frau

Die USA war nach dem Zweiten Weltkrieg das neue Zentrum der Designentwicklung. Das gilt auch für moderne Einbauküchen, die mit völlig neuen Elektrogeräten ausgestattet waren. Solche "Amerikanischen Küchen" waren in den 1950er Jahren bei der Wiener Messe im "Amerikanischen Pavillon" zu sehen.

In Europa galt das Hauptaugenmerk nach 1945 zunächst dem Wiederaufbau. Allein in Wien waren durch den Bombenkrieg 87.000 Wohnungen zerstört worden. Das in den 1930er Jahren unterbrochene Wohnbauprogramm des "Roten Wien" wurde nun mit dem "Sozialen Schnellbauprogramm" wiederaufgenommen. Architekt Franz Schuster, der 1937 an die Wiener Kunstgewerbeschule berufen worden war, galt nach 1945 als Wiens führender Experte für Wohnbaufragen und widmete sich eingehend der Einrichtung von Küchen.

1952 war auf Initiative der Stadt Wien, der Handelskammer, der Arbeiterkammer und des Österreichischen Gewerkschaftsbundes die Initiative "Soziale Wohnkultur" ins Leben gerufen worden, um den Entwurf und die Produktion von gut gestalteten und leistbaren Möbeln für die neu gebauten Wohnungen zu ermöglichen. Die Schrankelemente sollten kombinierbar sein und jederzeit ergänzt und erweitert werden können. Franz Schuster entwarf für das "SW-Programm" die Küchenmöbelserie "SW 2". Dieses Küchenprogramm wurde als "Die Wiener Einbauküche" bezeichnet und passte in die kleinen Arbeitsküchen und Kochnischen der typischen Wohnbauten der 1950er und 1960er Jahre. Lokale Tischlereien fertigten ebenfalls Küchenmöbel, wobei traditionelle, frei stehende Schrankelemente neben neuen Einbauschränken zu haben waren.

Die Küchen waren durchwegs mit Gas- oder Elektroherden und Kühlschränken ausgestattet. Neue Küchenmaschinen und Fertiggerichte, von den .Packerlsuppen" über Dosengulasch bis zum Tiefkühlspinat, sollten der Hausfrau die Arbeit erleichtern. Das in der Werbung für diese Produkte vermittelte Familienbild war überaus konservativ und schrieb den Frauen die Rolle einer Hausfrau und Mutter zu, die ihren ganzen Stolz in einer modernen Küche sah. Küchenvisionen und "Küchen zum Kochen"

Während die platzsparenden Einbauküchen in den 1960er und 1970er Jahren weiterhin als "Stolz" der Hausfrauen beworben wurden, begannen Vertreter der internationalen Designer- avantgarde mit der Entwicklung von alternativen Küchenkonzepten. Zu den bekanntesten Küchenvisionen gehört die vom Designer Luigi Colani für die Firma Poggenpohl entworfene "Kuqelküche", die 1970 bei der Kölner Möbelmesse zu sehen war.

Der bildende Künstler und Industriedesigner Hasso Gehrmann, der unter anderem Chefde- signer bei der Firma Elektra Bregenz war, entwarf um 1965 eine Küche mit einer .Kleinqerätezeile", wo die neuen Küchengeräte griffbereit montiert werden konnten. Darüber hinaus entwickelte er eine .Liftküche", die frei im Raum stehen bzw. hängen konnte und Teil des variablen Wohnsystems "Totale Wohnung" sein sollte, sowie eine .Drehschrankküche". 1970 entstand bei Elektra Bregenz schließlich der Prototyp der Küche .Elektra Technovision", die als ein frei im Raum stehendes Element den Kochplatz mit sämtlichen notwendigen Geräten und den Essplatz verband. Hasso Gehrmann hatte damit das Kochen aus der kleinen Einbauküche in den Wohn- raum gerückt. Der Prototyp wurde zwar bei Ausstellungen gezeigt, ging jedoch nie in Serie.

1982 veröffentlichte der Grafiker und Designer Otl Aicher die für den in Bayern beheimateten Küchenproduzenten Bulthaup erarbeite Küchenstudie unter dem programmatischen Titel "Die Küche zum Kochen, Das Ende einer Architekturdoktrin", in der er sich kritisch gegen die kleinen Einbauküchen wandte, in denen die Hausfrau allein arbeiten musste. Als Gegenkonzept entwickelte er einen Arbeitstisch als zentrales Element der Küche. Daraus entstand bei Bulthaup das Küchenprogramm "b2".

Das 1968 von Wolf D. Prix und Helmut Swiczinsky gegründete Architektenteam .Coop Himmel-b(l)au" hatte bereits 1974 für den in Wels beheimateten Küchenherstellers EWE das Küchenprogramm .Softrnobll" entwickelt. 1989/90 entstand der Prototyp der Küche "MAL-Zeit", der die traditionelle Einbauküche dekonstruierte und den Kochplatz in die Mitte des Raumes stellte.

"Küchenwerkstatt" und "Mobile Gastfreundschaft"

2008 lud die Firma Bulthaup das österreichische Designerteam EOOS ein, das auf Otl Aicher zurückgehende Küchenprogramm "b2" neu zu definieren. Das Team EOOS wurde 1995 von Martin Bergmann, Gernot Bohmann und Harald Gründl gegründet. Die drei Designer ent- wickelten eine spezifische Herangehensweise an den Entwurfsprozess, die sie als "poetische Analyse" bezeichneten. Es geht ihnen darum, die hinter dem reinen Gebrauchswert eines Gegenstandes liegenden Mythen, Riten und Geschichten zu ergründen und durch den Blick auf die Geschichte eines Gebrauchsgegenstandes eine neue Sicht auf dessen Bedeutung und Funktion erlangen. Zur Küche entstanden daher zunächst zahlreiche .Recherchetafeln", Darüber hinaus verfasste Harald Gründl die Studie .The Cooked Kitchen". Ausgehend von dieser Recherchearbeit wurde die neue "b2" als .Küchenwerkstatt" entwickelt, die aus einer frei im Raum stehenden Werkbank besteht, die als Arbeitstisch mit Herdplatten und Wasserbecken dient. Dazu kommen zwei frei stehende Schrankmöbel aus Holz. Der Geräteschrank beherbergt die benötigen Elektrogeräte wie Kühlschrank und Backrohr. Der Werkschrank bietet Platz für das Koch- und Essgeschirr.

Kochshows und neue Kochbücher erfreuen sich heute zwar großer Beliebtheit. Dennoch kochen immer weniger Menschen selbst oder essen gemeinsam. Vielmehr laufen sie mit ihrem "coffee to go" oder mit "Fast Food" in den Händen durch die Straßen. Bei diesem aktuellen Widerspruch setzten die beiden aus Polen gebürtigen und in Wien tätigen Designerinnen Ania Rosinke und Maciej Chmara an, als sie eingeladen wurden, in Vorarlberg ein Projekt für den öffentlichen Raum zu kreieren. Chmara.Rosinke entwickelten 2011 einen beweglichen Ort für das gemeinsame Essen. Die "Mobile Gastfreundschaft" besteht aus einer fahrbaren Kochstelle aus Fichtenholz und einem ebenfalls transportablen Esstisch mit klappbaren Hockern dazu. Auf Gasbrennern kann mit der fahrbaren Küche überall frisch gekocht werden. Der große Esstisch lädt ein zum gemeinsam Essen und zum Gespräch.